Das Cello ist die Liebe für’s Leben
Dorota Barová kombiniert scheinbar Unvereinbares – Gesang und Cellospiel – und ist ein tschechischer Star. Auch wenn die Wahl des Musikinstruments eigentlich ein großer Zufall war. Obwohl sie am liebsten in Wohnzimmeratmosphäre spielt, wird sie dieses Jahr bei der TEDx in Brno auftreten. „Verbindend ist hier die Lust etwas zu erschaffen und sich und andere zu inspirieren“, sagt sie.
Wie ist Ihrer Meinung nach das Niveau der tschechischen Musik, sind wir wirklich eine Musikernation?
Das wage ich nicht zu sagen, ob wir eine Musikernation sind. Aber es stimmt, dass zum Beispiel die Anzahl der Sommerfestivals bei uns in europäischen Vergleich ein Phänomen ist. Einige Ensembles und Musiker machen der tschechischen Musik im Ausland alle Ehre. Das sind aber vor allem Namen, die man bei uns nicht kennt. Da, wo der tschechische Tellerrand für tschechische Pop-Celebrities endet, da fängt es für andere, also alternative und Jazzmusiker, gerade erst an.
Wie steht es um die Musikszene in Brno? Was hat Sie hier in letzter Zeit überzeugt?
Leider wohne ich schon eine ganze Zeit lang in Prag, daher verliere ich langsam aber sicher den Überblick. Auf jeden Fall treibt sie aber interessante Blüten. Brno hatte immer einen fruchtbaren Boden für interessante alternative Bands und Projekte. Die Musiker aus Brno haben sicherlich die Chance auf einen Durchbruch auch auf europäischer Ebene.
Wie waren Ihre musikalischen Anfänge?
In unserer Familie wurde viel gesungen. Von klein auf übte die Musik auf mich eine Anziehungskraft aus. Als ich mir als kleines Kind selbst Klavierspielen beibrachte, schlussfolgerten meine Eltern wohl, dass es mir wirklich ernst war.
Wie sind Sie ausgerechnet zum Cellospiel gekommen?
Das war leider kein bisschen romantisch. In der Musikschule in Třinec gab es keinen Platz mehr für Klavier und da entschied meine Mutter, dass der freie Platz beim Violoncello für mich bestimmt sei. Am Anfang mochte ich das also gar nicht so gerne und wollte nicht üben, aber dann hat es Klick gemacht und es wurde die Liebe meines Lebens. Ich spiele außerdem Klavier, Bass und hatte auch eine Phase mit unterschiedlichen Flöten, aber die ist vorbei.
Wen bewundern Sie am meisten in der musikalischen Welt?
Da habe ich keine konkrete Person. Das war immer eher eine bestimmte Zeit, die ich mit jemandem „auf den Ohren“ verbracht habe, zum Beispiel mit Joni Mitchell, Elis Regina, Miles Davis, Krzysztof Penderecki, Jan Dismas Zelenka… und verschiedenen anderen.
Ist es schwierig, Gesang und Cellospiel zu verbinden?
Inzwischen zum Glück nicht mehr so sehr, aber am Anfang war es eine Plackerei. Jetzt weiß ich auch, wie man da rangeht. Wie man etwas Schwieriges einübt, was am Anfang so aussieht, als könnte man das überhaupt nicht zusammen spielen.
Bei den Hörern sind Sie insbesondere durch ihr Mitwirken im Duo Tara Fuki bekannt geworden. Wie sieht ihre Zusammenarbeit derzeit aus? Haben Sie ein weiteres Album in Planung?
Die Musikerin Andrejka aus der Band wohnt in Frankreich, deshalb muss alles mit sehr viel Vorlauf geplant werden. Im September gehen wir ins Studio und wenn alles klappt, könnte bis zum Ende des Jahres die Platte draußen sein.
Sie wirken in mehreren musikalischen Gruppierungen mit. Worin unterscheidet sich das Spielen in den einzelnen Ensembles?
Vor allem stilistisch und natürlich in der Besetzung. Mit Tara Fuki haben wir schon unseren speziellen Stil, mit Vertigo und dem DoMa Ensemble geht es vor allem ums Improvisieren und die Freiheit in der Musik, mit dem Kuzmich Orchestra experimentieren wir mehr mit Elektronik und ich spiele Bass. Mit jeder der Gruppen ist es in vieler Hinsicht anders. Ich mag das Reisen durch diese Welten.
Welche Art von Konzert mögen Sie am liebsten?
Ich mag eher kleinere Kammerkonzerte. Das ist dann so, wie wenn man zu jemandem auf einen Kaffee zu Besuch kommt.
Konzertieren Sie auch manchmal auf großen Musikfestivals?
Ja, solche Großveranstaltungen haben auch ihren Zauber, sind aber allgemein stressiger. Da ist wenig Zeit für den Soundcheck und für das Spielen, einfach für alles.
Wie ist Ihrer Meinung nach die Qualität der Musikfestivals in Tschechien?
Kommt darauf an. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie sich gar nicht voneinander unterscheiden, es spielen zum Beispiel dieselben Bands, sogar mehrere Jahre hintereinander. Aber es gibt auch Fixsterne unter den Festivals, die Niveau und Grundidee gewissenhaft aufrechterhalten.
Welche musikalischen Neuerscheinungen sind in Vorbereitung?
Aktuell erschien die CD Taj der Gruppe Vertigo, im Herbst wird es wohl das Release des Tara Fuki Albums geben und im Frühling nächsten Jahres die Kuzmich Orchestra Platte. Ich habe einen sieben Monate alten Sohn, daher ist alles organisatorisch etwas komplizierter, aber ich bin mir sicher, dass es klappen wird.
Am letzten Juniwochenende werden Sie bei der TEDx in Brno auftreten, warum haben Sie entschieden, an dieser Veranstaltung teilzunehmen?
Ich wurde einfach eingeladen. Die Entscheidung war leicht, denn ich kenne den Hauptorganisator Vlastimil Veselý, der schon die Anfänge der TEDx in Brno begleitet hat. Ich weiß noch, wie er mir vor Jahren erzählte, dass es toll wäre, wenn so etwas in Brno entstehen würde.
Was ist Ihrer Meinung nach das Interessanteste an dieser Art von Veranstaltung?
Gerade das Zusammentreffen von Menschen unterschiedlichster Professionen, die hier verbunden sind durch die Lust etwas zu erschaffen und sich und andere zu inspirieren. Ich werde bei der TEDx einige meiner Lieder spielen, die manche vielleicht aus dem Repertoire von Tara Fuki kennen.
Die Cellistin Dorota Barová tritt am 28. Juni bei der TEDx in Brno auf .
Übersetzung: Lena Dorn