Ein Vergleich

Foto: Der Unfertige © 2013 Jan SoldatZOO PALAST Eröffnungsgala, © ZOO PALAST
ZOO PALAST Eröffnungsgala, © ZOO PALAST

Das Festival hat begonnen, das legendäre Kino ZOO Palast erstrahlt nach einer Restaurierung in neuem Glanz. Es bietet sich ein Vergleich mit Tschechien an…

Berlin hat sich verändert, seit ich vor etwa fünf Jahren das letzte Mal hier war. Die Straßen sind stärker herausgeputzt, die Graffitis verblassen allmählich, wo vorher Dönerbuden und andere Imbisse waren, haben nun Design-Shops, Showrooms und kleine Galerien ihre Pforten geöffnet. Die Szene hat sich verlagert. Das ist nicht unangenehm. Allerdings bin ich bei Spaziergängen durch die Stadt um Einiges hungriger als früher. Die Berlinale ist in der Stadt visuell wohltuend unaufdringlich – außerhalb des eigentlichen Festivalzentrums taucht manchmal ein Plakat auf, Berlin mit Festivalbären zu überschwemmen ist aber ohnehin nicht nötig: alle wissen, wann und wo das Festival stattfindet.

Deutlich mehr Plakate kündigen in Berlin den baldigen Kinostart des deutsch-österreichischen Films Das finstere Tal an, der auch im Festivalprogramm (Berlinale Special Gala) vertreten ist. Vor der Festivaleröffnung hatte ich die Gelegenheit mit Linda Söffker zu sprechen, der Leiterin einer der Hauptsektionen Perspektive deutsches Kino. Sie beschrieb den Film begeistert als „wirklich großes Genre-Kino“. Es scheint, als würde sich die düster-blutige Rachegeschichte mit Elementen aus Heimatfilm und Western tatsächlich lohnen. Linda hat mir die Freude nur ein wenig damit verdorben, dass sie die gesamte Handlung samt Ende verraten hat. Während unseres leidenschaftlichen Gesprächs über den aktuellen deutschen Film gelang ihr das noch bei weiteren drei Filmen. Macht nichts.

Das Festival kommt richtig in Gang. The Grand Budapest Hotel war angeblich ein gut gewählter Eröffnungsfilm. Er wird auch in den tschechischen Kinos laufen.

Als ich das Programm aufgeschlagen habe, war ich direkt vom Vorwort des Festivalleiters Dieter Kosslick angetan. Er lobt die Arbeit der Denkmalschützer, die wesentlich zur Restaurierung des legendären ZOO Palastes beigetragen haben, der von 1957 bis 1999 das Premierenkino der Berlinale war. Nun ist der „Zoo“ zurück mit allen historischen Details, wegen derer er bei den Denkmalschützern einen so hohen Stellenwert hat. Es bietet sich ein Vergleich mit dem bedeutendsten Festivalort Tschechiens an – dem Karlsbader Hotel Thermal und seiner Restaurierung. Darüber erfährt man in den tschechischen Medien nicht sehr viel, aber aus vertrauenswürdigen Quellen weiß ich, dass die Neugestaltung des Hotels Thermal nicht so reibungslos ablief: ursprüngliche Elemente wurden einfach entfernt und durch neue ersetzt, auf die Expertisen von Fachleuten wurde keine Rücksicht genommen... Der eigentliche Festivalsaal bleibt zwar unangetastet, aber es ist eben nicht nur dieser Saal, der dem Karlsbader Festival seine Atmosphäre verleiht. Ich bin neugierig, wem der Festivalleiter Jiří Bartoška, nach der Restaurierung danken wird – Eigentümer des Hotels ist der tschechische Staat.

Die Restaurierung des Berliner ZOO Palastes ist jedenfalls gut ausgegangen, und das nicht nur Dieter Kosslick zufolge. Positive Stimmen habe ich ebenso von Kollegen vernommen, die ich um ihre Meinung zum Film Meine Mutter, ein Krieg und ich gebeten habe. Dieser Film wurde nämlich genau dort gezeigt.

Tomáš Fridrich
bloggt für jádu von der Berlinale.

Copyright: Goethe-Institut Tschechien, Online-Redaktion
Februar 2014

    Tomáš Fridrich arbeitet in der Programmabteilung des Goethe-Instituts Prag. Neben der Zusammenarbeit mit tschechischen Festivals beschäftigt er sich vor allem mit der Dramaturgie und Organisation des Festivals deutschsprachiger Filme Das Filmfest. Wenn er nicht im Kino sitzt, finden sie ihn wahrscheinlich außerhalb der Stadt, meistens im Gebirge.