Maria Dragus – Ein Wunderkind wird groß

Maria Dragus | © Stefan KlüterMaria Dragus | © Stefan Klüter
Maria Dragus | © Stefan Klüter

Maria Dragus war erst 14 Jahre alt, als sie in Michael Hanekes „Das weiße Band“ ihre erste Kinorolle bekam. Jetzt beginnt für die Schauspielerin, die in Berlin zum European Shooting Star 2014 gewählt wurde, ein neuer Karriereabschnitt.

„Ich kann ein bisschen Französisch, das ist dem Rumänischen sehr ähnlich!“ Obwohl die weißgewandete Maria-Victoria Dragus an diesem Berlinale-Nachmittag ein Interview nach dem anderen gibt, ist ihre Energie ungebrochen. Fröhlich lächelnd spielt sie das Spiel mit – und freut sich, dass sie weite Teile des Interviews in hervorragendem Französisch bestreiten kann. Auf dem Gesicht der erst zwanzigjährigen Schauspielerin spiegeln sich der Schalk und die Begeisterung darüber, in Berlin kein Neuling mehr zu sein. „Ich bin zum vierten Mal bei der Berlinale dabei. Ich fühle mich fast schon als Gastgeberin. Gestern habe ich meiner englischen Kollegin ein Currywurst-Restaurant gezeigt.“

Mit Haneke fing alles an

Maria Dragus wirbelt über die Berlinale, antwortet auf Französisch, Deutsch und Englisch, aber auch auf Rumänisch, ihrer Muttersprache. Was Filmrollen betrifft, mag sie es lieber anspruchsvoll – angefangen bei der Pfarrerstochter Klara in dem hochgelobten Film Das weiße Band. „Bevor ich den Film sah, kannte ich Haneke kaum. Dann habe ich mir Caché angeschaut und gedacht, das würde eine echte Herausforderung werden. Aber er war uns gegenüber sehr aufmerksam, sehr professionell. Wir Kinder hatten beim Dreh auch einen eigenen Trainer, um die sehr harte Geschichte des Films zu verstehen.“

Der Film wurde ein Erfolg, und Maria Dragus landete auf dem roten Teppich der Filmfestspiele von Cannes, wo der Film mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde. „In Cannes auf dem roten Teppich zu stehen, war wirklich verrückt. Während der Vorführung realisierte ich kaum, dass ich diejenige dort auf der Leinwand war. Als ich sah, was Haneke da für eine herausragende Arbeit geleistet hatte, sagte ich zu meinem Vater: Das will ich machen. Ich will Schauspielerin werden.“ Mit gerade 15 Jahren erhielt Maria Dragus den Deutschen Filmpreis für die beste weibliche Nebenrolle. Gleich darauf spielte sie die deutsche Terroristin Gudrun Ensslin in dem RAF-Film Wer, wenn nicht wir, der ebenfalls auf der Berlinale für Furore sorgte. Und für Emily Atefs Drama Töte mich drehte sie teilweise in Marseille.

Kein kleines Mädchen mehr

Jetzt will die Nachwuchsschauspielerin noch höher hinaus. Mit fast zwanzig Jahren hat sie genug von Kleinmädchen-Rollen: „Es wird Zeit für etwas anderes. Gerade bereite ich mit dem ZDF eine Trilogie über eine Ost-West-Geschichte vor. Darin spiele ich endlich eine Erwachsene!“ Und wie wäre es mit einem Genrewechsel – vielleicht mal mit einer romantischen Komödie? „Ach, das wäre toll! Am liebsten in Paris, ich liebe diese Stadt. Aber dafür muss ich erst mein Französisch verbessern.“ Na, dann mal los!

Sébastien Vannier
bloggt für Goethe.de/Frankreich von der Berlinale.

Übersetzung aus dem Französischen von Saskia Bieber
Copyright: Goethe-Institut Frankreich
Februar 2014

    Sébastien Vannier ist seit 2009 Deutschland- Korrespondent der französischen Tageszeitung Ouest-France. Nach Abschluss seines Studiums der Politikwissenschaft in Rennes, Eichstätt und Straßburg kam er 2007 nach Berlin. Sébastien ist Blogger für L’Express.fr und schreibt für das deutsch-französische Magazin ParisBerlin und für Cafebabel.com.