Morten rennt

Plakat Nymphomaniac; Foto: Morten Vejlgaard JustPlakat „Nymphomaniac Vol. 1“ | Foto: Morten Vejlgaard Just
Plakat „Nymphomaniac Vol. 1“ | Foto: Morten Vejlgaard Just

Selbst ein schweigender Lars von Trier ist der Höhepunkt eines jeden Festivals. Die Weltpremiere des Director’s Cut „Nymphomaniac Vol.1“ macht da keine Ausnahme.

Morten rennt, wie die rothaarige Lola in Tom Tykwers Klassiker, in dem sie durch Berlin rennt, um eine „Mission impossible“ auf Zeit zu erfüllen. Ich renne, und ich renne, um mein Ziel in 60 Sekunden zu erreichen. Wohin bin ich auf dem Weg? Lass uns damit anfangen, wo mein Startblock für diesen Sprint stand. Das war im großen, dekadenten Berlinale-Palast, wo der dänische Höhepunkt des Festivals stattfand. Nein, Schluss mit der Bescheidenheit: der Höhepunkt des Festivals überhaupt. Die Weltpremiere der langen Version von Nymphomaniac Vol.1.

Der Saal brummt vor Erwartung. Viele hatten die kurze Version nicht gesehen (also wenn man einen vierstündigen Film kurz nennen kann). Als Filmauftakt ein musikalischer Schlag in die Magengrube von der deutschen Metalgruppe Rammstein, es fühlt sich hier in Berlin richtiger an als in Kopenhagen. Die internationale Presse kapiert den Film. Fett! Das hier ist kein Pornofilm, sondern eine schräge Komödie, wie nur Lars von Trier sie machen kann.

Der Film erntet den bislang größten Presseapplaus des Festivals, bekomme ich mit, als ich mich schon auf dem Weg die Treppen aus dem vierten Stock des Palasts herunter befinde. Nymphomaniac Vol.1 fing zu spät an, jetzt habe ich nur noch 60 Sekunden Zeit, um Saal 3 im Cinestar-Kino auf der anderen Straßenseite zu finden. Der Unterschied zwischen kurzer und langer Version des Filmes war nicht besonders groß, denke ich mir, während ich zu John Michael McDonaghs Calvary sprinte. Ich schwitze, springe, drängle, renne bei Rot über die Straße, und ich schaffe es. Beim ersten Versuch – nicht wie Lola, die brauchte drei. Einatmen, ausatmen. Puh.

Ich will den Film sehen, weil ich Martin McDonaghs Filme liebe – John Michaels Bruder, der in Calvary Martins Lieblingsschauspieler Brendan Gleeson als sehr menschlichen, katholischen Priester besetzt hat. Der Film ist nicht ganz so gut wie Martins Brügge sehen … und sterben?, aber John Michael hat die gleiche Faszination für Fragen zu Religion und Vergebung, für Pistolen und Blut. Es war auf jeden Fall den Sprint wert. Auf zum nächsten Film – Platz da!

Morten Vejlgaard Just
bloggt für Goethe.de/Daenemark von der Berlinale.

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Februar 2014
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Morten Vejlgaard Just ist Filmjournalist und Film- redakteur bei Filmz.dk und bei Den2radio. Kurz gesagt: Er ist Filmvermittler und nicht zuletzt Filmfan. Für Morten ist das persönliche Filmerlebnis am wichtigsten. Gerne darf es einen Detektiv beinhalten, der von einer schönen Frau reingelegt wird – damals, als man im Film noch rauchen durfte.

Twitter @vejlgaardjust