Kuchen macht glücklich

Magdalena Schluckhuber
Eva-Maria Trimmel: „Fett und Zucker sind böse Sachen, aber Kuchen macht glücklich. Jeden Tag.“ © Magdalena Schluckhuber

Weil ihr der Job in einem Architekturbüro zu eintönig und zu wenig kreativ war, hat Eva-Maria Trimmel kurzerhand ihren Job an den Nagel gehängt, Kuchen gebacken und ihr eigenes Kaffeehaus Fett und Zucker eröffnet. Es ist: jung, frisch, vegan, queer, feministisch, wenig schnöselig und wenig schick.

Gesucht hat Eva-Maria Trimmel ein Kaffeehaus mit „Wohnzimmeratmosphäre“, einen Ort zum Wohlfühlen mit guten Kuchen und Kaffee. Fündig wurde sie in Wien nicht, und das, obwohl es in der Stadt der Kaffeehäuser an jeder Ecke eines gibt. „Ich wollte mich mit meinen FreundInnen auch am Abend auf einen Kuchen treffen, nicht nur auf ein Bier. Das war nicht möglich.“ Also hat die gebürtige Burgenländerin aus der Not eine Tugend gemacht und beschlossen, ihren eigenen Kuchentreff zu eröffnen. Ihren Job in einem Architekturbüro hat sie aufgegeben. „Pläne ausbessern und Excel-Listen erstellen waren mir ohnehin zu fad“. Schöne Sachen entwerfen sei für die meisten ArchitektInnen nicht die Realität.

Magdalena Schluckhuber

Eva-Maria Trimmel. © Magdalena Schluckhuber

Ein schönes Interieur wollte sie aber in ihrem Kaffeehaus haben, gemeinsam mit guten Kuchen (keinen Torten!), Kaffee, Bier, politischen Zeitschriften, netten und interessanten Menschen und „einfach einem passenden Flair“. Entstanden ist „Fett und Zucker“, das „ein bisschen jünger, frischer, alternativer, queer und nicht schnöselig und schick ist“ – und vor allem vegane Kuchen anbietet. „Ich habe mir das Backen selbst beigebracht. Ich verziere nichts, ich bin keine Schnick-Schnack-Braut. Ich mache solide, eckige Blechkuchen, keine Torten.“

Probleme, vegane Kuchen zu backen, gebe es keine. Statt Kuhmilch verwendet Eva-Maria Trimmel Sojamilch, statt Butter tut es auch vegane Margarine und Eier lassen sich durch Bananen verrührt mit Sojamilch ersetzen. Die 37-Jährige hat gelernt, kreativ zu sein. „Nur Menschen mit feinem Gaumen bemerken den Unterschied“, ist sich die selfmade-Kuchenbäckerin sicher. Täglich backt sie fünf bis sechs verschiedene Kuchen. Trimmel ernährt sich selbst nicht vegan, viele FreundInnen von ihr seien wegen Nahrungsmittelunverträglichkeiten dazu gezwungen.

Magdalena Schluckhuber

Eva-Maria Trimmel: „Einfach mit einem passenden Flair“. © Magdalena Schluckhuber

Fett und Zucker soll laut Trimmel nicht auf die Kuchen reduziert werden, sondern als politischer, queer-feministischer Raum wahrgenommen werden. Die Zeitschriften und auch die Bierdeckel mit feministischen Sprüchen darauf sind Anzeichen dafür. Mit Kuchen politische Meinung zu produzieren, darauf erhebt sie aber keinen Anspruch: „Wenn ich veganes Bananen-Brot kaufe, kann ich das aus politischer Überzeugung essen oder einfach nur, weil es mir schmeckt“, so Trimmel. Sehr wohl aber habe sie die Preise niedrig angesetzt, weil viele ihrer FreundInnen prekär leben und sie auch ein „Recht auf Kuchen im Kaffeehaus“ haben sollten.

Der Freundeskreis ist auch mitverantwortlich dafür, wie der Kuchentreff heute aussieht. „Hier ist alles selbst gemacht außer den Sanitär- und Elektroinstallationen und dem Fußboden. Das Mobiliar habe ich von diversen Flohmärkten.“

Fett und Zucker hat seinen Namen von traditionellen Rezepten von Mehlspeisen, die meistens mit „Fett und Zucker schaumig rühren“ beginnen. Seit mehr als einem Jahr hat es nun auch einen Namen in der Wiener Kaffeehausszene. „Fett und Zucker sind böse Sachen, aber Kuchen macht glücklich. Jeden Tag.“


Copyright: Goethe-Institut Prag
September 2012

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