Die AfD: Wirklich eine Alternative?

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Rechtspopulist? Bernd Lucke, Parteichef der Alternative für Deutschland (AfD), Foto: Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0

EU-Skeptiker im Europäischen Parlament, das klingt nach einem skurrilen Szenario. Eine Studie der Deutschen Bank und Universität Bonn prognostizierte jedoch schon Anfang des Jahres, dass EU-skeptische Parteien bei der Europawahl gut ein Viertel der Stimmen kassieren und damit das Mächteverhältnis im Europäischen Parlament umwerfen könnten. Bei der allgemein niedrigen Wahlbeteiligung würde sich deren Mobilisierung hoch auszahlen. In Deutschland macht besonders die Alternative für Deutschland (AfD) mit entsprechendem Programm auf sich aufmerksam. Im September verpasste sie den Einzug in den Bundestag mit 4,7 Prozent nur knapp. Was ist das für eine Partei, die erst im Februar 2013 gegründet wurde und inzwischen die deutsche Politik aufmischt?

Je nachdem, wen man fragt, gilt die AfD, mit ihren etwa 18.000 Mitgliedern und einem Frauenanteil von nur 14 Prozent, als rechts, konservativ oder wirtschaftsliberal. In letzter Zeit hört man von der AfD vor allem im Zusammenhang mit einem Stichwort: Rechtspopulismus. Der wird ihr sowohl von Seiten der Politikwissenschaft, als auch von Medien und Presse vorgeworfen. Der Wahlslogan „Mut zu DEUtschland“ setzt Deutschland ganz klar nach vorn, außerdem fordert die Partei, dass die südeuropäischen Krisenländer aus dem Euro austreten. Sie will die Erweiterung der Union stoppen und den Mitgliederstaaten mehr Kompetenzen zurückgeben. Gerade in der Krise kommt diese EU-Feindseligkeit bei vielen gut an, auch der Euro ist ein prima Sündenbock. Viele der AfD-Unterstützer sind Intellektuelle; Parteichef Bernd Lucke selbst ist Wirtschaftsprofessor in Hamburg. So werden Ideen, die zuvor eher mit der plumpen NDP assoziiert wurden, ins bürgerliche Lager getragen und dadurch salonfähig.

AfD oder NPD?

Dabei rückt nicht nur ihr Nein zur europäischen Währung die AfD in eine Ecke mit national- und rechtskonservativen Parteien. Eine Studie, vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Auftrag gegeben, teilte die AfD-Parolen konkret dem rechtspopulistischen Lager zu. Die Jungen Piraten gingen einen Schritt weiter und stellten ein Online-Spiel zusammen: AfD oder NPD?. Hier muss man Zitate und Parolen einer der beiden Parteien zuordnen. Wie schwer das sein kann, zeigt sich schon an den Wahlplakaten. „Wir sind nicht das Sozialamt der Welt“, schreibt die NPD. „Mut zur Wahrheit: Wir sind nicht das Weltsozialamt“, tönt die AfD. Originell ist das nicht. Die wenigen Male, die sich die AfD tatsächlich als Alternative präsentiert, gehen allerdings oft genug nach hinten los.

Foto: caruso.pinguin, CC BY-NC 2.0
Alternative für Deutschland, Infostand in der Innenstadt von Bocholt, Foto (Ausschnitt): Ziko van Dijk, CC BY-SA 2.0

Paradebeispiel dafür war die Anti-Feminismus-Kampagne der Jungen Alternative, ein Verein, der sich als Jugendorganisation der AfD versteht. Als Antwort auf die Feminismus-Kampagne der Jungen Sozialisten veröffentlichte die Junge Alternative auf ihrer Facebook-Seite Fotos von Männern und Frauen, die Schilder hochhalten. „Ich bin keine Feministin, weil jede Frau selbst entscheiden kann ob sie Hausfrau wird“, steht da bei den weiblichen Teilnehmern, andere Gründe lauten „weil ich mir gerne die Türe aufhalten und in die Jacke helfen lasse“, oder „weil ich als Frau auch mal schwach sein möchte und einen starken Mann an meiner Seite habe und auch brauche“. Die Männer verkünden derweil, dass „eine Mutter genauso wertvoll ist, wie eine Vorstandschefin“ und dass sie „den Genderwahn stoppen“ wollen. Die Kommentare überbieten sich an Häme und Bestürzung. „Ist das Satire?“ fragt ein User. Andere bieten erstmal die Bedeutung von Feminismus und „Gender“ an.

„Erschreckendes Ausmaß an geistiger Verwirrung“

Es ist nicht das einzige Mal, dass die Parteimitglieder das Bild, das die AfD von sich selber gerne präsentiert, ins Wanken bringen. Auf Facebook hat die AfD von allen Parteien die größte „Fangemeinde“. Und die meldet sich gerne zu Wort. Beleidigungen und Sprüche wie „Heil Lucke“, oft mit Rechtschreib- und Grammatikfehlern übersät, helfen weniger dabei, die Partei in ein besseres Licht zu rücken. Auch nicht sonderlich brauchbar: „Gegner sagen, wir sind Rechtspopulisten. Und? Dann sind wir eben stolz drauf.“ Auch diese Beispiele werden im Internet auf einem eigenen Blog gesammelt: AfD-Wähler stellen sich vor heißt die Seite, die solche Kommentare per Screenshot für die digitale Ewigkeit erhält. „Wir freuen uns nicht über solche Leute, die diesen Quatsch abgeben“, erklärte Lucke dazu dem Tagesspiegel, „wir werden die Moderatoren nochmals dazu anhalten, gegen solche Knallköpfe schneller durchzugreifen.“ Ob das helfen wird?

Die Europawahl rückt immer näher. Von den anderen Parteien wird der AfD ein „erschreckendes Ausmaß an geistiger Verwirrung“ (SPD-Bundesvize Ralf Stegner) attestiert, FDP-Chef Christian Lindner mahnt: „Wer nur die Defizite sieht, der verliert den Blick für das Wesentliche.“ Ende Mai müssen die Wähler entscheiden. Laut Forsa liegt der Anteil der Nichtwähler und Unentschlossenen noch bei gut einem Drittel, die AfD erreichte kurz vor den Wahlen Umfragewerte von sieben Prozent.

Wahlergebnis der AfD bei der Europawahl 2014

Die AfD erhielt bei der Europawahl bundesweit rund zwei Millionen Wählerstimmen. Das entspricht einem Anteil von sieben Prozent. Die Partei gewann damit sieben Mandate im Europäischen Parlament. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 konnte die AfD in absoluten Zahlen ihre Wählerschaft nicht vergrößern. Die höhere Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl im September 2013 sorgte dafür, dass die AfD mit einem Stimmenanteil von 4,7 Prozent den Einzug in den Bundestag verpasste. Im Unterschied zur Europawahl galt bei der Bundestagswahl nämlich die Fünfprozentklausel.

Nachtrag, 26. Mai 2014

Lara Schech

Copyright: jádu / Goethe-Institut Prag
Mai 2014

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