Das Himmelskrokodil speit Fluten aus

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Das Mysterium des Maya-Kalenders

Ein Ausschnitt aus dem Maya-Kalender, Foto: Kim-bodia, CC BY 2.0

Am 21. Dezember 2012 endet ein Zyklus des Maya-Kalenders. In Foren wird spekuliert, welches Ereignis an diesem Tag bevorsteht. Die Theorien reichen von der Erleuchtung der Menschheit, über eine Alien-Invasion bis hin zum Weltuntergang. Zu Straßenpropheten, deren Pappschilder das Ende der Welt verkünden, will sich die 23-jährige Katharina Biedenhöfer [Name von der Redaktion geändert] nicht zählen. Dennoch schreibt die Studentin der Erziehungswissenschaften an der Uni Frankfurt dem Maya-Kalender eine besondere Bedeutung zu.

Nikolai Grube, Professor an der Universität Bonn und einer der weltweit renommiertesten Kenner der Maya-Kultur, beruhigt die Menschen, die am 21. Dezember den Weltuntergang befürchten: „An diesem Tag endet nicht der Kalender, sondern nur ein Zyklus. Die Mayas haben also nicht an ein Ende der Welt gedacht. Für sie war es kein wichtiges Datum.“

Katharina ist vom Maya-Kalender fasziniert: „Er stellt die Verbindung zwischen der Vergangenheit der Mayas und der heutigen Gesellschaft her.“ Die 23-Jährige bewundert die Mayas für die „astrologische und mathematische Relevanz“ ihrer Forschungen und dafür, dass sie eine Hochkultur waren, die „ganz anders als die Gesellschaft war, in der wir leben.“ Sie hätten die Sterne mit ihrem Leben vereinbart, sagt Katharina. Auch sie will sich spirituell mit dem Kosmos auseinandersetzen, „in dem alles miteinander in Verbindung steht“.

Der Maya-Kalender ist für diese Spiritualität ein gutes Beispiel, glaubt Katharina: „Er hat eine Genauigkeit, die man sich kaum vorstellen kann. Sonnenfinsternisse kann man über 1.000 Jahre hinweg im Kalender sehen.“ Darüber hinaus sollen die Mayas angeblich durch ihn von der Ankunft der Spanier gewusst haben.

Katharina Biedenhöfer (Name von der Redaktion geändert) ist fasziniert von der Mayakultur, Foto: Kristina Staab

Angefangen hatte Katharinas Faszination mit einer Fernseh-Reportage. Daraufhin hat sie im Internet nachgeforscht und ist schließlich auf der Seite MayaForum.net „hängengeblieben“. „So wie andere Leute jeden Tag Facebook nutzen, lese ich jeden Tag im Forum nach“, sagt die Studentin. Denn dort teilen andere User für sie faszinierende Gedanken. „Für mich ist es wichtig, meinen Horizont zu erweitern und mir grundsätzliche Fragen zu stellen, über die ich vorher nicht nachgedacht habe.“

Mit ihrer Faszination für die Maya hat sie sich bisher nur ihren engsten Freunden anvertraut. „Ich habe Angst, dass andere sich über mich lustig machen. Ich glaube, manche Leute würden schon sagen, dass ich spinne.“ Daher zieht Katharina es vor anonym zu bleiben. Sie ist eine zurückhaltende Userin, die sich eher nicht an Diskussionen beteiligt. Von Angesicht zu Angesicht hat sie noch keine „Gleichgesinnten“ getroffen und sieht sich selbst als Anfängerin in der Maya-Szene. Oft bezieht sie sich in ihren lebhaften Erklärungen und Beschreibungen auf Diskussionen von „Experten“ im Forum. Immer wieder aber muss sie zugeben, es sei schwer zu erklären, worum es ihr selbst eigentlich geht.

Eine große Rolle für den Glauben an einen Weltuntergang spielt ein Maya-Codex, der in Dresden ausgestellt wird. Katharina will ihn sich bald im Original ansehen, online hat sie ihn bereits begutachtet: „Auf einer Abbildung speit das Himmelskrokodil Fluten aus“, erzählt sie. Dieses Bild interpretieren Schwarzseher als Symbol für die Apokalypse. Inschriften verkünden, dass Bolon Yokte, der Gott des Krieges und der Schöpfung der Maya, auf die Erde herabsteigen wird.

„Die Mayas glaubten an zahlreiche Götter“, sagt Professor Nikolai Grube. „Sie standen für Naturelemente wie Sonne, Mond, Regen und Mais, die die Lebenswelt der Mayas prägten. Eine Inschrift besagt zwar ‚Es kommt ein Gott der Mayas herab‘. Allerdings ist das für die Mayas normal. Denn nach jedem 400-Jahre-Zyklus steigt ein Gott herab“, so der Maya-Experte. Demnach stehe Himmelskrokodil lediglich für eine Flut, nicht aber für den Weltuntergang. Der Mythos vom Weltuntergang ist in der christlich geprägten europäischen Gesellschaft entstanden, in der seit dem Mittelalter eine Faszination für die Apokalypse existiert.

Katharina Biedenhöfer (Name von der Redaktion geändert) unterwegs im MayaForum.net, Foto: Kristina Staab

Auch Katharina glaubt nicht an die Theorie, dass die Welt untergehen wird. Der Begriff Weltuntergang sei falsch, meint Katharina. Denn damit verbinde man immer die Katastrophen für die Menschheit. Aber schließlich gebe es ja mehr als das Menschenleben, gibt sie zu bedenken. „Irgendwann wird das Ende der menschlichen Zivilisation auf der Erde kommen. Aber mein Überlebenswille sträubt sich dagegen, dass das in diesem Jahr sein soll.“ Allerdings glaubt Katharina an den Beginn eines neuen Zeitalters, auf das man sich vorbereiten könne.

Dass bis dahin noch etwas Zeit vergeht, glaubt Katharina aber auch. Denn erst einmal möchte sie ihr Studium abschließen und einen Job finden, der ihr Spaß macht. Und wenn sie dann genug Geld gespart hat, möchte sie nach Guatemala oder Südmexiko reisen, um die Tempel der Maya zu sehen. Überlebenspläne schmiedet Katharina nicht für den 21. Dezember. „Es wird wohl ein ganz normaler Unitag“, meint sie. „Aber vielleicht werde ich ihn doch etwas bewusster erleben.“

Kristina Staab

Copyright: Goethe-Institut Prag
Juni 2012
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Die Maya und ihr Kalender

Bereits 600 n. Chr. begann die Hochkultur der Mayas und bestand bis zur Ankunft der Spanier im 15. Jahrhundert. In dieser Phase entwickelten sie im Besonderen Schrift, Kalender, Architektur und Astronomie.

Immer noch pilgern jährlich Tausende Touristen zu den alten Tempelstätten der Mayas. Ein bedeutender Teil ihres Kulturguts ist auch der Kalender, der sich ohne Probleme in den gregorianischen Kalender übertragen lässt. Auf der Grundlage dieser Umrechnung kommt dem 21. Dezember 2012 eine besondere Bedeutung zu. Denn an diesem Tag endet zwar nicht der Kalender, wie viele annehmen, sondern der 400. Zyklus des Maya-Kalenders. Jedoch legen Esoteriker die Stellung der Planeten sowie Inschriften der Maya als Hinweise auf einen Weltuntergang aus.