Der lustige Prof

Foto: © Michael SudaFoto: © Michael Suda
Prof. Dr. Michael Suda nutzt Humor in seinen Lehrveranstaltungen, Foto: © Michael Suda

Prof. Dr. Michael Suda leitet den Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik an der TU München. In seinen Vorlesungen versucht er regelmäßig, die Studierenden zum Schmunzeln, manchmal zum Lachen zu bringen. Doch wie viel Humor tut einer Hochschule eigentlich gut?

Professor Sudas Humorkarriere begann an einem Faschingsdienstag. Eigentlich wollte er nur einmal eine witzige Vorlesung halten, um den Studenten einen Gefallen zu tun, die sogar an Karneval in die Uni kommen. Doch die Veranstaltung und das positive Feedback der Studierenden brachten einen Stein ins Rollen. „Ein Student kam hinterher zu mir und sagte, er habe heute mehr verstanden als in der ganzen restlichen Vorlesung. Das hat mich zum Nachdenken gebracht“, erzählt der Dozent.

Er begann also, sich intensiv mit dem Thema Humor in der Lehre zu beschäftigen und regelmäßig aufheiternde Elemente in seine Vorlesungen einzubauen: „Wenn man länger als 17 Minuten lang versucht, Stoff in einen Menschen hineinzupumpen, ist das vergebens, weil die Aufmerksamkeit dann drastisch absinkt. Also muss man bei einer 45-Minuten-Einheit den Stoff auflockern. Dafür nutze ich Humorelemente, die ich mir zum Teil vorher überlege und die mir teilweise aber auch spontan einfallen“, erzählt er.

Ist Humor in der Lehre witzig, befremdlich oder gar peinlich?

So kann es zum Beispiel passieren, dass Professor Suda zu Beginn einer Vorlesung eine rote Clownsnase auf die Spitze eines Zeigestabs steckt, um die Studenten über umweltpolitische Themen zu befragen. Manchmal bekommt er im Hörsaal auch einen fiktiven Anruf von einem Studenten, der in der U-Bahn festsitzt und dem er den Stoff der heutigen Sitzung erklärt. Oder er setzt als Dozent verschiedene Hüte auf und wechselt seine Standpunkte im Raum, um die Perspektiven der verschiedenen Interessensgruppen in der Umwelt- und Waldpolitik deutlich zu machen.

Bei den Studenten kommt das natürlich nicht immer gleich gut an. „Ich muss ehrlich gestehen, dass ich das am Anfang komisch fand. Und auch viele andere Studenten waren erste einmal skeptisch oder sogar peinlich berührt“, erzählt seine wissenschaftliche Hilfskraft Alina Kasten. Und auch Martina Batz, ebenfalls wissenschaftliche Hilfskraft, meint: „Ich bin jemand, der an solche neuen Sachen vorsichtig herangeht, und fand das erstmal ein bisschen befremdlich. Professor Suda hat die Lehre wirklich anders aufgezogen und Eigenbeteiligung gefordert, womit man viele Studenten grundsätzlich erstmal überfordert“.

Wenn man sich auf den Humor einlässt, kann man mehr lernen

Doch während es unter den anderen Studenten durchaus auch Leute gab, die den Vorlesungen von Professor Suda dann lieber fern blieben, fanden Alina und Martina im Laufe der Vorlesung durchaus ihren Gefallen an seiner humorvollen Lehre: „Manche hatten keinen Bock oder haben weggeguckt, wenn sie angesprochen wurden. Manche kamen dann auch nicht mehr. Aber ich glaube, das waren sehr wenige. Denn eigentlich ist es ja gut, wenn die Lehre auf einer positiven Grundstimmung aufbaut“, sagt Alina. Und Martina betont: „Wenn man sich darauf einlässt und einfach mitmacht, kann man von Professor Sudas humorvollen Vorlesungen richtig profitieren und mehr vom Stoff mitnehmen.“

Die humorvolle Art des Professors sorgt nicht unbedingt dafür, dass sich die Studenten vor Lachen die Bäuche halten, aber es lockert zumindest die Stimmung auf, findet auch Asuka Ashida, die aus Japan kommt und bei Herrn Suda promoviert hat. „Mancher Humor ist international, mancher eher kulturgetrieben. Ich lache zum Beispiel nicht über Loriot und ich fand auch nicht alle Witze von Professor Suda lustig. Aber ich finde es toll, dass er nicht nur Wert auf die Forschung legt, sondern auch viel Leidenschaft in die Lehre steckt“, sagt sie.

Kein Verlust der Glaubwürdigkeit

Besonders gut erinnert sich Asuka Ashida an ein Seminar des lustigen Profs, an dem sie gemeinsam mit anderen Doktoranden teilnahm. „Wir haben viele Methoden ausprobiert, um mal aus unserer Komfortzone herauszuspringen. Wir mussten zum Beispiel zwei Minuten über das Thema unserer Doktorarbeit reden und dabei banale Wörter wie ‚Brot‘ oder ‚Frühstück‘ integrieren, die vom Publikum eingeworfen wurden. Das war für alle eine besondere und hilfreiche Übung, die viel Spaß gemacht hat“, erzählt sie.

Übrigens, betont die ehemalige Doktorandin, sind auch die Vorlesungen von Professor Suda alles andere als eine einzige Kabarett-Show: „Wenn er nur Theater spielen würde, könnte es natürlich passieren, dass er nicht ernst genommen würde. Aber er nutzt den Humor nur als Ergänzung zu seinen Erklärungen wie andere Dozenten zum Beispiel einen Zeitungsartikel oder ein Video einsetzen würden. Dadurch verliert er nicht an Glaubwürdigkeit.“

Humor in der Wissenschaft erfordert Mut

Professor Suda ist sich dennoch darüber bewusst, dass seine Methoden nicht bei allen Kollegen auf Begeisterung stoßen: „Es gehört Mut dazu, in der Wissenschaft und im politischen Umfeld mit Humorelementen zu arbeiten. Viele Kollegen wirken bremsend und sagen, dass man ernste Themen nicht durch Humor relativieren sollte. Aber ich habe auch schon Vorträge über das Försterbild in der Gesellschaft gehalten, bei denen hochkarätige Politiker und Verwaltungsleute sich auf die Schenkel gehauen und über sich selbst gelacht haben“.

Auch er selbst findet, dass man die Bedeutung des Humors nicht überschätzen sollte: „Es ist ein Appetitanreger und natürlich gibt es auch Vorlesungen und Vorträge, die frei von jeglichem Humor und trotzdem super spannend sind. Wer den Humor an der Uni zur Hauptspeise machen möchte, sollte lieber auf eine Kabarett-Bühne gehen.“ Ein Dozent müsse begeistert von seinem Fach und seinem Stoff sein, genau wie von den jungen Menschen, die vor ihm sitzen, und für den Prozess des Lehrens: „Nur wenn das der Fall ist, kann man durch Humor eine positive Lehr- und Lernatmosphäre fördern und für Lachreaktionen sorgen, die sich auch positiv auf die Konzentration auswirken. Alles andere wäre einfach nur eine Lachnummer.“

Janna Degener

Copyright: jádu / Goethe-Institut Prag
Oktober 2015

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