Das unberechenbare Reisen

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„Immer, wenn ich mich schlecht fühle, kann ich weiterziehen.“ Foto: © privat

Dominic ist Autostopper von Beruf. Zumindest bezeichnet sich der Neuseeländer manchmal selbst so, wenn er gerade nicht weiß, wie er beschreiben soll, was er eigentlich macht. Er reist seit vielen Jahren rund um die Welt, nur per Anhalter. So ist er bereits bis Afrika gekommen. Seine Reisen dokumentiert er unregelmäßig auf seinem Blog.

Oft ist Dominic nicht länger als ein paar Tage an einem Ort anzutreffen, er ist fast immer in Bewegung. Für ein kurzes Interview, indem er über seine Beweggründe spricht, war er nur per E-Mail erreichbar.

Dominic, wann und warum hast du mit dem Reisen per Anhalter begonnen?

Ich bin sofort nach meinem Schulabschluss losgezogen. Ich war mit den Möglichkeiten, die ich in Neuseeland hatte, nicht zufrieden. Ich konnte mir nicht vorstellen, dort weiter zu leben. Ich arbeitete solange in einer Fabrik, bis ich genug Geld hatte, einen Flug nach Frankreich, nach Paris, zu bezahlen. Mein Ziel war, Französisch zu lernen, mir dort einen Job zu suchen und ein oder zwei Jahre in Frankreich zu leben. Das war der Plan. Doch ich landete irgendwo in einem wunderschönen Nirgendwo. Also habe ich beschlossen, es mit dem Autostoppen zu versuchen.

Was war das Ziel deiner ersten Reise?

Mein erster „Hitch“ war nach Toulouse. Es waren 500 Kilometer und es war so einfach, dass ich beschlossen habe, das öfters und über längere Zeit zu machen. Meine längste und anstrengendste Reise war ein Trip, der leider nicht erfolgreich war. Ich wollte gemeinsam mit einem Freund über den Atlantischen Ozean. Wir mussten ein Monat im winterlichen und regnerischen Gibraltar am Strand campen, bis wir ein Segelboot fanden, das uns zu den Kanarischen Inseln mitnahm. Dort waren wir wieder gezwungen zu campen, bis wir weiter in die Karibik konnten. Leider musste das Schiff umkehren und wir konnten unsere Reise nicht fortsetzen.

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„Oft spiele ich Gitarre auf der Straße. Dann habe ich genug Geld, um mich mit Bier und Schokolade einzudecken.“ Foto: © privat

Wohin bist du sonst noch gereist?

Ich war schon fast überall in Europa, in Georgien, im Iran, in Marokko und so weiter. In der Türkei habe ich einmal einen längeren Stopp gemacht und einige Zeit dort gelebt und gearbeitet.

Was fasziniert dich am Hitchhiking?

Natürlich die Tatsache, dass es kostenlos ist. Und ich mag dieses Gefühl, das dich zurückversetzt in die Zeit des unberechenbaren Reisens. Es nimmt dir die Kontrolle aus der Hand und zwingt dich dazu, dich mit dir selbst und deinen eigenen Ansprüchen, was Komfort, Glaube und Glück betrifft, auseinanderzusetzen. Immer, wenn ich mich schlecht fühle oder mich in einer schlechten Situation befinde, kann ich weiterziehen. Hitchhiking hilft auch sehr, die teilweise unglaubliche Freundlichkeit und Gastfreundschaft von Fremden anzunehmen.

Wie finanzierst du deine Reisen? Arbeitest du nebenbei?

Ich brauche nicht viel Geld für meine Reisen, manchmal sogar überhaupt kein Geld. Oft spiele ich Gitarre auf der Straße. In kürzester Zeit bekomme ich dann genug Geld, um mich mit Bier und Schokolade einzudecken ;).

Welche Tipps hast du für unerfahrene Reisende?

Neulinge sollten sich auf verschiedenen Websites informieren. Die beste Seite ist hitchwiki.org, denn man bekommt als Einsteiger viele Tipps von erfahrenen Kollegen. Man sollte sich mit anderen zusammenschließen und zumindest zu Beginn gemeinsam reisen. Ein kurzer Trip mit erfahrenen Hitchhikern ist sehr hilfreich, die unterschiedlichen Tricks kennenzulernen, um Selbstvertrauen aufzubauen. Vor allem Mädels sollten nicht alleine reisen, bis sie nicht genug Erfahrung haben.

Wie lange wirst du noch reisen?

Solange, bis ich etwas anderes finde, das mich glücklicher macht oder mich mehr herausfordert. Vielleicht wird es irgendetwas mit Musik sein.


Copyright: Goethe-Institut Prag
August 2013

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