Frankfurter Autorenforum
Alte Hasen und neue Talente

Seit 1989 treffen sich jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit etwa 120 Teilnehmer zum Frankfurter Autorenforum für Kinder- und Jugendtheater, um Neues über die dramatische Literatur für junges Publikum zu erfahren. Im Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik Deutschland wird Autorinnen und Autoren, die für junges Publikum schreiben, drei Tage lang eine deutschlandweit einzigartige Plattform geboten.
Als das Forum ins Leben gerufen wurde, war die Idee der Förderung von Autorinnen und Autoren für die deutsche Kinder- und Jugendtheaterszene von elementarer Bedeutung. Im Westen Deutschlands wurde hoffnungsvoll um die grundsätzliche Anerkennung von Kunst für Kinder gekämpft und die Theatermacherinnen und Theatermacher stritten lebhaft in unterschiedlichen Lagern, welches Theater das richtige sei.
Es ging darum, ein Repertoire für die wachsende deutsche Kindertheaterlandschaft zu entwickeln und sichtbar zu machen. Immer wieder ist seitdem die Forderung nach Qualität zu hören: 2003 etwa mahnte Henning Fangauf, Projektleiter des Autorenforums, unter dem provokanten Titel Endlich erwachsen? – Probleme des aktuellen Kindertheaters ein neues Nachdenken über das Kindertheater an. Qualität zu fordern und zu fördern, ist bis heute ein grundlegender Leitgedanke des Forums.
Den unterschiedlichen Lagern, und damit den verschiedenen künstlerischen Stimmen, sollte das Autorenforum von Beginn an Raum geben. Eine Bilanz nach 25 Jahren: Mehr als 212 Autorinnen und Autoren wurden mit ihren Werken vorgestellt, alle national wie international für die Kinder- und Jugendtheaterszene wichtigen und prägenden Autorinnen und Autoren haben teilgenommen. Vielfalt in Sprachen und Ausdrucksformen zu zeigen, war von Anfang an ein elementares Motiv des Forums.
Das Frankfurter Autorenforum ist jedoch mehr als ein Stückemarkt und eine Präsentationsplattform. Es bietet seit Beginn Raum für den Diskurs über aktuelle Tendenzen im Kinder- und Jugendtheater und über das Schreiben für junges Publikum. Der gemeinsame Austausch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer findet in Ateliers, Foren, Arbeitsgruppen und Tischgesprächen statt. Aufführungsbesuche, Filmbeiträge und Vorträge oder Plädoyers – meist durch externe Experten – setzen wichtige Impulse.
Die Geschichte des Autorenforums zeigt, dass vier grundsätzliche Fragestellungen im Zentrum stehen:
- Welche Rolle spielt die Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen?
Welche Bedeutung Kinder und Jugendliche als Motor für die Textproduktion haben, war seit jeher von zentraler Bedeutung. Das Programm des 21. Forums 2009 stand unter dem Titel Schöne junge Welt – Jugend Kultur Alltag. Erwachsene Theatermacherinnen und Theatermacher lassen sich von jugendlichen Nerds ihre Welt vorführen: Am Computer sitzend schauen sie ihnen beim Spielen von Games über die Schulter und hören gespannt den Erklärungen der Spielregeln zu.
War für die Gründungsgeneration des Kindertheaters die Kunst für Kinder noch per se eine politische Äußerung, so war 2004 Politik das Thema des 16. Forums. Der Theaterleiter Marcel Cremer vom deutschsprachigen Agora Theater in Sankt Vith in Belgien und Fabian Scheidler vom Berliner Grips Theater debattierten ihre gegensätzlichen Entwürfe ihres Theaters, und die Dramaturgen Kirstin Hess vom Jungen Schauspiel Düsseldorf und Thomas Richard vom Jungen Ensemble Stuttgart berichteten unter dem Aspekt „Familie als kleinste politische Einheit“ aus ihrer dramaturgischen Praxis.
- Welche Impulse aus dem Ausland bereichern das Kinder- und Jugendtheater?
Das Kinder- und Jugendtheater in Deutschland hat in seiner noch jungen Geschichte vielfältige Impulse aus dem Ausland erhalten. Beim Forum waren die Auseinandersetzung mit der hier entstehenden Dramatik und deren schreibende Szene ein wichtiges und inspirierendes Moment. Herausragende Theaterleute wie Marco Baliani (1992), Ad de Bont und Suzanne Osten (1993), Philip Ridley (1997) und Simon Stephens (2003), Kolleginnen und Kollegen aus Europa, Kuba, USA, Russland und Australien waren zu Gast in Frankfurt.
- Wie werden Texte produziert? Wer ist der Autor?
Das 25. Forum im Dezember 2013 wandte sich unter dem Titel Echt gemacht – Wie der Text im Theater entsteht partizipativen, dokumentarischen und performativen Theaterformen und damit solchen Textproduktionen zu, die nicht im stillen Kämmerchen eines einzelnen Autoren, sondern im Kollektiv, im Prozess und als Ensembleprojekt entstehen. Das Forum wagt damit einen ständigen Spagat: Einerseits ist es Anwalt für Autorinnen und Autoren und Verlage und so ein elementar wichtiges Standbein für das Theater für Kinder, andererseits hält es den Blick offen für alternative Produktionsweisen, angrenzende Kunstformen und neuartige Entwicklungen.
- Wie fördern wir Nachwuchs?
Jedes Forum wird durch neue Talente belebt. Ingeborg von Zadow war bereits 1991 als 21-Jährige in Frankfurt. Tobias Rausch (1994), Lutz Hübner (1998), Kristo Šagor und Stefan Kaegi (2000) sowie Gertrud Pigor (2002) hatten ihre ersten öffentliche Auftritte in Frankfurt. Gleichzeitig wird die Brücke zu den erfahrenen Hasen geschlagen wie zu Rudolf Herfurtner und Friedrich Karl Waechter (1991), Volker Ludwig (1993), Thomas Oberender (1998). Das 15. Forum 2003 zeigt diese Spannbreite auf ganz eindrückliche Weise, denn es war das Forum der großen Namen und das der Nachwuchsautorinnen und -autoren: Tankred Dorst, Fitzgerald Kusz, Emine Özdamar sowie Simon Stephens und Andri Beyeler, Paula Fünfeck und Tristan Vogt.