Onleihe
Per Mausklick in die Bibliothek

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Logo Onleihe | © divibib

Kostenloses und zeitlich wie örtlich flexibles Ausleihen von digitalen Medien: das ist das Konzept der Onleihe. Über 300 Bibliotheken in Deutschland bieten den Internet-Service bereits an. Zukunftsfähiger Verbreitungsweg oder technische Spielerei?

Mit dem Internet können wir überall und jederzeit alles tun: uns informieren, mit Freunden telefonieren, shoppen, fernsehen, lernen oder lesen. Oder in die Bibliothek gehen. Um Bücher, Filme oder Zeitungen auszuleihen, braucht der internetaffine Bibliotheksnutzer nicht einmal mehr die eigenen vier Wände zu verlassen. Dank Onleihe kann er sich den neuen Bestseller von Eugen Ruge oder die aktuelle Ausgabe des Spiegel-Magazins in nur wenigen Minuten mit ein paar einfachen Mausklicks auf seinen PC oder sein mobiles Gerät herunterladen – und das völlig kostenfrei. Einzige Voraussetzung: ein Bibliotheksausweis.

Erfolgreicher Startschuss

Die Vorteile der Onleihe zeigen sich schnell: 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche können Bibliotheksnutzer gemütlich von zu Hause oder von unterwegs digitale Medien entleihen. Damit ist die Onleihe ein System, das ganz individuell und zeitnah auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer eingeht. Die Bibliothek erreicht so außerdem einen deutlich größeren Personenkreis: Personen, die zeitlich stark durch ihre berufliche Tätigkeit oder andere Verpflichtungen eingeschränkt, aber auch Menschen, die örtlich schlecht angebunden sind oder für die aus gesundheitlichen Gründen ein Besuch der Bibliothek nicht möglich ist, können von dem Angebot der virtuellen Bibliothek Gebrauch machen.

Dass diese Vorteile von den Bibliotheken gesehen werden, zeigen die Zahlen deutlich: 2007 startete die DiViBib GmbH, ein Tochterunternehmen der ekz.bibliotheksservice GmbH, mit den vier Pilot-Stadtbibliotheken in Hamburg, Köln, München und Würzburg die ersten Onleihen. Ihnen folgten viele nach: Die DiViBib-Mitarbeiterin Linda Donalies berichtet, dass mittlerweile über 300 Bibliotheken in Deutschland selbstständig oder in einem Bibliotheksverbund den Internet-Service anbieten. Bis Ende des Jahres 2011 sollten es 350 sein.

Auch bei den Bibliotheksnutzern kommt die Onleihe gut an: In der Münchner Stadtbibliothek haben sich die virtuellen Ausleihen seit 2007 jährlich verdoppelt, 2011 ist der Zuwachs mit 50 Prozent etwas abgeflacht. 120.000 Medien wurden bei insgesamt rund 11 Millionen Ausleihen im Jahr 2011 virtuell entliehen. „Mit der Zahl sind wir zufrieden“, erklärt Ernst Zimmermann, stellvertretender Leiter der Erwerbsabteilung der Münchner Stadtbibliothek. Zwischen fünf und zehn Prozent der Bibliothekskunden der Münchner Stadtbibliothek haben die virtuelle Bibliothek bereits genutzt. „Das ist ein größerer Anteil als der Anteil in der Bevölkerung, der E-Books liest“, betont Zimmermann. Damit ist die Onleihe in München ein erfolgreiches Angebot.

„Onleihe ist kein Selbstläufer.“

Dass trotz der zahlreichen Vorzüge der Onleihe vielerorts auch schlechte Nachrichten eintreffen, erklärt sich vor allem an mangelndem Marketing. „Onleihe ist kein Selbstläufer“, erklärt Donalies. Die Konzepte der Bibliotheken in dem Moment, wo sie an die DiViBib herantreten, seien ganz unterschiedlich ausgereift. Wer viel Marketing betreibt und auch seine Mitarbeiter beständig mit dem neuen Angebot vertraut macht und diese dazu anhält, die Bibliothekskunden darüber zu informieren, macht häufig sehr gute Erfahrungen mit der Onleihe. Die Sichtbarkeit auf der eigenen Website und die Verbreitung durch die lokale Presse sind weitere bedeutende Faktoren für die erfolgreiche Implementierung der Onleihe in das gesamte Service-Angebot einer Bibliothek.

Die Wermutstropfen

Wer das Portal der Virtuellen Münchner Stadtbibliothek aufruft, findet sich über den Kategorienbaum auf der Seite schnell zu recht: Neben Belletristik spielen Sachbücher sowie Lernmedien eine große Rolle. Ist ein E-Book, E-Video oder E-Paper ausgewählt, zeigen drei Symbole an, für welche Geräte das digitale Medium heruntergeladen werden kann. Und hier offenbart sich eines der größten Probleme der Onleihe: die Kompatibilität. Teilweise bleibt es sehr undurchsichtig, welches Format auf welchem Gerät läuft. Viele Medien können nur auf dem PC und nicht auf mobilen E-Readern, Tablet-PCs oder Smartphones genutzt werden, weil die Zahl der Medien im E-PUB-Format – bei der DiViBib sind das rund 3.700 von 18.000 – deutlich zu gering ist.

Zum Kompatibilitätsproblem sind technische Störungen, teilweise sehr kurze Leihfristen, vor allem bei Tageszeitungen, und kleine Bestände problematisch. „Der Onleihe-Bestand ist kleiner als in unserer kleinsten Zweigstelle“, erklärt Zimmermann. Denn wie eine Präsenzbibliothek muss auch die virtuelle Bibliothek erst wachsen. Regelmäßig müssen neue Medien erworben werden, um den Bestand aktuell zu halten und einen ausgewogenen Bestandsmix zu generieren – und das ist auch eine Kostenfrage. Gerade für kleine Bibliotheken ist daher das Zusammenschließen in Konsortien eine wichtige Möglichkeit, selbst einen Onleihe-Service anbieten zu können. In Konsortien können sie den eigenen Bestand an digitalen Medien schnell erweitern und sich kostengünstig einem zukunftsfähigen Ausleihesystem anschließen.

Die Bibliotheken erwerben bei der DiViBib die Medien einzeln oder in Paketen, die DiViBib wiederum handelt mit den Verlagen die Lizenzen aus. Pro Lizenz ist dabei generell nur eine Ausleihe möglich und damit gibt es – wie in der Präsenzbibliothek – keine Simultanausleihen. Das Digitale Rechtemanagement sorgt dafür, dass das Medium nach Ablauf der Leihfrist auf dem Gerät nicht mehr verfügbar ist und soll zudem die Dateien vor unautorisierter Verbreitung schützen. Dennoch bleiben die Verlage aus der Angst vor Raubkopien skeptisch. Da man außerdem nicht wisse, wie sie in Zukunft digitale Inhalte vertreiben werden, bleibe die Entwicklung der Onleihe „von der Gunst der Verlage abhängig“, erklärt Zimmermann. Trotz einiger Probleme und ungewisser Zukunftsaussicht bleibt die Onleihe vorerst das einzige System für Bibliotheken, um Teil der digitalen Welt zu werden – und ein Angebot, von dem besonders Menschen profitieren werden, die sonntags Nachmittags spontan Lust haben, Eugen Ruge zu lesen.

Die Onleihen der Goethe-Institute:

Sei es in Ägypten, Indien, Lettland, Serbien, Singapur, Usbekistan, Vietnam oder in vielen anderen Ländern: Weltweit mehr als 60 Bibliotheken des Goethe-Instituts bieten ihren Nutzern die Onleihe an.

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