DFG-Förderprogramm
Informationsdienste für die Wissenschaft

Geschäftsstelle der DFG in Bonn
Geschäftsstelle der DFG in Bonn | Foto (Ausschnitt): © dfg.de

Das Programm „Fachinformationsdienste für die Wissenschaft“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt den Aufbau zeitgemäßer Informationsangebote. Christoph Kümmel, Programmdirektor in der Gruppe Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme, erläutert das neue Förderprogramm.

Herr Kümmel, das neue DFG-Förderprogramm „Fachinformationsdienste für die Wissenschaft“ löst das bisherige System der über 100 Sondersammelgebiete in wissenschaftlichen Bibliotheken ab.

Die Sondersammelgebiete sind nach dem Zweiten Weltkrieg als ein System der verteilten Erwerbung von ausländischer Literatur eingerichtet worden. Damals ging es darum, möglichst schnell wieder für die Forschung brauchbare Bestände aufzubauen – und diese Aufgabe wurde pragmatisch auf eine ganze Reihe von Bibliotheken verteilt. In den Jahrzehnten danach hat sich gezeigt, dass diese verteilte Struktur angesichts der steigenden Anzahl von Veröffentlichungen eine gute Lösung ist. Und so ist dieses System bis in die 2000er-Jahre in vieler Hinsicht unverändert geblieben.

Schnellere Anpassung an die digitale Welt

Was ändert sich jetzt?

Dr. Christoph Kümmel, Programmdirektor in der Gruppe Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme
Dr. Christoph Kümmel, Programmdirektor in der Gruppe Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme | © dfg.de
Mit dem neuen Förderprogramm werden die Möglichkeiten für die Versorgung der Forschung flexibler. Die Sondersammelgebiete hatten die Aufgabe, die ausländische Literatur zu einem bestimmten Fach möglichst vollständig zu sammeln. Angesichts des Umfangs der erscheinenden Literatur stellt sich heute die Frage, ob das überhaupt noch möglich ist. Zudem hat dieses Ziel nicht mehr in allen Fächern die gleiche Berechtigung. In bestimmten Fächern benötigen die Wissenschaftler nur die allerneuste Literatur. Da muss man sich fragen, ob ein Gesamtarchiv der beste Ansatz ist.

Hinzugekommen sind die Herausforderungen der digitalen Welt. In den Sondersammelgebieten sind bisher unter drei Prozent der Mittel für digitale Angebote abgerufen worden. Das ist ein krasser Gegensatz zu dem, was heute an wissenschaftlichen Bibliotheken für digitale Angebote ausgegeben wird – oft schon die Hälfte des Budgets. Gerade in den Naturwissenschaften erscheint vieles nur noch elektronisch oder wird nur noch elektronisch wahrgenommen. Bei digitalen Ressourcen sind die Beschaffung und die deutschlandweite Bereitstellung aber komplizierter. Was Sie mit Büchern über die Fernleihe problemlos machen können, ist im digitalen Bereich mit Lizenzverhandlungen und mitunter enorm hohen Kosten verbunden. Darauf müssen wir uns besser einstellen und das neue Förderprogramm soll helfen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Mehr Flexibilität für fachspezifische Bedürfnisse

Wie sieht das neue System genau aus?

Es gibt nun keine einheitliche Vorschrift mehr. Die Bibliothek kann sich selbst Ansätze überlegen, wie sie ihre ergänzende Informationsfunktion ausführen möchte. Damit können die Angebote besser auf die fachspezifischen Bedürfnisse zugeschnitten werden. In einigen Fächern wird es weiter um eine umfangreiche Literatursammlung gehen, in anderen wird man sich mangels Nachfrage aus gewissen Sammlungsbereichen zurückziehen oder es geht dann eher um den Zugriff auf aktuelle Datenbanken.

Wie soll gewährleistet werden, dass die digitalen Ressourcen aus den Fachinformationsdiensten deutschlandweit zugänglich sind?

Dafür müssen jetzt Lizenzmodelle mit den Verlagen ausgehandelt werden, die die Bereitstellung von sehr speziellen Materialien in elektronischer Form über einen Standort hinaus erlauben. Die DFG unterstützt dafür den Aufbau eines Kompetenzzentrums für die Lizenzierung elektronischer Ressourcen als einen zentralen Service für die Fachinformationsdienste. Beteiligt sind dabei die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek in Göttingen, die Staatsbibliothek zu Berlin und die Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes. Hier können einzelne Bibliotheken die Produkte anmelden, für die sie gern eine Lizenz hätten. Das Zentrum verhandelt dann mit den Verlagen. Es ist gut, wenn das an einer Stelle gebündelt passieren kann.

Die ersten fünf Fachinformationsdienste aus den Geistes- und Sozialwissenschaften sind 2013 bewilligt worden. Werden aus den Sondersammelgebieten automatisch Fachinformationsdienste?

Nein, wie im alten System müssen für alle Vorhaben Anträge gestellt werden. Aber es gibt durchaus Kontinuitäten.

Haben Sie ein Beispiel für uns?

Ein Beispiel wäre der Fachinformationsdienst Kunst. Hier haben sich die Universitätsbibliothek Heidelberg und die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden zusammengetan. Ihr gemeinsames Portal Arthistoricum.net verbindet zwei ehemalige Sondersammelgebiete sinnvoll miteinander. Das gemeinsame Informationsangebot umfasst viele verschiedene Medienarten und Quellen, es wird aber vor allem in großem Umfang weitere digitale Inhalte erschließen, zum Beispiel auch durch die systematische Digitalisierung von Büchern und anderen Veröffentlichungen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert – für einen möglichst einfachen Zugriff für alle Forscher in Deutschland.

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