Santa Genoveva im Tigre-Delta, Argentinien
„Die Biblioteca Popular ist mir wichtig“

Schon als Kind verlor Gladys Fontana ihr Herz an die Biblioteca Santa Genoveva im Tigre-Delta. Sie blieb ihr immer treu. Jetzt besucht die Ruheständlerin Workshops auf dem Bibliotheksboot Bibliolancha.
Die Bibliothek kenne ich, seit ich neun Jahre alt bin, wie die meisten Schüler und Schülerinnen der Schule Escuela del arroyo Felicaria hier im Flussdelta des Paraná. Mit meinen Mitschülern und den Lehrkräften ging ich damals zur ärztlichen Kontrolle in die Erste-Hilfe-Station, die sich neben der Bibliothek befand. Wir warteten sozusagen inmitten von Büchern, bis wir an der Reihe waren. Für ein lesebegeistertes Mädchen wie mich war dies einer der magischsten Momente im ganzen Schuljahr.
Die Bibliotecas populares gibt es in ganz Argentinien, vor allem in Gebieten ohne sonstige öffentliche Bibliotheken. Es sind Orte, an denen man nicht nur Bücher findet, sondern diese Einrichtungen fungieren als wichtige Treffpunkte für die Gemeinschaft, in denen man zu Gesprächsrunden, Workshops, und anderen Aktivitäten zusammenkommt. Für mich ist es sehr wichtig, dass es einen Ort wie diesen gibt. Eine besondere Bedeutung haben die Bibliotecas populares auch für Kinder: Zu sehen, wie sie in den Büchern blättern, und ihnen dann zu helfen, das zu finden, wonach sie suchen – das war mir immer eine große Freude.
Ich liebe Krimis. Meine Favoritin ist natürlich Agatha Christie. Aber ich lese auch viel über andere Themen: besonders Bücher über Religion, Astrologie, Psychologie, Geschichte, aber auch Liebesromane und Poesie. Bei der Lyrik bevorzuge ich die von Frauen: Juana de Ibarbourou und Idea Vilariño aus Uruguay, die Chilenin Gabriela Mistral und die Schweiz-Argentinierin Alfonsina Storni. Am liebsten lese ich, wenn ich mit dem Passagierboot Richtung Tigre fahre. Von meinem Haus bis zum Hafen sind das ungefähr zwei Stunden; die nutze ich, um zu lesen.
Das Bibliotheksboot Bibliolancha feiert 2017 sein zehnjähriges Jubiläum, die Biblioteca Santa Genoveva hingegen besteht schon seit 1958. Sie ist fester Bestandteil des Tigre-Deltas und stark in dieser Region verwurzelt. Mit ihren vielfältigen Angeboten leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Identitätsbildung der Inselbewohner. Dank der Bibliolancha und dem Programm „Bücher zum Reisen“ gelangen Bücher direkt an Schulen oder auf Schulboote, die die Schüler zur Schule bringen. In der Bibliothek befindet sich außerdem eine „Schule für Inselhandwerk“ mit Kursen und Lehrgängen zu Schiffsmechanik, Korbflechterei, Bauen mit Bambusrohr und anderen Naturmaterialien aus der Region sowie Theaterkursen, Schreibwerkstätten und Ruderkursen.
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