Körperliche Veränderungen I
Pubertät

Pubertät und Selbstvertrauen
Foto: Goethe-Institut

In der Pubertät finden zahlreiche körperliche Veränderungen statt, wodurch sich das Selbstvertrauen von Jugendlichen stark verändert. Das hat auch Auswirkungen auf das Lernverhalten. 

Der Beginn der Jugendphase ist durch die Pubertät (Geschlechtsreife) gekennzeichnet. In den meisten Kulturen setzt die Pubertät bei den Mädchen ein bis zwei Jahre früher ein als bei den Jungen. Auch das Alter, in dem die Pubertät in der Regel beginnt, ist kulturabhängig. So kommen beispielsweise afrikanische Jugendliche meist früher in die Pubertät als westliche Jugendliche, während die Pubertät bei asiatischen Jugendlichen größtenteils etwas später einsetzt. Allen gemeinsam sind die enormen körperlichen Veränderungen, die in dieser Phase auftreten, und die sich letztendlich auch auf den Unterricht auswirken.

Körperliche Veränderungen

Die körperlichen Veränderungen bei Jugendlichen beginnen mit einem Wachstumsschub, bei dem die Körpergröße stark zunimmt und sich die Körperproportionen verändern. Die Mädchen erreichen ihre erwachsene Körpergröße in der Regel mit 16 oder 17 Jahren, während die Jungen bis ins Alter von 18 oder manchmal sogar 20 Jahren noch weiterwachsen.

Ungefähr ein Jahr nach dem Wachstumsschub beginnt die Geschlechtsreife. Gleichzeitig bilden sich auch die sekundären Geschlechtsmerkmale heraus. D.h., bei den Jungen entwickeln sich unter anderem breitere Schultern, der Bart fängt an zu sprießen, und durch den Stimmbruch bekommen sie eine tiefere Stimme. Da bei den Mädchen die Pubertät mit einer starken Zunahme von Körperfett einhergeht, bekommen Mädchen in der Regel breitere Hüften und nehmen oft deutlich an Gewicht zu. Zudem kommt es sowohl bei den Mädchen als auch bei den Jungen zu einer verstärkten Aktivität der Talgdrüsen in der Haut, welche einen neuen Körpergeruch zur Folge hat und zu Pickeln oder gar Akne führen kann.

Bei diesen zahlreichen Veränderungen ist es nicht verwunderlich, dass Jugendliche sich in dieser Phase viele Sorgen darüber machen, ob mit ihnen alles in Ordnung ist und ihr Körper wohl den Maßstäben und den kulturell gängigen Schönheitsidealen entspricht. Besonders die Mädchen sind in dieser Zeit häufig sehr unsicher und oft auch unzufrieden mit ihrem sich verändernden Körper. [1]

„Imaginary-Audience-Phänomen“

Jugendliche entwickeln zudem während der Pubertät weitere kognitive Fähigkeiten, wodurch sie in der Lage sind, die Perspektive anderer besser einzunehmen als in der Kindheit. Dadurch sind sich Jugendliche viel stärker der Meinung anderer bewusst, und sie vergleichen sich häufig mit Freundinnen bzw. Freunden und Mitschülerinnen bzw. Mitschülern. [2] In diesem Zusammenhang entwickelt sich auch das sogenannte „Imaginary Audience-Phänomen“, d.h., Jugendliche haben ständig das Gefühl, dass ihr Aussehen und ihr Verhalten von allen anderen genau beobachtet und beurteilt werden. [3] Auch im Unterricht können Lehrkräfte häufig erleben (oder sich manchmal auch darüber ärgern), dass Jugendliche viel mehr damit beschäftigt sind, sicherzustellen, dass jede Haarsträhne in die vorgesehene Richtung fällt und dass das Make-up noch sitzt, anstatt dass sie sich mit dem Unterrichtsstoff auseinandersetzen.

Sinkendes Selbstvertrauen

Die körperlichen Veränderungen bei Jugendlichen haben starke Auswirkungen auf das Selbstvertrauen, welches in der Jugendphase im Allgemeinen deutlich niedriger ist als im Kindesalter – und bei Mädchen wiederum niedriger als bei Jungen. [4] In keiner anderen Lebensphase sinkt das Selbstvertrauen innerhalb kürzester Zeit so enorm ab wie in der Jugendphase.

Selbstvertrauen spielt auch bei schulischen Aktivitäten und Leistungen eine wichtige Rolle. So haben Studien u.a. gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler mit einem hohen Selbstvertrauen tendenziell länger auch an schwierigen Aufgaben arbeiten und weniger schnell aufgeben. Außerdem verbringen sie mehr Zeit mit Hausaufgaben und sind insgesamt ehrgeiziger als Jugendliche mit einem niedrigen Selbstvertrauen. [5]

Soziale Angst

Die Unsicherheit während der Pubertät entwickelt sich manchmal auch in eine Form der sozialen Angst gegenüber Gleichaltrigen, durch die Jugendliche beispielsweise plötzlich gehemmt sind, im Unterricht Vorträge vor ihren Mitschülerinnen und Mitschülern zu halten, Fragen vor der ganzen Klasse zu stellen oder laut vorzulesen. [6] In einer Fremdsprache zu sprechen, ist dann noch eine zusätzliche Überwindung für die Jugendlichen. Für den Deutschunterricht, der ja möglichst kommunikativ und interaktiv ausgerichtet sein soll, ist es natürlich problematisch, wenn die Schülerinnen und Schüler aus Verlegenheit lieber schweigen. Dann stehen die Lehrkräfte vor der Herausforderung, den Unterricht so zu gestalten, dass die Sprechangst der Jugendlichen gemindert wird.

Was tun mit schweigsamen Jugendlichen?

Was man tun kann, wenn Jugendliche im Unterricht aus Unsicherheit und Verlegenheit lieber schweigen, erzählt eine Deutschlehrerin aus Italien in dem folgenden Video.
 
Goethe-Institut

Weitere Empfehlungen für den Unterricht finden Sie hier.

 

[1] Susman, E.J. & Rogol, A. (2004). Puberty and psychological development. In: L.M. Lerner & L.D. Steinberg. Handbook of Adolescent Psychology, pp. 15-44. Hoboken NJ, Wiley.

Vereecken, C. & Maes, L. (2000). Eating habits, dental care, and dieting. In C. Currie, K. Hurrelmann, W. Settertobulte, R. Smith, & J. Todds (Hrsg.). Health and health behavior among young people: A WHO crossnational Study (HBSC)international report (pp. 83-96) WHO Policy Series: Healthy Policy for Children and Adolescence, Series Nr. 1. Kopenhagen: World Health Organization Regional Office for Europe.

[2] Parker, J.G. et al. (2006). Peer relationships, child development, and adjustment: a developmental psychopathology perspective. In: D. Cicchetti & D.J. Cohen (Hrsg.), Developmental Psychopathology: Theory and Methods (Vol. 1), 96-161. Wiley.

Steinberg, L. (2005). Cognitive and affective development in adolescence. Trends in Cognitive Sciences, 9, 69-74.

Vartanian, L.R. (2000). Revisiting the imaginary audience and personal fable constructs of adolescent egocentrism: a conceptual review. Adolescence, 35, 639-661.

[3] Ellkind, D. (1967). Egocentrism in adolescence. Child Develoment, 38, 1025-1034.

[4] Kling, K.C., Hyde, J.S., Showers, C.J., & Buswell, B.N. (1999). Gender differences in self-esteem. A media-analysis. Psychological Bulletin, 125, 470-500.

Major, B., Barr, L., Zubek, J., & Babey, S.H. (1999). Gender and self-esteem. A meta-analysis. In: W. Swann & J. Langlois (Hrsg.) Sexism and stereotypes in modern society: The gender science of Janet Tayler Spence. Washington, DC: American Psychological Association.

Robins, R.W., Trzesniewski, K.J., Tracey, J.L., Potter, J. & Gosling, S.D. (2002). Age difference in self-esteem from age 9 to 90. Psychology and Aging, 17, 423-434.

[5] Bassi, M., Steca, P., Della Fave, A. & Caprata, G.V. (2007). Academic self-efficacy beliefs and quality of experience on learning. Journal of Youth and Adolescence, 36, 301-312.

Schunk, D.H. (2008). Learning theories: An educational perspective (5th edition). Upper Saddle River, NJ:Prentice Hall.

[6] Sumter, S.R., Bokhorst, C.L., & Westenberg, P.M. (2009). Social fears during adolescence: Is there an increase in fear and avoidance? Journal of Anxiety Disorders, 23(7), 897-903.

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