Soziale Veränderungen I
Identitäts- und Sinnsuche

Identitäts- und Sinnsuche
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Jugendliche beschäftigen sich intensiv mit ihrer Identität und sind zudem auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Dabei hinterfragen sie auch den Sinn des Deutschunterrichts. 

Mit Beginn der Pubertät beschäftigen sich Jugendliche intensiv mit ihrer Identität. [1] Dabei suchen sie Antworten auf Fragen wie: Warum gibt es mich? Was hat mein Leben für einen Sinn? Wer bin ich überhaupt? Was fange ich mit meiner Zukunft an? Damit einher geht die Suche nach Orientierung und Sinngebung im Leben. Diese Suche ist in keiner anderen Lebensphase so ausgeprägt wie im Jugendalter. [2]

Warum Deutsch?

Diese Sinnsuche macht auch vor dem Deutschunterricht nicht Halt. Häufig kann man erleben, dass jugendliche Schülerinnen und Schüler den Sinn hinter dem Deutschunterricht in der Schule hinterfragen. Dabei werden Lehrkräfte oft mit Fragen konfrontiert - beispielsweise: Warum lernen wir eigentlich Deutsch?, Was können wir damit anfangen?, Wozu brauchen wir das überhaupt?, Gibt es nicht wichtigere Dinge im Leben?

Nicht immer fällt es den Lehrkräften leicht, eine für die Jugendlichen zufriedenstellende Antwort auf diese Fragen zu finden. Auf jeden Fall ist es für die Schülerinnen und Schüler wichtig zu erfahren, welche Möglichkeiten sich mit dem Lernen der deutschen Sprache verbinden. Denn Lernende sind deutlich motivierter, wenn sie verstehen, warum sie etwas lernen (müssen) und wenn sie zudem sehen, dass sie mit dem Gelernten etwas anfangen können. [3]

Im Schulalltag scheint das jedoch häufig nicht gegeben zu sein. Bildungsforscher haben herausgefunden, dass sich ein Großteil der Schülerinnen und Schüler im Unterricht langweilt – besonders in der Sekundarstufe.

Langeweile im Unterricht

Nicht nur persönliche Erfahrungen von Lehrkräften, sondern auch empirische Untersuchungen zeigen, dass es sich bei Langeweile im Unterricht um ein sehr häufig auftretendes Phänomen handelt. Eine Studie stellte fest, dass sich 12- bis 16jährige Jugendliche durchschnittlich 32% der Unterrichtszeit langweilen. [4] Das heißt nicht, dass die Schülerinnen und Schüler im Unterricht nichts zu tun haben und sich deswegen langweilen. Langeweile entsteht vielmehr immer dann, wenn die Relevanz des Unterrichtsstoffes nicht klar ist. Dies betrifft vor allem subjektiv unwichtig eingestufte Situationen. Studien zeigen, dass die Unterrichtsstunden, in denen sich Jugendliche langweilen, von 72% der Schülerinnen und Schüler als nicht oder wenig wichtig angesehen werden. [5]

Als Folge von Langeweile haben Lernende nur eine geringe Motivation, um Leistungen zu erbringen. Studien zeigen zudem, dass Lernende, die sich im Unterricht langweilen, häufiger schlechte Noten haben. [6]

Wenn Jugendliche gefragt werden, was sie tun, um der Langeweile im Unterricht zu entgehen, geben die meisten an, dass sie versuchen sich abzulenken. [7] Dabei flüchten sie sich entweder in ihre Gedanken – sie denken zum Beispiel daran, was sie am Wochenende getan haben. Oder sie beschäftigen sich mit anderen Dingen, plaudern etwa mit dem Banknachbarn oder erledigen Hausaufgaben für andere Fächer. Häufig sagen die Jugendlichen auch, sie hätten die Langeweile akzeptiert und einfach ertragen: "Ich saß da und hab nichts gemacht. Einfach nur ins Leere geschaut". Nur sehr wenige Schülerinnen und Schüler geben an, dass sie versuchen, sich trotz Langeweile wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Das heißt, insgesamt nutzen die meisten Jugendlichen Strategien gegen die Langweile im Unterricht, die nicht lern- und leistungsförderlich sind.

Was tun mit unmotivierten Jugendlichen?

Was man tun kann, wenn Jugendliche im Unterricht nicht motiviert sind und keine Lust haben, Deutsch zu lernen, erzählt ein Deutschlehrer aus dem Senegal in dem folgenden Video.
 
Goethe-Institut

Weitere Empfehlungen für den Unterricht finden Sie hier.

 

[1] Erikson, E.H. (1968). Identity: Youth and crisis. Norton. New York.
Kroger, J. (2003). Identity development in adolescence. In G.R. Adams & M.D. Berzonsky (Hrsg.). Blackwell Handbook of Adolescence (205-226). Malden, MA:Blackwell.

[2] Hurrelmann, K. (2010). Lebensphase Jugend: Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Jugendforschung (10. Auflage). Weinheim und München: Juventa.

[3] Pintrich, P.R. & Schunk, D.H. (1996). Motivation in education. Theory, research and applications. Eglewood Cliffs: Prentice-Hall.
 
[4] Larson, R.W. & Richards, M.H. (1991). Boredom in middle school years: Blaming school versus blaming students. American Journal of Education, 99(4), 418-443.

[5] Götz, T., Frenzel, A.C. & Pekrun, R. (2007). Regulation von Langeweile im Unterricht. Was Schülerinnen und Schüler bei der „Windstille der Seele“ (nicht) tun. Unterrichtswissenschaft, 35, 312-333.

[6] Pekrun, R., Götz, T., Titz, W. & Perry, R.P. (2002). Academic emotions in students’ srelf regulated learning and achievement: A program of qualitative and quantitative research. Educational Psychologist, 37(2), 91-105.

[7] Götz, T., Frenzel, A.C. & Pekrun, R. (2007). Regulation von Langeweile im Unterricht. Was Schülerinnen und Schüler bei der „Windstille der Seele“ (nicht) tun. Unterrichtswissenschaft, 35, 312-333.

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