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Die Schriftstellerin und Journalistin Zukiswa Wanner
Die Schriftstellerin und Journalistin Zukiswa Wanner | Foto: Zukiswa Wanner

Goethe-Institute gibt es in vielen Ländern Afrikas. Doch nicht alle Künstler*innen profitieren davon. Zukiswa Wanner, Trägerin der Goethe‑Medaille, hat einige Verbesserungsvorschläge.

Von Zukiswa Wanner

Als Künstlerin, die in Johannesburg und später in Nairobi gelebt hat, wusste ich natürlich vom Goethe‑Institut. Mir war die Existenz des Goethe-Instituts ebenso bekannt wie die des British Council und der Alliance française. Es war eines jener Institute, die im Westen als einflussreich gelten und in Afrika mit ihren eher durchschnittlichen Künstler*innen hausieren gehen – und einige unserer Künstler*innen finanzieren, um die Kunst in unseren Ländern in einer Art kultureller Neokolonisierung zu beeinflussen.

Ich schreibe dies, während ich auf meine Goethe‑Medaille schaue und darüber nachdenke, wie sehr ich mich geirrt habe. Und wie ich zugleich verstehe, warum jemand wie ich, die das Goethe-Institut zunächst nur von außen kennenlernte, so denken würde. Verschiedenen Kunstformen stehe ich sehr offen gegenüber, über das Goethe‑Institut dachte ich aber eher so, wie ich über Arthouse‑Filme und abstrakte Kunst denke: ein netter Ort, den man ab und zu besucht, um sich an schrulligen Gesprächen mit schrulligen Künstler*innen und kostenlosem Wein zu erfreuen – aber eben nur dann, wenn man absolut keine andere Wahl hat.

Heute weiß ich, dass Musik, Film, Literatur, Gemälde, Fotografien oder Cartoons nur einige der Kunstformen sind, die man in den Goethe‑Instituten in Subsahara‑Afrika erleben kann. Unbekannte, aufstrebende, aber auch etablierte Künstler*innen nehmen an den Veranstaltungen der verschiedenen Goethe-Institute teil. Leider wissen nur zu wenige davon. Die Kommunikation darüber, was das Goethe‑Institut in welchem Land tatsächlich tut, gehört zu seinen größten Herausforderungen. Denn die Konkurrenz vor Ort ist groß.

Um meine persönliche Geschichte aufzugreifen: Ich bin seit 2010 Schriftstellerin, habe in Sachen Literatur viele Ideen und bin überhaupt sehr kunstinteressiert. Dennoch wurde mir erst 2016 bewusst, dass ich auch als Einzelperson mit dem Goethe‑Institut zusammenarbeiten kann. Ich hatte immer gedacht, dass das Goethe‑Institut nur mit Organisationen kooperiert. Ich hatte die damalige Leiterin des Goethe‑Instituts in Nairobi bei einer Veranstaltung im Nationalmuseum kennengelernt und festgestellt, wie viel wir trotz unserer unterschiedlichen Herkunft gemeinsam hatten. Ich lud sie und ihre Familie zu mir zum Essen ein. Es war ein überaus geselliger Abend, bei dem wir uns unter anderem über unsere Mütter amüsierten. Wir waren Freundinnen geworden, und ich freute mich, als sie mich später anrief, um mit mir über eine Veranstaltungsreihe zu sprechen, die das Goethe‑Institut gemeinsam mit der Alliance française durchführen würde. Sie fragte mich, ob ich die Dialogreihe „Displacement & Refuge“ kuratieren wolle.

Dies war der Anfang meiner Karriere als Kuratorin und meiner Partnerschaft mit dem Goethe‑Institut, die später zur Organisation von „Artistic Encounters“, der regionalen Veranstaltung „AfroYoungAdult“ und jetzt der ebenfalls regionalen Veranstaltung „Virtually Yours“ führte, eine Reihe von Onlinediskussionen über zeitgenössische afrikanische Literatur. Ich erzähle das nicht, um zu zeigen, wie viel Arbeit ich mit dem Goethe‑Institut in Subsahara‑Afrika geleistet habe. Ich will vielmehr betonen, dass ich an all diesen Projekten wahrscheinlich nicht beteiligt gewesen wäre, wenn ich nicht zufällig der damaligen Leiterin des Goethe‑Instituts in Nairobi begegnet wäre.

Sodann gilt es, noch eine letzte Hürde zu nehmen. Eine, die nicht zu unterschätzen ist: die Bürokratie. Niemand füllt gern Anträge aus. Warum sind Antragsverfahren nur immer so kompliziert? Den meisten Künstler*innen fällt es schwer, über die eigene Arbeit zu sprechen. Das kenne ich auch von mir selber. Ich kann viel leichter über die Arbeit anderer sprechen als über meine eigene. Weil es mir unangenehm ist und ich das Gefühl habe, anzugeben. Könnte man nicht weniger Wert auf die die eigene Person lobende Antragsprosa legen und stattdessen die Arbeitsproben für sich sprechen lassen? Und wo wir schon dabei sind: Auch auf Altersgrenzen – ob nach unten oder nach oben – könnte man meiner Ansicht nach gern pfeifen. Hauptsache, jemand hat eine gute Idee.

Von jenen Künstler*innen allerdings, die auch diese letzte Hürde nahmen, höre ich nur Gutes. Vor allem schätzen sie die Freiräume. Niemand mischt sich in ihre Arbeit ein, nichts wird vorgegeben.
In Afrika haben die Goethe‑Institute die Träume vieler Künstler*innen wahr werden lassen. Ich bin beeindruckt von den Synergien, die sie in der bildenden Kunst und der Musik auf dem gesamten Kontinent geschaffen haben. Als Schriftstellerin würde ich mir jedoch ein noch größeres Engagement im Bereich der Literatur wünschen. Nicht nur durch Übersetzungen zeitgenössischer Literatur in die Amtssprache des Gastlandes und umgekehrt, etwa in Deutschkursen. Es ginge mir auch um mehr Goethe bei Goethe. Das wäre doch was.

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