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Sprachenpolitik
Die Freiburger Resolution

Gemeinsamkeit stärkt – nicht nur in Worten
Gemeinsamkeit stärkt – nicht nur in Worten | Foto: © Pexels/Yan Krukau

Sprachenlernen ist keine Selbstverständlichkeit. Es bedarf der Steuerung und des Engagements, um Deutsch im internationalen Raum seinen Platz zu schaffen – und die richtigen Wege für den Unterricht von Deutsch als Zweitsprache einzuschlagen. Die Freiburger Resolution zeigt die Richtung auf.
 

Mit der sprachenpolitischen Resolution hat die IDT 2017 ein sprachenpolitisch äußerst wichtiges Zeichen gesetzt: Der IDV und seine 94 Mitgliedsverbände aus der ganzen Welt haben gemeinsam mit den Mittlerorganisationen sowie den Institutionen der Sprach- und Kulturpolitik der deutschsprachigen Länder 11 Thesen aufgestellt, um Deutsch als Fremd- und Zweitsprache für die Zukunft zu rüsten.

Bereits bei den Tagungen in Luzern (2001) und Graz (2005) wurden Resolutionen verabschiedet. Die Wiederaufnahme dieser Tradition verweist auf die sprachenpolitische Relevanz der IDT: Obwohl die Verbände der Deutschlehrenden als zentrale Aufgabe die Vertretung ihrer Mitglieder sehen, bringen sie sich regelmäßig in sprachenpolitische Diskussionen auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ebene ein. Die Resolution wendet sich daher nicht nur an Deutschlehrende, Mittlerorganisationen und Landesverbände, sondern ist ein offizielles Thesenpapier, das sich an die politischen Verantwortungsträger, also die Bildungs-, Kultur- und Integrationsministerien in den deutschsprachigen und nichtdeutschsprachigen Ländern richtet. 

Die Freiburger Resolution zur Sprachenpolitik setzt sich aus elf Thesen zusammen, die die Berichte zu elf DaF- und DaZ-spezifischen Brennpunktthemen widerspiegeln, die im Vorfeld der Tagung erarbeitet wurden. Fünf übergeordnete Themen lassen sich herausstreichen: die sprach- und bildungspolitische Dimension, konzeptuelle und bildungspolitische Grundlagen inklusive Lehrplänen und Lehrzielen, die Lehreraus- und -weiterbildung sowie die Rolle der Forschung und die Zusammenarbeit durch Netzwerke und Forschungskooperationen.

Freiburger Resolution zur Sprachenpolitik – Die Thesen

These 1: Förderung von Deutsch im internationalen Kontext

These 2: Sprachenpolitisches Handeln von Verbänden

These 3: Mittlerorganisationen und auswärtige Sprach- und Kulturpolitik der deutschsprachigen Länder

These 4: Deutsch im akademischen Bereich

These 5: Das DACH-Prinzip

These 6: Deutsch als Zweitsprache und Erstintegration im schulischen Bereich

These 7: Deutsch als Zweitsprache und berufliche Aus- und Weiterbildung im Kontext sozialer Integration

These 8: Lehrpläne im Unterricht Deutsch als Fremd- und Zweitsprache

These 9: Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrenden

These 10: Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen (GER)

These 11: Rolle der Forschung und Kooperation

Die Lang- und Kurzfassung der Thesen finden Sie hier.

Das Resolutionskomitee formulierte Entwürfe dieser Thesen und erstellte gemeinsam mit den Mitgliedern des internationalen Rats der IDT 2017 zur Eröffnung der Tagung eine vorläufige Endfassung. Bei sprachenpolitischen Podien und den Workshops der elf Arbeitsgruppen am „sprachenpolitischen Montag“ wurden die Thesen und Empfehlungen diskutiert, Veränderungsvorschläge wurden vom Resolutionskomitee berücksichtigt. Bei der Abschlussveranstaltung der IDT nahmen die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Resolution einstimmig an. 

Großer Zuspruch für die Resolution Großer Zuspruch für die Resolution | Foto (Ausschnitt): © Steve Guenat

Inhalte und Forderungen

Vorausgeschickt sei, dass es sich bei den elf Thesen, die sowohl Grundsätze, Empfehlungen als auch Forderungen beinhalten, um gleichwertige Statements handelt, ohne jegliche Gewichtung. Die Resolution unterstreicht dabei, dass Deutsch im Rahmen der Mehrsprachigkeit zu stärken ist. Einige Forderungen richten sich explizit an die deutschsprachigen Länder: Ein besonderes Augenmerk soll auf die Förderung von talentierten Deutschlernenden gelegt werden, des Weiteren sollen Maßnahmen zur Integrationsförderung nicht nur den schulischen Bereich, sondern auch die berufliche Aus- und Weiterbildung von Migrantinnen und Migranten einbeziehen. Ziel ist, individuelle Kompetenzen zu fördern. Um im Kontext der Erstintegration in der Schule einen sprachsensiblen Unterricht in allen Fächern zu ermöglichen, ist es notwendig, besondere Aus- und Weiterbildungsangebote für alle Fachlehrenden anzubieten. Im Vordergrund stehen hier die Kopplung von Fachwissen mit Fachdidaktik sowie Unterrichtspraxis, Kompetenzorientierung, Selbstreflexion und Qualitätssicherung durch regelmäßige Fortbildungsangebote. Zudem sollten adäquate Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die denen von schulischen Bildungsinstitutionen vergleichbar sind.

Mehrsprachigkeit im internationalen Bereich

Bei der Erstellung von Lehrplänen sind sowohl der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) als auch das DACHL-Prinzip zu berücksichtigen. Relativ neu hinzu stößt die Forderung, den Mehrsprachigkeitsansatz in die Gestaltung von DaZ- und DaF-Unterricht einzubeziehen, gerade im internationalen Bereich. Das bedeutet, die Erst-, Zweit- oder Drittsprachenkenntnisse der Schülerinnen und Schüler in den Unterricht zu integrieren. Auf der bildungspolitischen Ebene bedeutet Mehrsprachigkeit jedoch auch, an den Schulen mehr als eine Fremdsprache anzubieten. Eine Forderung, von der man sich erhofft, dass sich Deutsch weltweit neben der lingua franca Englisch zu einer wichtigen und gewichtigen zweiten oder dritten Sprache innerhalb des curricularen Angebots entwickelt. Neben den politisch Verantwortlichen, den Mittlerorganisationen, den Lehrkräften und Curricula-Entwicklerinnen sowie -Entwicklern ist auch die Forschung gefordert, die oben genannten Aspekte empirisch zu erforschen, die Wirksamkeit der jeweiligen Maßnahmen und Innovationen zu evaluieren und auf etwaige (Miss-)Erfolge hinzuweisen. (Erfolgs-)Ergebnisse sollten im Rahmen zukünftiger Tagungen und vor allem auf der nächsten IDT 2021 in Wien vorgestellt, diskutiert und gefeiert werden.

Mit Sicherheit wird der Fortschritt im Bereich DaZ und DaF auch daran gemessen werden, wie viele Forderungen und Empfehlungen der Freiburger Resolution innerhalb der deutschsprachigen Länder aber auch international durch die jeweiligen Landesverbände und deren Mittlerrolle umgesetzt worden sind. Um dieses Ziel zu erreichen, werden der IDV und seine Landesverbände sowie die Mittlerorganisationen und die Institutionen der Sprach- und Kulturpolitik der deutschsprachigen Länder verstärkt sprachenpolitisch handeln müssen. Dazu ist insbesondere eine intensive Kooperation der Verbände und Mittlerorganisationen wichtig, denn letztere spielen bei der weltweiten Förderung der deutschen Sprache eine wesentliche Rolle.

Sprachenpolitisches Handeln von Verbänden

Sprachenpolitisches Handeln setzt ganz praktisch beim schon erwähnten Mehrsprachigkeitskonzept an. Um Deutsch gegenüber anderen Sprachen weiterhin wettbewerbsfähig zu halten, um gemeinsam und mit „einer Stimme“ bei sprachenpolitischen Diskussionen auftreten zu können, ist die genannte Vernetzung der Akteure besonders wichtig. Neben den Verbindungen verschiedener Initiativen zur Förderung der deutschen Sprache – inklusive Werbung und Öffentlichkeitsarbeit – ist es meines Erachtens wichtig, sich innerhalb der Landesverbände mit der Freiburger Resolution genau auseinanderzusetzen und sich auf Arbeitsschwerpunkte für die eigene, länderspezifische Situation in Hinblick auf Deutsch und Sprachenpolitik zu einigen und diese aktiv in die Verbandsplanung für die nächsten vier Jahre einzubringen.

Zugleich sehe ich den IDV gefordert, den Schwerpunkt „Sprachenpolitisches Agieren von Verbänden“ beim nächsten Arbeitstreffen 2019 aufzugreifen und hier vor allem eine Erstevaluation der Freiburger Resolution seitens des IDV durchzuführen. Neben einem Erfahrungsaustausch, einer Sammlung von Best-Practice-Beispielen/Erfolgsbeispielen soll es vor allem auch zu einer Reflexion über die Grundsätze – inklusive des Mehrsprachigkeitsansatzes – kommen. Diese Reflexion dient einerseits dazu, die Umsetzbarkeit der Empfehlungen und Forderungen zu evaluieren und andererseits Mitgliedsverbände sowie den IDV dazu anzuregen, sprachenpolitische Zeichen im Vorfeld der IDT 2021 zu setzen. Denn Resolutionen zu erstellen ist die eine Seite, ihre Umsetzung anzugehen die andere, nicht minder wichtige.
Wie wirkt sich Sprachenpolitik in den verschiedenen Ländern aus? I Video: © Filmfreunde.tv

Nutzen für die Lehrerinnen und Lehrer

Sprachenpolitik beginnt für mich allerdings schon an der Basis. Die Deutschlehrenden an ihren Schulen und Institutionen weltweit sind sprachenpolitisch tätig, auch wenn sie es oft nicht so bezeichnen würden. Die Diskussion mit Lernenden über die Stellung der deutschen Sprache ist hierfür ein gutes Beispiel. Ein anderes ist, wenn Lehrende sich für ihr Fach bei der Schulleitung und anderen Fachkolleginnen und -kollegen stark machen (müssen), um Deutsch den nötigen Stellenwert innerhalb des Schulcurriculums zukommen zu lassen. Jede und jeder Deutschlehrende wird für seine persönlichen, institutionellen Gegebenheiten relevante Thesen finden, die dann auch als Grundlage für Diskussionen und schwierige Gespräche genutzt werden können. Den Deutschlehrenden weltweit wünsche ich bei dieser so wichtigen sprachenpolitischen Aufgabe viel Mut und Erfolg!
 

Ich würde mich über Rückmeldungen sehr freuen, vor allem, wie die Resolution in den verschiedenen Situationen (erfolgreich) eingesetzt wurde. Schreiben Sie mir: rene.koglbauer@ncl.ac.uk

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