Frankfurter Buchmesse
Goethe daheim

Street Art aus dem Gastland der Frankfurter Buchmesse (Foto: Christian Guémy)
Street Art aus dem Gastland der Frankfurter Buchmesse | Foto: Christian Guémy

Wenn die Bibel das Buch der Bücher ist, so ist Frankfurt die Buchmesse der Buchmessen. Ein Pflichttermin nicht nur für Verlage. Auch das Goethe-Institut begibt sich mit einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm in den regen Literaturbetrieb.

Während die Literaturarbeit des Goethe-Instituts zu einem großen Teil in Veranstaltungen im Ausland und der Übersetzungsförderung besteht, bieten Buchmessen, allen voran die in Frankfurt, eine ausgezeichnete Gelegenheit für einen Perspektivwechsel: Wie sieht die eigene Arbeit im heimischen Licht betrachtet aus? Es ist gewissermaßen ein Heimaturlaub für das Goethe-Institut. So trifft es sich sehr gut, dass ausgerechnet Goethes Geburtsstadt, die Szenerie für diesen Besuch in der Heimat bietet.

Und natürlich soll sich auch das deutsche Publikum einen Eindruck davon verschaffen können, mit welchen Themen, Formaten und Menschen das Goethe-Institut in aller Welt in Sachen Literatur arbeitet. Diese Möglichkeit gibt es vom 11. bis 15. Oktober am Stand des Goethe-Instituts in Halle 3.1, Stand L38. Neben an, auf den Bühnen des Weltempfangs-Zentrus für Politik, Literatur und Übersetzung, finden Veranstaltungen zum diesjährigen Gastland der Buchmesse, Frankreich, statt, es geht aber auch um arabische Comics, Fake News und eine verlorene Avantgarde.

Schon zum zweiten Mal seit 1989 ist Frankreich Ehrengast auf der Buchmesse – ein Land der Buchliebhaber. Ausgehend vom Gastland widmet sich das Goethe-Institut verschiedenen globalen Themen. So stellt das Goethe-Institut Nancy das in Kooperation mit der Literarischen WELT entstandene Literaturprojekt Die verlorene Avantgarde vor. Wie kein Konflikt zuvor forderte der Erste Weltkrieg seine Opfer unter den Geistesgrößen seiner Zeit wie Guillaume Apollinaire oder August Macke. Für das Projekt beauftragte das Goethe-Institut neun französische und deutsche Schriftstellerinnen und Schriftsteller, darüber zu spekulieren, welchen Verlauf die Werke dieser Künstler ohne den Krieg hätten nehmen können. Die deutsch-französische Gesamtausgabe der Texte wird am 11. Oktober 2017 vorgestellt: Nora Bossong, Frank Witzel, Philippe Claudel, Mathias Enard und Philippe Forest lesen aus ihren literarischen Fortschreibungen und diskutieren anschließend mit dem Publikum.

Desinformation und Dekolonialisierung

Um die avantgardistische Rolle der Literatur geht es auch in dem deutsch-französisch-ägyptischen Gemeinschaftsprojekt Der neue arabische Comic. Auf einer Podiumsdiskussion befassen sich die Teilnehmer mit den arabischen Graphic Novels der letzten zehn Jahre, die den freiheitlichen Geist und die Offenheit einer jungen Zeichner-Generation widerspiegeln – trotz Zensur und fehlenden Vertriebsstrukturen.

Auch der Umgang mit Fake News ist eines der Themen, mit denen sich das Goethe-Institut in Frankfurt beschäftigt: Wie kann sich die Zivilgesellschaft gegen gezielte Fehlinformation und politische Manipulation schützen? „„Dass Fake News ein so großes manipulatives, demokratiegefährdendes Potenzial zugeordnet wird, hat auch mit einem Glaubwürdigkeitsdefizit klassischer Medienangebote in der Bevölkerung zu tun.“ findet Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts. „Die Vermittlung kritischer Medienkompetenz, mit der sich unterschiedliche Mechanismen von Propaganda und gezielter Falschmeldungen vor allem in den sozialen Netzwerken erkennen lassen, gewinnt neben der reinen Informationsbereitstellung für die Arbeit des Goethe-Instituts immer mehr an Bedeutung.“ Auf dem Podium wird Ebert mit der Neurowissenschaftlerin Maren Urner, dem Journalisten Matthew Karnitschnig und Yevhen Fedchenko, dem Herausgeber der Website www.stopfake.org diskutieren.

Und unter dem Titel Dekolonisiert euch! erörtern Gabi Ngcobo, die Kuratorin der 10. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst, die Politikwissenschaftlerin María do Mar Castro Varela, und Klaus-Dieter Lehmann, der Präsident des Goethe-Instituts, den kulturellen Austausch zwischen Afrika und Europa. Ein Thema, in dem auch das Goethe-Institut einen Schwerpunkt seiner Arbeit sieht: „Neben der philosophischen Reflexion zur aktiven Bewegung der Dekolonisierung werden auch zunehmend kulturelle Weichen für eine grundsätzliche Neuordnung gestellt", erläutert Lehmann, „Das Goethe-Institut will mit seiner Arbeit verschiedene Blickweisen aufzeigen, die Vielzahl der Stimmen deutlich machen und gleichzeitig den Aufbau kultureller Infrastrukturen unterstützen, denn: Kunst und Kultur benötigen Strukturen, um sichtbar zu sein.“

Aber auch die Flüchtlingsfrage in Deutschland, ein Schlüsselthema in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur, die politische Entwicklung Rumäniens, Interessenskonflikte auf dem Balkan und das Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und Blasphemie werden in Frankfurt Gegenstand leidenschaftlicher Diskussionen. Natürlich wird das Goethe-Institut in Frankfurt zudem die Ergebnisse seiner Übersetzungsarbeit vorstellen. 2016 unterstützte es mit seinen Förderprogrammen die Übersetzung von mehr als 200 deutschen Titeln in rund 35 Sprachen.

Eine Übersicht aller Veranstaltungen des Goethe-Instituts auf der Frankfurter Buchmesse finden Sie hier.

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