Online Werkstattgespräch: Wie öffnet man ein Archiv?

taller abuelas

Di, 26.10.2021

16:00 Uhr – 17:30 Uhr

Online

Überlegungen aus der Perspektive der Kunst zur öffentlichen Dimension des Biografischen Familienarchivs (ABF) der Großmütter der Plaza de Mayo.

Veranstalter: Abuelas de Plaza de Mayo und Goethe-Institut im Rahmen der Aktivitäten zum Nationalen Tag für das Recht auf Identität. 
Anmeldung
Vor zwanzig Jahren begannen die Großmütter der Plaza de Mayo, ihre Stimmen und die Stimmen derer, die ihre verschwundenen Kinder kannten, aufzuzeichnen. Sie stellten ein Biografisches Familienarchiv mit Interviews, Fotos, Briefen und Gegenständen, die ihnen kostbar waren, zusammen. Sie bewahrten die Stimmen auf und hüteten sie wie einen Schatz für ihre Enkelkinder. Derzeit denkt ein Kreativ- und Forschungsteam über mögliche künstlerische Formen nach, wie ein Teil dieses Materials der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.

Im Bewusstsein des öffentlichen und sozialen Wertes seiner Sammlung prüft das Biografische Familienarchiv (ABF) der Großmütter der Plaza de Mayo Möglichkeiten einer Öffnung und Zugänglichkeit der Archivdaten. Wie aber öffnet man ein solches Archiv und wie lassen sich diese Stimmen replizieren? Das Kreativ- und Forschungsteam Romina Bozzini (Abuelas Rosario), Marisa Salton und Daniela Drucaroff (Mitglieder des ABF) sowie der Schauspielerin und Theaterregisseurin Luciana Mastromauro, die ebenfalls Mitglied des Biografischen Archivs war, sucht nach möglichen Antworten auf diese Frage. Im Rahmen eines Projekts untersucht und erforscht das Team künstlerische Formate, wie dieses Archiv öffentlich zugänglich gemacht werden kann. Auf Einladung des Goethe-Instituts nimmt der deutsche Dramaturg und Bühnenbildner Aljoscha Begrich an diesem künstlerischen Dialog teil. Begrich wurde in Argentinien durch seine performativ-dokumentarische Arbeiten im Rahmen der Regiegruppe Rimini Protokoll bekannt.

Viele der Großmütter sind heute nicht mehr unter uns. Einige ihrer Enkelkinder konnten die Dokumentenboxen mit ihren jeweiligen persönlichen Familienarchiven in Empfang nehmen, in denen festgehalten ist, wer ihre Eltern waren. Einige konnten sich auch mit ihren Großmüttern treffen und sie umarmen, anderen blieb dies verwehrt, konnten aber ihre Stimmen hören. Wiederum andere haben sich noch nicht gemeldet, aber die Stimmen warten weiterhin auf sie... Es sind Erfahrungen, die in der ersten Person erzählt werden, die Stimmen der Protagonisten. Ihre Worte, ihre Fotos, ihre Lieder, die Briefe ihrer Söhne und Töchter, ihre wertvollen Erinnerungen: eine Verschmelzung von Stimmen, die darauf hofft, die Geschichten, die der Völkermord zum Schweigen bringen und verschwinden lassen wollte, weitererzählen zu können. Sie wollen erneut sagen, die Stimme erheben, erzählen, anprangern, Erinnerung schaffen.

Ziel des von der Vereinigung Abuelas de Plaza de Mayo und dem Goethe-Institut organisierten Werkstattgespräches ist es, darüber nachzudenken, wie ein Archiv geöffnet werden kann, was seine öffentliche Dimension ausmacht und welche Formate sich dazu eignen, die Archive zugänglich zu machen. Vorgetragen werden kurze Fragmente von Zeugnissen, die das Archiv ausmachen. Anschließend ist ein Austausch mit dem Publikum vorgesehen.

Teilnehmer: Marcelo Castillo, Koordinator des ABF von 2007 bis 2021 und derzeitiger Leiter des Archivo Nacional de la Memoria, Matteo Maiorana, Archivar und Mitglied der Vereinigung Abuelas de Plaza de Mayo, das argentinische Kreativteam Romina Bozzini, Marisa Salton, Daniela Drucaroff und Luciana Mastromauro sowie Aljoscha Begrich (Deutschland). 

PROGRAMM

1.Impulsvortrag von Marcelo Castillo, Koordinator des ABF von 2007 bis 2021 und derzeitiger Leiter des Archivo Nacional de la Memoria. Präsentation des Archivs der Großmütter und Führung durch Formen der Frage nach seiner privaten und öffentlichen Dimension (10 min).

2. Impulsvortrag von Matteo Maiorana, Archivar, Mitglied der Vereinigung Abuelas de Plaza de Mayo. Herausforderungen und Spannungen im täglichen Umgang mit sensiblen und vertraulichen Unterlagen in den Archiven; die Grenzen der Vertraulichkeit und der soziale Wert von Dokumenten (10 Min.).

3. Impulsvortrag von Aljoscha Begrich, deutscher Dramaturg und Bühnenbildner. Zeugnis, Kunst, Realität und Formen der Kunst (10 min).

Präsentation der künstlerischen Anbahnungsprojekte und offene Lesung von Interviewfragmenten (15 Minuten).

Austausch mit dem Publikum (45 min)

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