Franz Kafka war vom aufkommenden Kino des 20. Jahrhunderts fasziniert, doch im Laufe der Zeit war es das Kino, das vom Werk des genialen Universalschriftstellers inspiriert wurde. Dies spiegelt sich in der Filmreihe 100 KAFKA 100 in der Sala Leopoldo Lugones des Teatro San Martín wider, welche im Rahmen der Hundertjahrfeier seines Todes stattfindet.
Von einschließlich Dienstag, den 27., bis Samstag, den 31. August, werden sechszehn Filme gezeigt, die vom Werk und Leben des Autors, der „Verwandlung“, inspiriert sind, darunter Kurz-, Mittel- und Langfilme unterschiedlicher Herkunft, Epochen und Stile.
Zu den Höhepunkten dieses umfassenden Programms gehören Orson Welles' Klassiker THE TRIAL, der kürzlich in 4K restauriert wurde, sowie die argentinische Premiere von Michael Hanekes Spielfilm DAS SCHLOSS für das europäische Fernsehen.
In Kafkas Tagebüchern finden sich zahlreiche Referenzen zu den Filmen, die er in Prags erstem Kino, dem „Biographen“ U modré štiky (Der blaue Hecht) in der Karlova-Straße, gesehen hat. Heutzutage ist es das Kino, welches dem berühmten Schriftsteller seine Ehre erweist.
„Deutsch ist meine Muttersprache und liegt mir daher sehr am Herzen, aber Tschechisch ist mir viel näher“, würde der Universalschriftsteller sagen und damit seine Ablehnung nationalistischer Gefühle zum Ausdruck bringen, eine Aussage, die es uns erlaubt, ihn als Weltbürger zu interpretieren.
Die Reihe organisiert das Goethe-Institut gemeinsam mit dem Complejo Teatral de Buenos Aires und Fundación Cinemateca Argentina, sowie in Zusammenarbeit mit der österreichischen Botschaft, der kanadischen Botschaft, der spanischen Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit, der spanischen Botschaft, der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, der finnischen Botschaft, der israelischen Botschaft, der polnischen Botschaft, der portugiesischen Botschaft, der Botschaft der Schweiz, Cinemateca Nacional - INCAA und JEMPSA.
Das Goethe-Institut Buenos Aires seinerseits begeht den hundertsten Todestag Kafkas mit mehreren Aktivitäten in Argentinien im Jahr 2024. Nach dem Centro Cultural Parque España in Rosario und der Internationalen Buchmesse in Buenos Aires werden im September zwei Ausstellungen im Centro Cultural Paco Urondo zu sehen sein, die vom Werk des Autors inspiriert sind.
Regie: Michael Haneke.
Österreich/Deutschland, 1997
Lange: 130 Min.
Der Landvermesser K. wird von seiner Behörde in ein Dorf verschickt, um dort seinen Dienst anzutreten. Doch dort weiß keiner etwas von dieser Versetzung. K. versucht, in das Schloss, dem Sitz der offensichtlich übergeordneten Verwaltung, vorzudringen. Man lässt ihn aber nicht herein. Im Dorfwirtshaus warten zwei angebliche Gehilfen, die nichts von seinem Beruf verstehen. K. versucht weiter, seine Arbeitssituation zu klären. Umsonst – alles, was er unternimmt, führt ins Leere. K. verliert sich in einem Labyrinth von Fakten, die sich als Fiktionen erweisen.
Mit instinktsicherer formaler Strenge bringt Hanekes Adaption das »Kafkagefühl«, die beklemmende, schwebende Stimmung des Romans auf die Leinwand.
THE TRAIL
Regie: Orson Welles.
Frankreich/Italien/Deutschland, 1962
Lange: 120 Min.
Mit Anthony Perkins, Jeanne Moreau, Romy Schneider.
Der kleine Angestellte Josef K. wird eines Morgens ohne Angabe von Gründen verhaftet. Während seines aufreibenden Prozesses erklärt ihm niemand, warum er überhaupt vor Gericht steht. Auch von seinem Anwalt erhält K. fast keine Hilfe. Er ist in einem Albtraum gefangen, aus dem es kein Erwachen gibt – bis man ihn zu seiner Hinrichtung abholt.
KLASSENVERHÄLTNISSE
Regie: Danièle Huillet und Jean-Marie Straub.
Deutschland/Frankreich, 1984
Lange: 126 Min.
Eine Adaptation von Franz Kafkas unvollendetem Roman Die Verschwundenen, auch bekannt als Amerika, der die Geschichte von Karl Rossmann erzählt, einem Deutschen bürgerlicher Herkunft, der wegen eines Skandals nach Amerika auswandern muss.
KAFKAS LETZTE REISE
Regie: Clemens Schmiedbauer.
Österreich, 2024
Lange: 70 Min.
Der Film verfolgt die letzten Lebensstationen Franz Kafkas von Prag ins Sanatorium Wienerwald bei Pernitz, weiter in die Laryngologische Universitätsklinik Wien und zur letzten Station, dem Sanatorium Dr. Hermann in Kierling bei Klosterneuburg. Es werden Briefe und Dokumente gezeigt, in denen die verzweifelte Suche des an Tuberkulose Erkrankten nach Besserung zum Ausdruck kommt. In Interviews mit Kafka-Forscher*innen geht es um eine Annäherung an den Autor in seiner letzten Lebensphase. Ein Medizinhistoriker erläutert Kafkas Krankheitsverlauf und die Hilflosigkeit der Ärzte beim damaligen Stand der Medizin.
KAFKA
Regie: Tiago Iúri.
Portugal, 2021
Lange: 9 Min.
Die Entdeckung eines Mädchens und des Sinns in Kafkas Welt.
THE LOVES OF KAFKA (Los amores de Kafka)
Regie: Beda Docampo Feijóo.
Argentinien/Tschechoslowakei, 1988
Länge: 103 Min:
Mit Susú Pecoraro, Jorge Marrale, Villanueva Cosse, Cecilia Roth. Ein argentinischer Filmregisseur reist nach Prag, um einen Film über Franz Kafka und Milena Jesenská zu drehen. Der Film basiert auf einem Drehbuch von Docampo Feijóo und Juan Bautista Stagnaro und wurde in Prag gedreht.
Kurzfilmprogramm 1:
Gesamtdauer: 79 Minuten.
DIE KAFKA-TRILOGIE
Regie: Katariina Lillqvist.
DER KÜBELREITER (Hiilisangolla ratsastaja)
Finnland, 1992
Lange: 8 Min.
Es ist der erste Kurzfilm der Kafka-Trilogie von Katariina Lillqvist und der Studio Jiŕi Trnka aus Prag. Die Geschichte spielt in Prag um 1917, wo ein armer Musiker einen reichen Kaufmann um Geld bittet.
DER STORCH IM ZIMMER (Kamarihaikara)
Finnland, 1994
Lange: 9 Min.
Zweiter Teil der Kafka-Trilogie unter der Regie von Katariina Lillqvist. Als die Nacht hereinbricht, kehrt ein zerlumpter alter Mann, der gebrauchte Bücher verkauft, nach Hause in den Maschinenraum eines Aufzugs zurück, wo er ein riesiges Ei entdeckt, das summt. Im Zimmer des Ladenbesitzers schlüpft ein Storch.
EIN LANDARZT (Maalaislääkäri)
Finnland, 1996
Lange: 15 Min.
Der letzte und großartige dritte Teil der Kafka-Trilogie basiert auf einer der alptraumhaftesten Geschichten Kafkas und wird von Lillqvist mit großer Kreativität umgesetzt. Eine zutiefst bewegende surrealistische Geschichte über Menschen, die vom Krieg gequält werden. Die Geschichte ist gespickt mit grotesken Details und die Atmosphäre ist hypnotisch beklemmend, wie ein Alptraum, aber im Hintergrund lauern Bilder von echten europäischen Schrecken. Ein Landarzt ist einer der wichtigsten Puppentrickfilme der 1990er Jahre.
THE METAMORPHOSIS OF MR: SAMSA
Regie: Caroline Leaf.
Kanada/USA, 1977
Lange: 10 Min.
Basierend auf dem berühmten Roman „Die Verwandlung“ wird die Geschichte durch die Technik der Sand-auf-Glas-Animation erzählt. Ein fantasievoller Soundtrack und eine visuell innovative Ästhetik verbinden sich zu einer kafkaesken Welt der Entfremdung und Schuld.
EIN BERICHT FÜR EINE AKADEMIE (Un informe para una academia)
Regie: Carles Mira.
Spanien, 1975
Lange: 40 Min.
Ein Affe, der sich in nur fünf Jahren zu einem Menschen entwickelt hat, wird von der Akademie der Wissenschaften vorgeladen, um seine Erfahrungen zu teilen.
DIE VERWANDLUNG VON FRANZ KAFKA (La metamorfosis de Franz Kafka)
Regie: Carlos Atanes
Spanien, 1994
Lange: 30 Min.
Der Katalane Carlos Atanes, ein großer Fan von Franz Kafka, hat diese Adaption mit großer Freiheit inszeniert, wobei er die riskante Entscheidung traf, sich nicht auf den Text zu beschränken und einige Anspielungen auf andere Werke von Kafka (und auf die von Borges und Piranesi...) hinzuzufügen. Die Geschichte bietet eine Vielzahl von Anspielungen und Verweisen auf das Privat- und Familienleben des Autors, insbesondere auf seinen Vater Hermann Kafka, zu dem Franz immer eine komplizierte Beziehung hatte.
Kurzfilmprogramm 2:
Gesamtdauer: 106 min.
JEAN_MARIE STRAUB UND DANIÈLE HUILLET BEI DER ARBEIT AN EINEM FILM NACH FRANZ KAFKA ROMANFRAGMENT AMERIKA
Regie: Harun Farocki
Deutschland, 1983
Lange: 26 Min.
Dieser Film ist gleichzeitig ein Selbstportrait und eine Hommage an Farockis Vorbild (und ehemaligen Filmakademie-Lehrer) Jean-Marie Straub. Farockis Bewunderung für Straub ging so weit, dass er über Zwischen zwei Kriegen sagte: "Vielleicht habe ich den Film nur gemacht, um von Straub anerkannt zu werden".
Mit diesem Beobachtungsfilm dokumentiert Farocki, dass sich sein Wunsch erfüllt hat: Der Film zeigt, wie Farocki unter Straubs Regie für den Film Klassenverhältnisse (1983) seine Rolle als "Delamarche" probt. Wer Farockis Dokumentation der Dreharbeiten einmal gesehen hat, vergisst diese kurzen Szenen nie wieder. Die Inszenierungstechnik von Jean-Marie Straub und seiner Frau Danièle Huillet ist so repetitiv und detailversessen, dass die Szenen bis zur Erschöpfung der Darsteller geprobt werden.
(Tilman Baumgärtel)
SCHAKALE UND ARABER
Regie: Jean-Marie Straub.
Schweiz/Frankreich, 2011
Lange: 11 Min.
Huillet und Straub hatten in den 1980er Jahren geplant, Kafkas Kurzgeschichte Schakale und Araber zu adaptieren und den Film in der ägyptischen Wüste während der Dreharbeiten zu Too Early /Too Late zu drehen. Die Erzählung ist eine Tierparabel über die arabisch-jüdisch-kolonialen Beziehungen und wurde 1917, kurz nach der Unterzeichnung der Balfour-Erklärung, geschrieben. Auf Video in einer Pariser Wohnung gefilmt, rezitieren zwei Darsteller, Barbara Ulrich und Giorgio Passerone, eindringlich den Text und erzeugen eine Spannung, die von Straubs prägnantem der wie ein Skalpell in das Bild schneidet.
KAKFA´S LAST STORY (Hasipur Ha'acharon Shel Kafka)
Regie: Sagi Bornstein.
Israel/Deutschland, 2011
Regie: 53 Min.
Während die Welt Max Brod für die Bewahrung einiger der größten Werke der Literatur des 20. Jahrhunderts und die Verwandlung Franz Kafkas in eine globale kulturelle Ikone auf ewig dankbar sein wird, könnte sich Kafka selbst im Grab umdrehen. Kafkas letzter Wunsch, dass "alles, was in meinem Nachlass übrig ist, vollständig und ungelesen verbrannt werden soll", wurde von seinem engsten Freund bekanntermaßen missachtet, und der Rest ist Literaturgeschichte. Doch fast ein Jahrhundert nach Kafkas frühem Tod steht das Schicksal seiner unschätzbaren Manuskripte im Mittelpunkt einer hitzigen Debatte, bei der es um Millionen von Dollar und politisches Gezänk zwischen Israel und Deutschland geht.
Der Film folgt den Manuskripten von ihrer ersten Reise in Brods Koffer aus dem von den Nazis besetzten Europa nach Israel bis zu ihrem jetzigen Standort, wo sie in einer heruntergekommenen Wohnung in Tel Aviv verstauben, streng bewacht von einer labilen, exzentrischen Frau und Dutzenden von Katzen. Das Ergebnis ist eine verdrehte, bizarre Detektivgeschichte, deren Ironie und Absurdität auch dem großen Mann selbst nicht entgangen wäre.
FRANZ KAFKA
Regie: Piotr Dumala.
Polen, 1992
Lange: 16 Min.
Dumala verwendet vorwiegend Gipsbearbeitungs- und Maltechniken für seinen Versuch, Kafkas Seelenleben darzustellen: die Welt, gesehen aus der Perspektive seiner Kindheit und Jugend, seines schöpferischen Reifeprozesses und seiner Isolation. Die Inspirationsquellen für diesen Film stammen nicht nur aus Kafkas Tagebüchern, sondern auch aus seinen Romanen, Kurzgeschichten und Briefen.