Film Retrospektive Wolfgang Staudte

Staudte Foto: Wolfgang Staudte

10 bis 17.11.2018
Mar del Plata

Im Rahmen des Internationalen Filmfestivals Mar del Plata findet vom 10. bis zum 17. November eine große Retrospektive von Wolfgang Staudte statt, einer der unbequemsten und gleichzeitig menschlichsten deutschen Filmemacher. Die Retrospektive wird vom Goethe-Institut, dem Filmmuseum Düsseldorf und der Deutschen Botschaft in Buenos Aires unterstützt. Das Programm wurde von Filmkritiker und Kurator Olaf Möller kuratiert, der die Filme persönlich vorstellen wird.

Viele Jahre lang wurde Wolfgang Staudte (1906-1984) als der Meister schlechthin des deutschen Nachkriegskinos angesehen. Alle anderen Filmemacher kann man nur als Autoren aus der DDR oder aus der Bundesrepublik bezeichnen, auch wenn sie in beiden Ländern gearbeitet haben. Nur Staudte ist unzweifelbar eine Figur, die beiden Kulturen angehört.  Wie ist es dann möglich, dass man Staudte im heutigen Deutschland zwar immer noch verehrt, aber nicht mehr wirklich liebt? Vermutlich hängt dies damit zusammen, dass seine Filme allgemein als das Werk eines Moralisten angesehen werden. Der Filmemacher, der als Ruhestörer des Nachkriegsdeutschlands Meisterwerke schuf wie Die Mörder sind unter uns (1946), Kirmes (1960) oder Herrenpartie (1964), die alle in irgendeiner Form vom Nazideutschland handeln und dem, was davon übrig blieb. Das allein machte ihn in der politisch stürmischen und unbeständigen Bundesrepublik der 50er Jahre zu einer Zielscheibe der rechtskonservativen Kräfte und zu einem Referenten der fortschrittlicheren Gruppen. Man könnte auch sagen, das er ein Opfer war, ein verhindertes Genie, das sich nicht im Rahmen seiner Möglichkeiten entfalten konnte. Aber Wolfgang Staudte war viel mehr als ein frustrierter Rebell: wahrscheinlich war er der vollständigste deutsche Filmmemacher dieser Epoche. Einer der wenigen, der sein Handwerk so gut verstand, dass er einen so starken Action- und Kriminalfilm wie Fluchtweg St. Pauli – Großalarm für die Davidswache (1971) drehen konnte, eine flippige Musicalversion von Brechts Dreigroschenoper (1962) oder ein Feenmärchen über einen Jungen auf der Suche nach dem Glück wie Die Geschichte vom kleinen Muck (1953) in ein geniales filmexotisches Stück (mit einem beiläufigen sozialistischen Touch) verwandeln konnte, das ein ganzes Land über mehrere Generationen in seinen Bann zog. Und alle mit der gleichen, unverkennbaren Handschrift. Deshalb sollten wir wohl sagen: Wolfgang Staudte ist das Kino selbst. Und so, mit der Wiederentdeckung seines unglaublich fruchtbaren Werks, verlieben wir uns aufs Neue in den Film und vielleicht sogar mit viel mehr Leidenschaft!
Olaf Möller

Wolfgang Staudte wurde in Saarbrücken geboren und begann seine Laufbahn als Schauspieler. Sein Werk als Filmemacher war weit über die Grenzen der beiden deutschen Staaten hinaus bekannt. Auch führte er Regie in Werbefilmen und Fernsehserien. Er starb 1984 in Slowenien.

die Filme

Ins Grab kann man nichts mitnehmen
Deutschland
1941
 
Die Mörder sind unter uns
DDR
1946
 
Rotation
DDR
1948
 
Die Geschichte vom kleinen Muck
DDR
1953
 
Leuchtfeuer
Bundesrepublik Deutschland /
Schweden
1954
 
Kirmes
Bundesrepublik Deutschland
1960
 
Die Dreigroschenoper
Bundesrepublik Deutschland /
Frankreich
1962
 
Das Lamm
Bundesrepublik Deutschland
1964
 
Herrenpartie
Bundesrepublik Deutschland /
Jugoslawien
1964
 
Heimlichkeiten
Bundesrepublik Deutschland /
Bulgarien
1968
 
Fluchtweg St. Pauli – Großalarm für die Davidswache
Bundesrepublik Deutschland
1971
 
Zwischengleis
Bundesrepublik Deutschland
1978
 

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