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Bicultural Urbanite Brianna
Achtung, Saunameister!

Männer in der Sauna, Freiburg 1980.
Männer in der Sauna, Freiburg 1980. | © Wikimedia Commons

Freiluftsport wird im Winter ziemlich unerfreulich, und so treffe ich mich regelmäßig mit einer dänischen Freundin in einem lokalen Sportzentrum zum Badmintonspielen. Es ist eine willkommene Abwechslung, sich aus den ganzen dicken Kleidungsschichten schälen zu können, die volle Beweglichkeit unserer Gliedmaßen wiederzuerlangen und eine Stunde lang einem kleinen, gefederten Ball nachzurennen. Nachdem wir „Sport gemacht“ haben, wie die Deutschen sagen, begeben wir uns manchmal auf den Weg in die Sauna...

Von Brianna Summers

In der Umkleide ziehen sich meine Freundin und ich bis auf Handtücher und Flipflops aus, gemäß dem Textilverbot, das Badeanzüge verbietet, verwirrenderweise aber die Benutzung von Handtüchern vorschreibt. Wir gehen am Hallenfußballfeld und an Leuten vorbei, die Körbe werfen, bis wir schließlich in der Saunalandschaft angekommen sind. Das globale „Wellness“-Phänomen hatte zur Folge, dass deutsche Saunabereiche häufig mit diesem opulenten Ausdruck beschrieben werden, der vor dem geistigen Auge Bilder einer beinahe endlosen Oase der Entspannung aufsteigen lässt. Doch obwohl das Sportzentrum sich Mühe gegeben hat, eine Art tropischer Dschungelatmosphäre zu schaffen, gleichen seine Saunaanlagen leider eher einem schlecht beleuchteten Gewächshaus mit auf laminierte A4-Schilder gedruckten Regeln und Wegbeschreibungen.

Ich habe meine australische Prüderie längst überwunden und mich mit Begeisterung in die Saunakultur und die dazugehörige Nacktheit gestürzt – hauptsächlich deshalb, weil mein Mann Finne ist. Aber so gerne ich auch nackt in einem heißen, dunklen Raum in Helsinki sitze, auf die deutsche Version dieses schweißtreibenden Zeitvertreibs bin ich deutlich weniger erpicht. Anders als den Finnen ist es deutschen Saunabesuchern nicht erlaubt, Wasser auf die heißen Steine zu schütten, wenn ihnen nach einem erneuten Ansturm von Dampf ist. Sie müssen warten, bis der Saunameister kommt und es zu eigens festgelegten Zeiten für sie tut. In Deutschland ist dieser einfache Akt zu einem als Aufguss bekannten Ritual geworden. Der Aufguss-Zeitplan ist gut sichtbar ausgehängt, sodass die Leute ihren Saunabesuch um den Auftritt des Saunameisters herum planen können.

Gartensauna in Finnland. Gartensauna in Finnland. | © Brianna Summers Nach unserer jüngsten Badmintonsession gingen wir direkt in die kleinere Sauna, da wir wussten, dass in der Hauptsauna der Saunameister gleich den Aufguss zelebrieren würde. Wir wollten diesen möglichst vermeiden, da der Saunameister – oder die Saunameisterin –, nachdem er Wasser auf die Steine gespritzt hat, ein Handtuch um seinen Kopf schwingt, um den Dampf in dichten Wallungen erdrückender Hitze zu verteilen. Diese Prozedur wird mit einer ganzen Reihe von Wedel- und Wirbeltechniken mit dem Handtuch mehrmals wiederholt, die darauf ausgelegt zu sein scheinen, das Brennen auf der Haut und den Augäpfeln zu maximieren. Auch wenn es für zahlreiche deutsche Saunabesucher das Highlight ihres Wellnesserlebnisses ist, heißen Dampf ins Gesicht gepeitscht zu bekommen, fühlt es sich für mich eher wie ein Belastungstest für Herz und Kreislauf an, den nur die Stärksten überleben.

Die trockene Hitze in der kleineren Sauna erinnerte mich an den Hochofen-ähnlichen Melbourner Nordwind an einem 40 Grad heißen Tag. Als mir dieser Gedanke erst einmal gekommen war, erschien mir das Erlebnis nicht mehr ganz so „verjüngend für Körper und Seele“, wie Wellness-Gurus das gerne verkaufen. Es war Zeit für eine kalte Dusche. Nass und zitternd machten wir uns schnell auf den Weg in die Hauptsauna, wo gerade eine Gruppe nackter Männer mit Bierbäuchen in unterschiedlichen Größen hinaus in die eiskalte Luft stolperte, während von ihren Körpern in großen Wolken Dampf aufstieg. Sie hatten soeben den Aufguss genossen (oder ertragen) und machten sich jetzt ein Bier auf. Für uns hätte das Timing nicht besser sein können. Wir hatten die gesamte Sauna für uns und es war noch mehr als genug Feuchtigkeit in der Luft.

Bis 2006 wurde Berlins Badeschiff in den Wintermonaten regelmäßig in ein Hallenbad mit Sauna umgewandelt. Bis 2006 wurde Berlins Badeschiff in den Wintermonaten regelmäßig in ein Hallenbad mit Sauna umgewandelt. | © Wikimedia Commons Zwischen all dem und meiner (sehr beschränkten) Erfahrung mit Saunas in Australien liegen Welten. Dort wimmelt es nur so von Bikinis und Boardshorts, und ich habe sogar schon Leute gesehen, die auf ihren iPhones herumscrollen, während sie so richtig ins Schwitzen zu kommen versuchen. Als wir einmal in einer Sauna auf der Mornington-Halbinsel hockten, seufzte mein Mann auf, als er ein Schild bemerkte, das es den Leuten verbot, Wasser auf die heißen Steine zu gießen – aber glücklicherweise war weit und breit zumindest kein Aufguss-Zeitplan in Sicht.

 

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