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Bicultural Urbanite Brianna
Herz und Seele der Stadt

Bunte Farbpracht: Kolumbianer beim Karnevalsumzug 2018.
Bunte Farbpracht: Kolumbianer beim Karnevalsumzug 2018. | © Frank Loehmer

Jeden Sommer nutzt Berlin das lange Pfingstwochenende für ein riesiges multikulturelles Straßenfest namens ‚Karneval der Kulturen‘. Vier Tage lang kommen im Juni Berliner jeglicher Couleur zusammen, um zu essen, zu trinken und in bunten Kostümen herumzustolzieren, die von traditionell bis wahrhaft bizarr reichen. In Zeiten, zu denen spalterische und populistische politische Parteien in Deutschland und darüber hinaus weiter an Boden gewinnen, ist eine bessere Art schwer vorstellbar, den Schwarzsehern zu zeigen, dass es um ‚Multikulti‘ in Berlin bestens bestellt ist.

Von Brianna Summers

Laut Statistischem Bundesamt ist jeder vierte Berliner Ausländer. 193 Nationalitäten leben in der Hauptstadt, in erster Linie Türken, gefolgt von Polen, Italienern, Serben und Russen. Australier sind ebenfalls ein Teil der multikulturellen Struktur der Stadt geworden. Aber auch wenn die Zahl der Australier in den letzten Jahren rapide zugenommen hat, machen wir dennoch nur einen winzigen Bruchteil der Zugezogenen aus, die in Berlin zuhause sind.

Ein australischer Freund und ich beobachten den Straßenumzug. Er leistete unbeabsichtigt einen Beitrag zu den Festlichkeiten, indem er die australische Nationaltracht trug. Ein australischer Freund und ich beobachten den Straßenumzug. Er leistete unbeabsichtigt einen Beitrag zu den Festlichkeiten, indem er die australische Nationaltracht trug. | © Brianna Summers
Ich hörte zum ersten Mal vom Karneval der Kulturen, als ich 2006 als Praktikantin in einem touristischen Buchladen Unter den Linden schuftete (Stichwort Generation Praktikum). Mein alternder Boss hatte eine Promo-DVD namens „Alles über Berlin“ produziert, in denen er die Vorzüge des Karnevals in den höchsten Tönen lobte: „Für mich sogar noch besser als die Loveparade.“ Die Kunde vom Karneval der Kulturen hatte es noch nicht bis nach Australien geschafft, aber von der Loveparade hatte ich selbstverständlich gehört. Für meine 22-jährigen Ohren klang ein von Friede, Freude, Eierkuchen inspiriertes Festival mit elektronischer Tanzmusik wie die aufregendere Option.

JAPAN TRIFFT JAMAIKA

Auf die Loveparade schaffte ich es nie, aber 2010 besuchte ich zum ersten Mal den Karneval. Meine Freunde und ich hatten gehört, dass Wax Treatment als Teil der Festlichkeiten ein spezielles Open-Air-Event ausrichtete, und so beschlossen wir, den Massen die Stirn zu bieten und uns nach Kreuzberg aufzumachen. Hinter unserem Lieblingsclub, dem Horst Krzbrg, war das legendäre Killasan-Soundsystem für einen Nachmittag mit Dub, (Pre-Skrillex-)Dubstep und UK Bass aufgebaut. Diese hochaufragende Wand aus leistungsstarken Boxen stammt ursprünglich aus Japan und ist speziell dafür ausgelegt, die inneren Organe aller Umstehenden durchzumassieren. Von einem jamaikanischen Barbecue stieg Rauch auf, während die bunt gemischte Menge zur Musik wippte und schaukelte: Rastas und Wigger, Anwohner und Touristen, und neugierige Zuschauer in seltsam anmutenden Kostümen.

GLOBAL VILLAGE KREUZBERG

Herz und Seele des Karnevals der Kulturen ist jedoch das „Global Village Kreuzberg“ rund um den Blücherplatz. Diese Ansammlung von Bühnen und Informationsständen unterhält und erhellt die Massen mit einer Mischung aus Konzerten, Theater und familienfreundlichen Aktivitäten. Food Trucks servieren von Naan-Wraps und Pulled Pork bis hin zu Käsespätzle und taiwanesischen Burgern quasi alles. Das Highlight des Wochenendes ist der Straßenumzug am Sonntag, der im letzten Jahr laut Karneval-Website aus 4.000 Tänzern, Musikern, Darstellern und Aktivisten bestand. Während des Umzugs kann man Kreuzberger Eltern beobachten, die kleine Trittleitern mit sich herumschleppen und in regelmäßigen Abständen aufstellen, damit ihre Kinder auch etwas mitbekommen.
Eine lokale Band rockt am Mehringdamm in Kreuzberg. Eine lokale Band rockt am Mehringdamm in Kreuzberg. | © Brianna Summers
Der Karneval der Kulturen wurde 1996 als Reaktion auf zunehmenden Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Berlin ins Leben gerufen und ist mehr als nur eine bunte Feier verschiedener Kulturen. Das erklärte Ziel der Organisatoren ist es, die Integration zu fördern und eine Plattform zu schaffen, auf der Gruppen ihre Vision für die Zukunft teilen können.

Ob man sich wie ein Paradiesvogel kleiden, einen holländischen Holzschuhtanz aufführen oder einfach nur einen Eimer gedünstete Teigtaschen verputzen möchte, beim Karneval kann jeder sein, wie er will, und sich gleichzeitig zu dieser unvergleichlichen Stadt bekennen.

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