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Bicultural Urbanite Luke
Vom Winde verweht: Eine Hommage an die Berliner Parteitage von gestern

Artikelbild für Berliner Klub Eintrag
© Tsari Paxton

In letzter Zeit sind eine ganze Reihe Berliner Kultclubs geschlossen worden, was bei den Szenegängern Sorge über die Zukunft einer Stadt, die ihre moderne Identität auf den Reizen und Idealen der Underground-Clubkultur aufgebaut hat, auslöste.

Text vom Luke Troynar, Bilder vom Tsari Paxton

Vor ein paar Monaten gab nun auch der Berliner Farbfernseher bekannt, dass er seine Türen für immer schließen wird. Die Nachricht kam kurz nachdem der Riverside Techno Favorit Arena bis auf absehbare Zeit seinen letzten Rave veranstaltet hat. Dadurch wachsen Spekulationen, dass die im Ostkreuz geplante Autobahn wahrscheinlich einige der beliebtesten Partylocations, darunter auch ://aboutblank und Wilde Renate, zur Schließung zwingen wird. Zusätzlich gibt es auch weitverbreitete Gerüchte auf dem Dancefloor, dass der dekadente Neuköllner Hotspot Griessmühle wegen bevorstehender Sanierungspläne nun ebenfalls zum letzten Mal in dieser Saison auf die Pauke hauen könnte (wobei ich dies noch nicht zu 100% bestätigen konnte).
 
Um noch mehr Salz in die Wunden zu streuen, ging der Sommerliebling - Technoclub Club der Visionäre - buchstäblich in Flammen auf und ist wenige Wochen vor der Hauptsaison regelrecht abgefackelt. Während dieser Vorfall offensichtlich kein geplanter Ladenschluss war, erschien dieses Timing sehr symbolisch für das drohende Aussterben der legendären Berliner Underground-Clubszene. Berghain

Der scheinbare Verlauf dieser Situation hat nicht nur Wellen süßer Nostalgie ausgelöst, sondern auch zu der Frage geführt: Nähern wir uns dem Ende einer Ära? Wird die unvergleichliche Authentizität, der Hedonismus und die Vielfalt der Berliner Technokultur durch die unvermeidliche Kommerzialisierung einer wachsenden Hauptstadt nach und nach verschluckt? Wird Berlins internationaler Ruf als der beste Ort der Welt, an dem man die Zeit seines Lebens verbringen kann, bald der Vergangenheit angehören? Es ist zwar noch nicht abzusehen, wie sich die Dinge genau entwickeln werden - vielleicht wird eine neue Welle gegenkultureller Veranstaltungen als Reaktion auf die gegenwärtigen Umstände auftreten - aber es ist auch nicht zu leugnen, dass sich die Zeiten tatsächlich ändern.

Pause vom Tanzen Natürlich hat sich nicht nur Berlin verändert. Ein Grund dafür, dass diese schwindelerregenden Tage endlosen Vergnügens auf der Tanzfläche sich für mich und meine Kohorte wie vom Winde verweht anfühlen, ist, dass wir nicht länger in unseren sorglosen Zwanzigern sind. Wir sind erwachsen geworden: Unsere Prioritäten und unser Lebensstil haben sich verändert, und wir haben unsere unbeschwerten Tage der Jugend - in schwach beleuchteten Räumen - größtenteils hinter uns gelassen. Und dennoch hat auch die Stadt sich verändert. Vorbei sind die Zeiten der 4-Euro-Clubs, die an jeder Ecke auf uns warteten. Stattdessen kosten Eintritte nun bis zu 20 Euro und ein Kopfgeld obendrauf.
 
Es geht mir hier nicht darum, mich im Gedenken lang vergangener Tage in Mitgefühl zu wälzen, oder noch mehr Angst vor dem wachsenden Druck neoliberaler Kräfte auf viele der geliebten Kernattribute Berlins zu verbreiten (obwohl letzteres durchaus gerechtfertigt wäre).

Fokus auf der Tanzfläche Vielmehr geht es darum wertzuschätzen, wie gut ich und meine Leute es hatten, als wir hier 2010 eintrafen, während der wahrscheinlich letzten Stunden der vielgepriesenen "goldenen Tage" Berlins.

Rückblickend war es eine Zeit der ungezügelten Euphorie, des vagen Optimismus und der glückseligen Naivität - als die Mieten noch den gleichen Preis hatten wie unser monatliches Supermarktbudget, und der größte Stress, den das Leben in dieser Stadt mit sich brachte, es war, daran zu denken irgendwann vom Club wieder nach Hause zu gehen.

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