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Wir entschuldigen uns für die Verzögerung

Die offizielle Eröffnung des Terminals 1 des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg
Die offizielle Eröffnung des Terminals 1 des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg | Foto: Thomas Trutschel/Photothek

Nach 14 langen Jahren wurde der Flughafen Berlin-Brandenburg endlich eröffnet. Endlose technische Debakel, sechs verschobene Eröffnungstermine und ein Budgetverlust von rund vier Milliarden Euro machten das Infrastrukturprojekt zum Witz des Jahrhunderts. Was genau ist da denn nur so schiefgelaufen? Und wie sieht die Zukunft für Tegel aus, Berlins inzwischen stillgelegtem internationalen Flughafen?
 

Von Brianna Summers

Im Jahr 2006 schaufelte ein jugendlich aussehender Bürgermeister Wowereit bei einem Spatenstich in Schönefeld fröhlich Dreck. Der Fototermin markierte den Baubeginn für den Flughafen Berlin-Brandenburg (BER), ein Infrastrukturprojekt, das den Ruf der deutschen Hauptstadt als internationales Drehkreuz von Weltklasse stärken soll. Politiker und Unternehmensvertreter lächelten für die Kameras, als sie glückselig Erde durch die Luft schleuderten, ohne auch nur den geringsten Schimmer von den bevorstehenden Verzögerungen und Budgetkürzungen zu haben.

BER sollte den bereits bestehenden Flughafen Schönefeld drastisch erweitern und damit den Weg für die Schließung von Tegel ebnen, dem kleinen und veralteten internationalen Flughafen der Stadt. Der neue Flughafen sollte ursprünglich im Oktober 2011 eröffnet werden, aber es wurde sehr schnell klar, dass diese Frist nicht eingehalten werden würde. Schon ziemlich zu Beginn traten Probleme auf, einschließlich der Insolvenz eines der am Projekt beteiligten Planungsunternehmens. Obwohl das Gebäude bis 2011 zwar rein technisch gesehen stand, entdeckten die Gutachter jedoch Probleme mit dem Brandschutzsystem und zahlreiche andere Mängel, sodass die Türen des Flughafens geschlossen blieben. Die geschätzten Kosten stiegen von zwei Milliarden auf mehr als vier Milliarden Euro, und die Eröffnung wurde auf Oktober 2013 verschoben. Nachrichtenwebsite Der Postillon macht einen Witz über BER Die satirische Nachrichtenwebsite Der Postillon war mit seinem Spott sicherlich nicht allein | © Der Postillon

Ein echter Witz


Ungefähr zu dieser Zeit schuf irgendein Witzbold in den sozialen Medien eine fiktive Veranstaltung namens „BER-Flughafeneröffnungsparty am 1. April 2025“, an der ich zusammen mit rund 100.000 anderen teilnahm. All die Pannen und Verspätungen standen in einem krassen Widerspruch zu Deutschlands Stereotyp als ein äußerst praktisches und pünktliches Land, und das Flughafenprojekt wurde so zu einem gängigen Witz und Bestandteil zahlreicher Memes. Ein besonders beliebtes Meme, das sich mit dem Thema „Chuck Norris Facts“ befasst, zeigt das Image des amerikanischen Schauspielers als knallharten Kerl, der übermenschliche Leistungen vollbringen kann: „Chuck Norris übernimmt ab sofort die Leitung des Berliner Flughafens. Morgen um 7:30 Uhr ist Eröffnung!“

Chuck hat dann jedoch leider doch nicht den Tag gerettet und die 2013 Deadline kam und ging. 2015 musste der Bau dann komplett eingestellt werden, nachdem festgestellt wurde, dass Teile des Belüftungssystems viel zu schwer waren und demnach unter Umständen auf die Passagiere stürzen könnten. Nicht gerade ein großartiger Verkaufspunkt. Anfang 2017 wurde dann die Öffnung aufgrund unkontrollierbarer automatischer Türen und defekter Sprinkleranlagen auf 2018 verschoben. Die Fehlerkomödie setzte sich Ende 2017 fort, als externe Gutachter riesen Probleme mit den Brandschutzmaßnahmen und Notfallalarmsystemen des Flughafens ans Tageslicht brachten. Ein neues (sehr großzügiges) Datum wurde festgelegt: Oktober 2020.
Das Gebäude des Flughafens Tegel wurde 1974 fertiggestellt Das Gebäude des Flughafens Tegel wurde 1974 fertiggestellt | © Ekaterina Zershchikova/BER Rund 14 lange Jahre nach dem ersten Spatenstich ist es dann kaum zu glauben, dass der BER tatsächlich endlich einsatzbereit ist. Ich wohne seit etwas mehr als 14 Jahren in Berlin und der verpfuschte Bau ist daher ein fester Bestandteil meiner Zeit hier in Deutschland. Die lang erwartete Eröffnung war verständlicherweise eine eher bescheidene Angelegenheit. Auf einer recht oberflächlichen Pressekonferenz begann Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer so seine Rede: „Diese Eröffnungsveranstaltung…normalerweise wäre die Anrede gewesen, hohe Festversammlung. Wir kennen die Gründe, warum es jetzt anders ist. Es ist auch kein Jubeltag. Es ist ein Arbeitstag.“ In den sozialen Medien wurde diese fiktive Eröffnungsveranstaltung nur so mit Kommentaren übersäht, in denen das sechs Milliarden Euro Preisschild sarkastisch gelobt und die Flughafengesellschaft dazu beglückwünscht wurde, dass sie das Projekt volle fünf Jahre vor dem gefälschten Starttermin abgeschlossen hatte.

Auf Wiedersehen, Tegel


Während sich in Schönefeld das Bau-Drama abspielte, starb im Norden der Stadt der Flughafen Tegel einen langsamen Tod. Jetzt hat er nach einem recht langen Leben dann doch endlich den Löffel abgegeben. Die ersten Start- und Landebahnen wurden 1948 während der Blockade West-Berlins durch die Sowjetunion in Tegel gebaut und wurden von alliierten Flugzeugen im Rahmen der Berliner Luftbrücke genutzt. Tegels ikonisches sechseckiges Flughafengebäude wurde 1974 eröffnet, was sein Star Wars-Design erklärt. Dieses schräge Design, das 2019 unter Denkmalschutz gestellt wurde, wird auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben, unabhängig davon, was am Ende mit dem Gelände passiert.

Ein Aschenbecher in einer Toilettenkabine auf dem Flughafen Tege Bequemlichkeit der 1970er Jahre: Ein Aschenbecher in einer Toilettenkabine auf dem Flughafen Tegel | © Brianna Summers Tegel war mein Tor nach Melbourne. Die veralteten Armaturen waren je nach Geschmack bescheuert oder charmant, und jedes Tor hatte seinen eigenen Mini-Sicherheitskontrollpunkt. Rote Plastikaschenbecher in den Toilettenkabinen erinnern an eine Zeit, in der Raucher auf dem Klo noch weiter rauchen konnten. Ein Kiosk in einem umgebauten S-Bahn-Wagen servierte hungrigen Fahrgästen Berliner Currywurst, bevor sie mit einer echten S-Bahn in die Stadt fuhren. Kurz vor der Schließung war die Besucherterrasse des Flughafens monatelang ausgebucht und die Fans haben TXL-Merchandise ergattert, vielleicht in der Hoffnung, dass „I ❤ TXL“ Schneekugeln und Tragetaschen eines Tages zu Sammlerstücken werden.

Da sich die Coronavirus-Pandemie in ganz Europa immer noch von Tag zu Tag verschlimmert, war Oktober 2020 nicht gerade der beste Zeitpunkt, um einen neuen Flughafen zu eröffnen. Der Flugverkehr in Deutschland ist laut Tagesschau nur noch etwa ein Viertel des Luftverkehrs von vor einem Jahr. BER eröffnet daher zu einer eher ungünstigen Zeit, ist mit einem Mangel an Reisenden konfrontiert und mit massiven Schulden belastet. Es scheint recht offensichtlich, dass der Flughafen in den kommenden Jahren Subventionen benötigen wird. In Tegel ist die Prognose jedoch etwas sonniger und es ist geplant, das Flughafengebäude und das umliegende Gelände in ein neues Stadtviertel mit Bildungseinrichtungen, Unternehmen und neuen Wohnungen für 10.000 Menschen zu verwandeln.

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