Berlinale-Blogger 2020
Dunkle Bilder, düstere Geschichten

Foto (Detail) Welket Bungué in „Berlin Alexanderplatz”, Regie Burhan Qurbani
Foto (Detail): Welket Bungué in „Berlin Alexanderplatz”, Regie Burhan Qurbani | © Frédéric Batier/2019 Sommerhaus/eOne Germany

„Berlin Alexanderplatz“, „Undine“ und „Schwesterlein“ – gleich drei Wettbewerbsfilme spielen in Berlin. Es geht um Verbrechen, Liebe und Tod.

Von Philipp Bühler

Warum nicht als Eröffnungsfilm? Die Erwartungen an Burhan Qurbanis Berlin Alexanderplatz sind natürlich riesig – aber vielleicht wollte der neue Festivalleiter Carlo Chatrian den Lokalpatriotismus ein wenig dämpfen, indem er den Film nicht an erster Stelle auf die Leinwand brachte.
 
In gleich drei Wettbewerbsfilmen spielt Berlin eine Hauptrolle – wobei die Neuadaption von Alfred Döblins 1929 erschienenem Roman besonders heiß erwartet wird. Qurbani, Regisseur von Wir sind jung, wir sind stark (2015), verlegt die Geschichte in die Gegenwart. Francis heißt der Nachfahre der Hauptfigur Franz Biberkopf aus dem Roman. Er ist jetzt ein junger afrikanischer Flüchtling, der sich nach der knappen Rettung auf hoher See schwört, ein guter Mensch zu werden. In Berlin allerdings gerät er in einen Strudel aus Verbrechen und Gemeinheit – vermutlich geht es auch dieses Mal nicht gut aus. Der legendären Fernsehserie von Rainer Werner Fassbinder wurde 1980 vorgeworfen, zu dunkel zu sein, einzelne Bilder waren kaum mehr zu erkennen. Die ersten Eindrücke des neuen Films versprechen ein ähnliches Erlebnis.

Verwunschene Liebe unter Wasser

Eher „düstere“ Filme mit einem neuen Blick auf „das Verhältnis der Gegenwart zur Vergangenheit“ sind laut Chatrian überhaupt das Merkmal dieses Wettbewerbs. Auch Festival-Dauergast Christian Petzold interpretiert einen alten Stoff neu: Undine erzählt die Geschichte des mythischen Wasserwesens, dazu bestimmt, seine untreuen Liebhaber zu töten. Doch die moderne Undine, inzwischen angestellte Historikerin des Berliner Senats, verweigert sich ihrer Bestimmung. Nach Transit (2018) arbeitet Petzold hier wieder mit seinen Darsteller*innen Paula Beer und Franz Rogowski, es gibt offenbar viele Unterwasserszenen, für die sich der Regisseur von Klassikern wie Richard Fleischers 20.000 Meilen unter dem Meer (1954) inspirieren ließ.

Liebe, Tod und Wiedergeburt

Schließlich taucht auch das Schweizer Regieduo Stéphanie Chuat und Véronique Reymond in den Berliner Untergrund und präsentiert mit Schwesterlein eine tragische Theatergeschichte um die ausgebrannte Dramatikerin Lisa, die ihrem todkranken Zwillingsbruder Sven mit einem neuen Stück zu einer letzten Rolle verhelfen will. Nina Hoss und Lars Eidinger, beide gleichermaßen berühmt für ihre intensiven Darstellungen, spielen die Hauptrollen in diesem Film um Liebe, Tod und Wiedergeburt. Vielleicht bekommt ja auch die Berlinale dieses Jahr einen neuen Schub!

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