Berlinale-Blogger 2020
Fünf deutsche Filmhighlights der Berlinale 2020

Franz Rogowski in Christian Petzolds Film „Undine“
Franz Rogowski in Christian Petzolds Film „Undine“ | Foto: (Detail) © Hans Fromm / Schramm Film

Ob in Deutschland gefilmt oder von deutschen Filmemachern anderswo inszeniert, diese fünf Filme der Berlinale 2020 sind definitiv einen näheren Blick wert.

Von Sarah Ward

Jedes Jahr im Februar nimmt die Berlinale 11 Tage lang Berlin ein und bringt auch gleichzeitig die Filmwelt in die Stadt. Für jedes seiner 70 Veranstaltungsjahre hat das Filmfestival auch ebenso viele wichtige Aufgaben erfüllt: die neuesten und besten Filme aus Deutschland zu zeigen, die von deutschen Filmemachern produziert wurden oder sonst irgendwie mit dem Land zu tun haben.
 
Genauso ging es natürlich auch in 2020 weiter – und dieses Jahr erweis sich das deutsche Kontingent der Berlinale wieder als sehr abwechslungsreich. Manche gingen mit Preisen nach Hause. Andere erwiesen sich als eher klischeehaft, selbst mit wohlbekannten Talenten. Und einige hoben sich vom Rest ab, wie zum Beispiel diese fünf deutschen Filmhighlights.

Undine

Zwei Jahre nachdem Transit im offiziellen Wettbewerb der Berlinale gezeigt wurde, arbeiteten Christian Petzold, Paula Beer - die mit einem silbernen Bären als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde -, und Franz Rogowski, in einem genauso atemberaubenden Film zusammen, der sich auf vielfältige Weise als glorreich ähnlich und gleichzeitig auch bezaubernd anders erweist. In Petzold‘s womöglich phantasievollstem Spielfilm dreht es sich um den Mythos eines Wassergeistes in menschlicher Form – modernisiert und gespielt im heutigen Berlin. Er setzt damit die anhaltende Faszination des Schriftstellers/ Regisseurs für die Spuren, die die Vergangenheit in der Gegenwart hinterlässt, fort - mit der anziehenden Beer einfach hervorragend in der Hauptrolle.

Exil

Der im Kosovo geborene Filmemacher Visar Morina ist in einem Wirbel aus alltäglicher Fremdenfeindlichkeit und möglicher Paranoia gefangen und beschäftigt sich mit einem Thema von zunehmender Beliebtheit und anhaltender Relevanz im deutschen Kino. In der Erkundung, eines tief verwurzelten Rassismus, hinterfragt der ebenfalls im Kosovo geborene und heute in Deutschland lebende Pharmaingenieur Xhafer (Mišel Matičević) die Motive seiner Kollegen, als sie anfangen ihn auf der Arbeit anders zu behandeln. Matičević, ehemaliger Schüler des Berliner Ensembles und des Deutschen Theaters, ist einfach fantastisch, als sich quälender Protagonist, in Exil, während Sandra Hüller - als seine deutsche Frau, die glaubt, dass sich alles nur in seinem Kopf abspielt -, so natürlich und doch mächtig, wie eh und je, erscheint.
Eine Szene von "One of These Days"
Eine Szene von "One of These Days" vom deutschen Filmemacher Bastian Günther | © Michael Kotschi / Flare Film

One of these days

Für sein viertes Mal, in voller Länge hinter der Linse, reist der deutsche Filmemacher Bastian Günther in eine Stadt im Süden der USA, um eines der seltsamsten Phänomene des Kapitalismus aufzuzeichnen. Zwar gibt es nicht nur in Amerika Ausdauerwettbewerbe, aber dennoch sagt dieses äußerst einfühlsame Drama, in dem eifrige Fremde in einem amerikanischen Kleinstädtchen Tag und Nacht um einen Lastwagen herumstehen, in der Hoffnung, ihn am Ende mit nach Hause nehmen zu können, doch alles über den Zustand des amerikanischen Traumes aus. One of These Days ist nicht nur geschickt und einfühlsam inszeniert, sondern auch hervorragend besetzt. Joe Cole von A Prayer Before Dawn und Carrie Preston von True Blood sind wirklich herzzerreißend, als zwei Menschen auf verschiedenen Seiten des Wettbewerbs.

Ohne Titel (ursprünglich Curveball)

Einer der Gala-Filme der Berlinale 2020 hat derzeit keinen Titel, was seiner seltsamen und surrealen wahren Geschichte ein weiteres Kapitel hinzufügt. Ursprünglich hieß Johannes Nabers neuester Spielfilm Curveball, nach dem Codenamen eines Informanten - ein irakischer Asylbewerber -, der angab, an der Herstellung chemischer Waffen für Saddam Hussein beteiligt gewesen zu sein. Aus rechtlichen Gründen ist der Name des Films derzeit umstritten. Die Details dieser seltsamen, aber vollständigen Geschichte bleiben jedoch sowohl absurd als auch faszinierend, sind aber in diesem ausgefeilten und oft amüsanten Drama sehr spannend erzählt.

Nackte Tiere

Nackte Tiere erhielt eine lobende Erwähnung für den besten Nachwuchsfilmpreis und lässt den Zuschauer in eine inselartige Welt von fünf Teenager hinein - Katja (Marie Tragousti), Sascha (Sammy Scheuritzel), Benni (Michelangelo Fortuzzi), Laila (Luna Schaller) und Schöller (Paul Michael Stiehler) - die ihre eigene provisorische Familie gegründet haben. Die Autorin/ Regisseurin Melanie Waelde erzählt mit ihrem Spielfilmdebüt ihre intime und tief empfundene Geschichte über das Erwachsenwerden, wobei sich alles um eine unvermeidliche Tatsache dreht: Jugend und Veränderung gehen immer Hand in Hand.

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