Carola Lentz zur neuen Präsidentin des Goethe-Instituts gewählt


Carola Lentz © @ Angelika Leuchter/Wissenschaftskolleg zu Berlin Carola Lentz @ Angelika Leuchter/Wissenschaftskolleg zu Berlin
Carola Lentz wird die neue Präsidentin des Goethe-Instituts. Sie wurde am 27. September 2019 einstimmig durch den Vorstand des Goethe-Instituts gewählt. Am 19. November 2020 wird die international renommierte Anthropologin die Position von Klaus-Dieter Lehmann, dem derzeitigen Präsidenten des Instituts, übernehmen.
Der Verwaltungsrat wählt den Präsidenten oder die Präsidentin des Goethe-Instituts für eine Amtszeit von vier Jahren. Zu den Aufgaben des Verwaltungsrates zählen unter anderem die Verabschiedung von Beschlüssen zur Führung der Arbeit des Instituts sowie die langfristige strategische Planung.
 
Carola Lentz hat Soziologie, Politikwissenschaft, Germanistik und Erziehungswissenschaft an der Universität Göttingen und der Freien Universität Berlin studiert. Mit zwei staatlichen Bildungsdiplomen setzte sie ihre Ausbildung in Agrarwissenschaften für die Tropen und Subtropen sowie in Ethnologie fort. 1987 verteidigt sie ihre Doktorarbeit in Soziologie an der Universität Hannover. Als Empfängerin eines Postdoc-Stipendiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft, habilitiert sie 1996 und wird Professorin für Sozialanthropologie und Afrikastudien an der Fakultät für Ethnologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt. Im Jahr 2002 erhält sie eine Stelle als Professorin für Ethnologie und Afrikastudien an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, wo sie bis zum Jahr 2019 arbeitet, bevor sie in den Ruhestand geht.
https://www.blogs.uni-mainz.de/fb07-ifeas-eng/academic-staff-university-professors/prof-dr-carola-lentz/

Ihre besondere Vorliebe in der Forschung gilt den Themen der Ethnizität, des Nationalismus, Kolonialismus, der Erinnerungspolitik und der Mittelschicht des Südens. Sie forscht zunächst in Südamerika und seit 1987 regelmäßig in Westafrika. Zu ihren Veröffentlichungen zählen unter anderem „Remembering Independence“ (2018), „Land, Mobility, and Belonging in the West African Savanna“ (2013), für das sie im Jahr 2014 den Melville J. Herskovits-Preis der African Studies Association erhielt, und das kollektive Werk „Histoire du peuplement et relations interethniques au Burkina Faso“ (dt. „Siedlungsgeschichte und interethnische Beziehungen in Burkina Faso“) (2003), veröffentlicht vom Karthala Verlag in Zusammenarbeit mit Richard Kuba und Claude Nurukyor Somda.
 
Carola Lentz unternimmt zwischen 1987 und 1996 Forschungsreisen in den Nordwesten Ghanas zu den Themen der Ethnizität, beruflicher Migration (Arbeiter in Goldmienen), Kulturfestivals, zur Kolonialgeschichte und Entkolonialisierung und der aktuellen Rolle traditioneller Chefs. Ab 1997 forscht sie im Rahmen einer Kooperation der Universität in Frankfurt und der Universität Joseph Ki-Zerbo Ouaga I in Burkina Faso zu den Provinzen Ioba, Bougouriba und Sissili.
Fünf Jahre lang führt sie Feldstudien zum Thema Siedlungsgeschichte und interethnische Beziehungen, Landrechte und Identitätspolitik durch. Dieses Forschungsprojekt profitiert von einer fruchtbaren Zusammenarbeit der Professoren Claude Nurukyor Somda (leider verstorben) und Magloire Somé (Universität Ouaga I) und Dr. Peter Claver Hien (CNRST Ouaga). Seit 2013 betreut Carola Lentz ein Forschungsprojekt zu Nationalfeiertagen, das von Marie-Christin Gabriel in Burkina Faso und Konstanze N'Guessan in der Elfenbeinküste sowie von ihr selbst in Ghana geleitet wird. Das Projekt untersucht die Inszenierung und Umsetzung nationaler und subnationaler Identitäten und Unterschiede bei nationalen afrikanischen Feierlichkeiten.
https://www.ifeas.uni-mainz.de/archive-am-institut-fuer-ethnologie-und-afrikastudien/archiv-westafrikanische-siedlungsgeschichte/
 
Gastprofessuren und Stipendien in Europa (Frankreich und Niederlande), Amerika (USA und Ecuador) und Afrika (Ghana, Burkina Faso, Mali, Elfenbeinküste und Südafrika) machen sie zu einer facettenreichen Persönlichkeit, sowohl akademisch als auch durch ihr Wissen über die Welt. Von Herbst 2017 bis Sommer 2018 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Carola Lentz arbeitet derzeit, unter anderem in ihrer Funktion als Vizepräsidentin der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg, an einem Buchprojekt zusammen mit Isidore Lobnibe, einem ghanaischen Anthropologen und Professor für Anthropologie in den Vereinigten Staaten, und Stanislas Meda Bemile, ehemaliger Generalsekretär des Ministeriums für Kultur, Kunst und Tourismus von Burkina Faso. Dieses Projekt analysiert die Geschichte der Erinnerung einer afrikanischen Familie, die sich an der Grenze zwischen Ghana und Burkina Faso befindet und in die sie 1987 adoptiert wurde. Das resultierende Buch und der Film werden zeigen wie die wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Umwälzungen der Kolonial- und Postkolonialzeit die Lebensweise, das Erinnern und den Zusammenhalt einer typischen westafrikanischen Familie bis heute verändert haben. https://trafo.hypotheses.org/11377
 
Perspektiven für das Goethe-Institut und die Region Subsahara Afrika:
"Die Wahl von Carola Lentz an der Spitze des Goethe-Instituts ist ein starkes Signal, sehr positiv für unsere Institution, die die Weltkulturinstitution der Bundesrepublik Deutschland ist und in 98 Ländern mit 157 Instituten tätig ist.
Afrika befindet sich in der Dynamik eines raschen Wandels, der eine Kenntnis der Komplexität des Kontinents und der Geschichte seiner Länder erfordert (Traditionen und Kulturen, familiäre und politische Strukturen, koloniale Vergangenheit und postkoloniale Herausforderungen). Das Goethe-Institut in Subsahara Afrika als weltweites Instrument der sprachlichen und kulturellen Zusammenarbeit Deutschlands, trägt eine große Verantwortung in Anbetracht dieser Herausforderungen und unsere Arbeit kann einen großen Einfluss auf die Entwicklung eines unabhängigen und vielversprechenden Kultur- und Bildungssektors haben. Die Kenntnis der Region, die gesammelten Erfahrungen in der Zusammenarbeit und die Sensibilität von Carola Lentz für Interkulturalität sind ein klarer Gewinn für das Goethe-Institut bei der Entwicklung seiner Strategien für die kommenden Jahre.“ (Carolin Christgau, Direktorin des Goethe-Instituts Burkina Faso)

Für Stanislas Bemile Meda "ist diese Wahl der Höhepunkt der Bemühungen einer Lehrenden und Forschenden, die sich bereits seit mehr als dreißig Jahre dem Streben nach Wissen über die pluralistische Menschheit widmet, Wissen der Völker, die auf ihre kulturellen Werte stolz sind und bereit, ihr reiches Erbe zu sichern, um es mit dem Rest der Welt zu teilen. Angesichts der Großzügigkeit dieser Intellektuellen (sie gründete 2018 eine Stiftung, den Tuonianuo Educational Fund, der benachteiligte Kinder für ihren Schulbesuch unterstützt) und ihrer menschlichen Qualitäten, besteht kein Zweifel, dass das Goethe-Institut von ihrem enormen beruflichen und familiären Netzwerk profitieren wird, das sie während ihrer vielen Reisen um die Welt und insbesondere durch Westafrika aufgebaut hat."


Publikationen von Carola Lentz:
https://www.ifeas.uni-mainz.de/files/2019/09/Publications_2019.pdf

 

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