Narin Mehmed

Wie findest Du das Online-Lernen von zu Hause aus? Was findest Du daran gut, was nicht so gut? Was macht Dir am meisten Spaß?

Schulen zu schließen und mit dem sogenannten „Online‑Lernen“ zu beginnen, war eher ein unerwartetes Abenteuer. Noch unerwarteter war jedoch die Dauer dieses Abenteuers, welche mehr als ein Jahr betrug. Darüber hinaus es war für eine introvertierte Person wie mich ein absolutes Vergnügen, bequem von zu Hause aus zu lernen, wo mein persönlicher Raum nicht so verletzt wurde. Ich hatte die Möglichkeit, nur mit den Menschen zu kommunizieren, mit denen ich wollte. Sehr vorteilhaft am Online‑Lernen fand ich, dass es mir ein besseres Zeitmanagement ermöglicht hat. So sparte ich mir den Schulweg – durchschnittlich eine Stunde pro Tag – und als Ergebnis hatte ich viel mehr Zeit für Erholung und Hobbys, was mir die Präsenzschule meist nicht erlaubt.

Zudem war die Online‑Schule kein Hindernis für die Teilnahme an verschiedenen Seminaren und Wettbewerben. Während des Online‑Lernens habe ich an einem von der britischen Botschaft in Bulgarien durchgeführten Wettbewerb auf nationaler Ebene – „Botschafter für einen Tag“ – teilgenommen und wurde zur Preisträgerin gewählt. Dies ermöglichte mir, zusammen mit Menschen aus der ganzen Welt an Online‑Seminaren teilzunehmen, die von UNICEF und der Assoziation der Europäischen Journalist*innen organisiert wurden. Dadurch habe ich meine Schlüsselqualifikationen verbessert und neue wichtige Kontakte geknüpft.

Zu meinem großen Bedauern hat aber diese Medaille, wie auch jede andere, ihre Kehrseite. Während am Anfang alles mehr als wunderbar war, begann mich allmählich die Tatsache zu beeindrucken, dass mein Konzentrationsniveau während des Online‑Lernens gesunken ist.  Ein Grund dafür war die Tatsache, dass der Unterricht zu oft unterbrochen wurde und zwar infolge von Problemen mit der Verbindung. Ich glaube aber, dass dies auch daran lag, dass dieser Freiraum und das Fehlen einer strengen Kontrolle uns die Möglichkeit gaben, uns mit mehreren Dingen gleichzeitig zu beschäftigen. Wir erfuhren, wie viel einfacher E‑Learning im Vergleich zu der Präsenzschule war, was die Motivation deutlich senkte. Trotzdem bin ich keinesfalls gegen das Online‑Lernen. Wenn ich ganz ehrlich bin, würde ich sagen, dass es mir wegen der folgenden Tatsache am meisten Spaß gemacht hat: Ich machte das, was ich wollte und wann ich es wollte. So konnte ich in meinem bequemen Pyjama sowohl den Unterricht verfolgen als auch heiße Schokolade trinken.

Welche Vorteile bringt Dir das Lernen von zu Hause aus und welche Nachteile?

Innerhalb der zwei Jahre haben die Schüler*innen sowohl die Vorteile  als auch  die Nachteile der Online‑Schule kennengelernt. Ich persönlich bin der Meinung, dass das Online‑Lernen von zu Hause aus als eine Medaille mit ihren zwei Seiten bezeichnet werden könnte. Die wichtigsten Vorteile bestehen einerseits aus der Zeitsparnis, andererseits aus den damit verbundenen Freiheiten. So konnte ich persönlich meine Zeit besser einteilen, wobei ich Flexibilität und Unabhängigkeit gelernt habe. Ein weiteres Argument dafür war, mein eigenes Tempos beim Lernen verfolgen zu können, was in der Schule nicht möglich ist. Es gab keinen Zeitdruck, was mir genug Raum für meine individuelle Förderung bot. Der Stress war auch wesentlich weniger als in der Schule. Auf der anderen Seite war ich zu Hause schneller abgelenkt, weil ich mich niemals auf nur eine Aufgabe konzentrierte. Darüber hinaus muss ich noch sagen, dass die lange Arbeit am Computer ermüdend war, weil wir auch die Hausaufgaben digital präsentieren sollten.

Welche Art von Unterricht wünschst Du Dir für die Zukunft?

Ich würde mir wünschen, auch in der Zukunft online lernen zu können, mindestens zwei Tage in der Woche, wenn schon nicht die gesamte Zeit. Ich brauche meine Privatsphäre, was in der Schule nicht geleistet werden kann. Das Verbinden des Online‑Lernens mit der Präsenzschule ist meiner Meinung nach die beste Option und auch ein Schritt in die Zukunft.

Wie könnte für Dich eine digitale Schule in zehn oder 20 Jahren aussehen?

Hätten Sie mich vor zwei Jahren gefragt, wie die digitale Schule der Zukunft aussehen könnte, dann würde meine Antwort ganz anders als heute lauten. Ich hätte vielleicht 3‑D‑Hologramme beschrieben. Heute denke ich aber, dass es keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem heutigen Online‑Lernen und der digitalen Schule der Zukunft geben wird. Zehn oder sogar 20 Jahre sind zu wenig Zeit für große Erfindungen. Deshalb bin ich der Meinung, dass sich die Digitalisierung der Schule in der Tatsache ausdrücken wird, dass die digitalen Geräte zu einem festen Bestandteil des Lernens werden. So werden die Schüler*innen dann Tablets statt Hefte nutzen.

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