Theateraufführung
[verschoben] Hoffmann

Hoffmann
© Zafer Galibov

Zweisprachige Theateraufführung von „Metheor“

Regie: Ani Vasseva
Drehbuch: Ani Vasseva, Boyan Manchev, mit Fragmenten von E.T.A. Hoffmann
Übersetzung aus dem Deutschen: Strashimir Dhzamdhziev, Teodor Berberov, Nina Chilyanska
Übersetzung aus dem Bulgarischen: Elvira Borman
Sprachpädagogin Deutsch: Ventzislava Dikova
Geräte: Stefan Donchev
Musik: Kristian Alexiev
Kostüme: Ani Vasseva, Teodora Bambikova, Borislav Borisov
Produktion Objekte: Miroslav Marinov

Mit Illustratonen von Lyuben Zidarov und Musikfragmenten von E.T.A. Hoffmann 
 
Mit: Leonid Yovchev und Stefan Milkov
Stimmen: Karin Müller Stefanov, Anet Hardegen und Dirk Cieslak

Das Stück ist dem Leben und Werk von E.T.A. Hoffmann gewidmet. Den Dämonen der Romantik, dem Schönen und Hässlichen, der Technik und Poesie.
 
„Hoffmann ist ein Schriftsteller dessen, was sein sollte, nicht dessen, was ist.“
 
Hoffmanns Werk kennzeichnete die gesamte fiktionale Literatur des 19. Jahrhunderts - von Gogol und Balzac über Dostojewski, Edgar Alan Poe und Baudelaire bis hin zu Kafka, Thomas Mann, Bulgakow und der zeitgenössischen Fiktion im Allgemeinen. Sujets von seinen Büchern bilden die Grundlage vieler musikalischer Werke wie Schumanns berühmtem „Chryslerian“, Tschaikowskys „der Nussknacker“, Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ und Leo Delibes „Bastard“.

Zeitgenössische bulgarische Leser kennen Hoffmann dank der Veröffentlichung von „Lebensansichten des Katers Murr“ (Vaterländische Front Verlag, 1973), der beiden Bände „Ausgewählte Werke“ (Volkkultur Verlag, 1987) und des Buchs mit den wunderbaren, bizarren Illustrationen von Lyuben Zidarov – Hoffmannserzählungen – welches vier Werke von Hoffmann enthält. Außerdem lieben sie „Nußknacker und Mausekönig“, „Der goldene Topf“, „Klein Zaches genannt Zinnober“ und „Die Königsbraut“ u.v.m.

E.T.A. Hoffmann ist eine bizarre und ungewöhnliche Figur. Ungewöhnlich für die Literaturgeschichte im Allgemeinen, aber auch für seine Zeit und für den literarischen Kurs, zu dem er gehört. Während sich die meisten großen romantischen Schriftsteller - Byron, Shelley, Blake, Coleridge, Puschkin, Lermontow, Novalis, Tik - dem Fantastischen als ein Ersatz für die Realität zuwenden, erfindet Hoffmann eine neue Form der Fantasie: grotesk, lustig, mischt er die alltägliche Realität mit einer exzentrischen imaginären Welt, aber nicht weniger außergewöhnlich und vor allem nicht weniger aufregend und begehrenswert. Das fantastische bei Hoffmann ist paradox und unerklärbar. Es bringt widersprüchliche, sich oft gegenseitig ausschließende Phänomene zusammen. Der Autor macht sich nie die Mühe, dem liebenswürdigen Leser zu erklären, wie diese inkompatiblen Elemente kombiniert werden - ein Verfahren, das später für Gogols Kreativität von zentraler Bedeutung ist. Der Gogol, der dem Leser in Hoffmanns Erzählung „Die Nase“ niemals sagt, wie die Nase einen Mantel trägt. Der läuft, spricht, in die Kirche eintritt und einen Dienst hat. Das Mechanische beschäftigt Hoffmann als ein anorganisches Ebenbild von Organik, das interessanter, unterhaltsamer und wertvoller ist als organische Stoffe. Hoffmanns Automaten und Puppen sind virtuos gefertigt, erschrecken jedoch mit ihrer Unhöflichkeit und ihrem Rhythmus, die sie als leblose, bedrohliche Natur enthüllen. Sie sind zugleich erschreckend und wunderbar. Gewöhnliche Tiere tauchen bei Hoffmann fast nie auf – sie sind Zauberer, Philosophen oder sogar Menschen - der Lindhorst aus „Dem Goldenen Topf“  ist ein Salamander und seine Tochter Serpentine ist eine Schlange. (Natürlich ist nicht klar, warum jeder Lindhorst wie einen Menschen in einem normalen Beruf behandelt und warum der Student Anselmus in eine Schlange verliebt ist). Das Pathos und der Pomp Hoffmanns Zeitgenossen fehlen in seinen Werken, aber deswegen leiten sie eine ironische Einstellung ein, die für die moderne fremde Welt typisch ist: eine Ironie, die später bei Gogol und Dostojewski, Poe und Baudelaire zu finden sein wird.

Die Ausgangshypothese unserer Arbeit, auf der unser kreatives Interesse an Hoffmann beruht, ist genau eine Hypothese des Fantastischen. Aus unserer Sicht kann wahre Hoffmannomanie, die indirekt bis heute andauert, nicht ohne den „Hoffmann-Effekt“ erklärt werden: der Effekt, das Reale zu destabilisieren, das Superreale aus der Struktur des banalen Alltagsgewebes zu extrahieren. Der Hoffmann-Effekt geht der modernen Psychologisierung der Kunst sowie der Entstehung der Psychoanalyse selbst voraus und bestimmt sie. Die emblematischen zeitgenössischen Genres Psychothriller und Science-Fiction stehen unter Hoffmanns Zeichen. Uns interessiert die Umwandlung des Mythos für den Autor der Romantik, wie auch die Einführung von einer alternativen Idee für Kreativität und ein Versuch, eine Wirklichkeit herzustellen, wobei die beiden letzten nicht weniger tragisch sind als die Romantik, aber sich von der überheblichen Selbstheroisierung weit entfernt.
 
Die Bedeutung von Hoffmanns Werken für das moderne Theater ist in dieser Hinsicht sehr wichtig. Das Ballett, die Oper und Operette des 19. Jahrhunderts können sich bei Hoffmann bedanken. Einige der revolutionären Theaterregisseure des frühen 20. Jahrhunderts ließen sich direkt von seiner Arbeit inspirieren. Tairov führt Hoffmanns "Prinzessin Brambilla" auf, Hoffmann beeinflusst auch Wsewolod Meyerhold, zu dessen Lieblingsautoren er gehört. Dieses Interesse ermöglicht die Hypothese für die Verbindung zwischen Meyerholds biomechanischer Methode und Hoffmanns Automaten, sowie Freuds Idee des Automatismus des Unbewussten, der vom Surrealismus kunstvoll ausgenutzt wird.


Die Aufführung wird mit der freundlichen Unterstützung des Goethe-Instituts Bulgarien realisiert.
Das Projekt wird vom Programm "Kultur" der Stadt Sofia finanziert.
Das Team der Aufführung bedankt sich bei Alarma Punk Jazz, der Galerie Etud, dem Ha-HaHa Improtheater, dem Projekt A und bei Evgenia Atanasova.

Details



Preis: 10 BGN