Ausstellung in Belém
Künstlerinnen „am Limit“

Die von Marisa Mokarzel und Martin Juef kuratierte Ausstellung „Am Limit“ zeigt Werke von Künstlerinnen aus Belém und Berlin und ist im Museum der Bundesuniversität von Pará zu sehen.
Grenzerfahrungen und das Überwinden von Grenzen können als Kulturtechniken aufgefasst werden, die z.B. in den Zeiten der großen Entdeckungen dazu führten, dass nicht nur Landkarten neu gezeichnet, sondern ganze Weltbilder grundlegend umformuliert werden mussten.
Grenzen markieren ein Innerhalb und ein Außerhalb, sie sind form-bildende Konturen für existenzielle Sachverhalte. Grenzen sind dynamisch und daher niemals endgültig – nur der Tod stellt eine ultimative Grenze dar. Nach Karl Jaspers (1883-1969) führen Erlebnisse von Grenzsituationen zu inneren Wandlungen, die „das Werden einer in uns möglichen Existenz“ begünstigen. Wir entwickeln dabei Umgangsformen, die der eigenen Souveränität zu Gute kommen.
Die Ausstellung No Limite / Am Limit thematisiert Grenzen und mit Grenzsituationen verbundene Erfahrungen anhand von 12 ausgewählten künstlerischen Beiträgen. Es handelt sich dabei ausschließlich um Beiträge von Künstlerinnen, genauer von acht Künstlerinnen aus Berlin und vier Künstlerinnen aus Belém. Die Beiträge beziehen sich entweder auf persönliche Grenzerlebnisse, oder sie kreieren selbst Grenzsituationen durch bestimmte künstlerische Strategien und Vorgehensweisen.
Die Bandbreite der Ausstellungsbeiträge reicht von der raumgreifenden Rekonstruktion einer tatsächlichen Nahtoderfahrung bis zu den formalen, fotochemischen Experimenten mit den Konturen banaler Alltagsgegenstände. Innerhalb dieses Spektrums treffen wir auf Relikte ideologischer Konfrontation, z.B. auf das Konterfei Che Guevaras aufbewahrt in einem Gefrierschrank, oder auf in Behälter mit Wasser eingesetzte und dadurch aufgelöste Porträtfotos, die zu einer Recherche über die Verfolgung und Diskriminierung japanischer Frauen im Korea der Nachkriegszeit gehören.
Wir sehen in einem Video den blasphemischen Umgang mit religiösen Symbolen und stehen der "konstruktiven Verarbeitung" sogenannter "Fake-News" in einem Arrangement von Wandobjekten gegenüber.
Großformatige Zeichnungen erinnern uns an ein geschlechtsspezifisches Stereotyp aus den Anfängen der Psychoanalyse: „I am not hysterical“. Wir erfahren von der Angst einer Künstlerin während ihres Aufenthalts auf "Fruholmen", einer kleinen Insel an der Küste Norwegens, die bis zum Ende des 17. Jahrhunderts der Verbannung von Frauen diente, die man mit dem „Aufsteigen böser Geister“ in Verbindung brachte.
Wir folgen einer Kamera bei ihrer Fahrt durch die Betonruine eines nie in Betrieb genommenen Atomkraftwerks, begleitet vom inneren Monolog künstlerischer Selbstfindungsprozesse. Und wir lernen die Kunstfigur „Viola Kamp“ kennen, eine Agentin und Doppelgängerin, die wir bei ihrem hintersinnigen Spiel künstlerischer Selbstinszenierung beobachten und deren Strategie ewiger Jugend auch der Notwendigkeit erfolgreicher Selbstvermarktung geschuldet ist.
Zuletzt werden wir sicher durch ein kartografiertes Gelände geleitet, vorbei an den markierten Bereichen des Grolls, der vergeblichen Sehnsüchte und der von Einsamkeit „unterdrückten Herzen“. Wir gelangen so an ferne Ufer der Entgrenzung, wo Künstlerinnenhände virtuos auf der Klaviatur heranrauschender Wellen spielen.
Teilnehmende Künstlerinnen: Chan Sook Choi, Danielle Fonseca, Isabelle Borges, Keyla Sobral, Kirsten Heuschen, Lúcia Gomes, Luciana Magno, Monika Rechsteiner, Nadine Fecht, Silvia Beck, Zorka Lednarova und Zuzanna Skiba.
Ort: Museu da UFPA - Av. Gov. José Malcher, 1192; Belém, PA
Öffnungszeiten: Di - Fr 10 - 17 / Sa + So 10 – 14
Eintritt frei; Führungen in Portugiesisch und Deutsch