Künstlerresidenz Make yourself a(t) Home: Radikale Fürsorge und Gastfreundschaft

A casa é sua: práticas radicais de cuidado e hospitalidade © Temporary Art Platform

Fr, 09.10.2020 –
Sa, 14.11.2020

Humanitäres Notfall-Residenzprogramm für Künstler*innen aus Beirut

Make yourself a(t) Home: Radikale Fürsorge und Gastfreundschaft ist ein voll finanziertes Programm, das unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen* sieben in Beirut lebende Künstler*innen aus dem Libanon nach Brasilien bringt, um an einer fünfwöchigen humanitären Residenz in der Kaaysá Art Residency im Herzen des Atlantischen Regenwaldes (São Paulo, Boiçucanga) teilzunehmen. Die Residenz wird von der Temporary Art Platform (TAP) mit Unterstützung des Goethe-Instituts, des Brasilianischen Konsulats in Beirut und privater Sponsoren organisiert.

*Die Residenz wird aufgrund der Covid-19 Pandemie unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Teilnehmer*innen, der Mitarbeiter*innen und der Gäste stattfinden.

Die Künstler*innen, die an der Residenz teilnehmen werden, sind Lara Tabet (Künstlerin und Ärztin), Omar Mismar (Künstler), Maxime Hourani (Künstler), Panos Aprahamian (Filmemacher), Nour Sokhon (Klangkünstlerin), Betty Ketchedjian (Künstlerin) und Nour Osseiran (Künstlerin und Mitarbeiterin von TAP).

Das Programm Make yourself a(t) Home: Radikale Fürsorge und Gastfreundschaft wurde als sofortige Hilfsmaßname für Künstler*innen und Kulturschaffende konzipiert, die von der Explosion im Hafen von Beirut am 4. August betroffen waren.

Die Künstler*innen in Beirut haben seit dem Beginn der Libanesischen Revolution am 17. Oktober 2019 mehrere Krisen durchgemacht, darunter der plötzliche Wertverlust der nationalen Währung um 80 Prozent, die Beschlagnahmung von Geldern auf Giro- und Sparkonten durch private Banken sowie der komplette Stillstand des kulturellen Lebens aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenbruchs, was durch die Corona-bedingten Einschränkungen im Libanon noch verschärft wurde.

Die Residenz findet in einer üppigen und weitläufigen natürlichen Umgebung statt, von der wir hoffen, dass sie den Künstler*innen sofortige Erleichterung bringt. Die Aktivitäten und das diskursive Programm, zielen darauf, einander, der Natur und dem Aufruhr dieses Augenblicks zuzuhören, und werden von zwei eingeladenen Psychoanalytikerinnen begleitet: Denise Portinari (Psychoanalytikerin und Professorin an der Fakultät für Kunst und Design der Katholischen Universität, PUC-Rio de Janeiro) und Tania Rivera (Psychoanalytikerin und Kuratorin).

Die Teilnehmer*innen erleben Gastfreundschaft, während sie gleichzeitig die Formen von Gewalt untersuchen, die die brasilianische Gesellschaft und Natur historisch erlitten haben. Schwarze und indigene Stimmen, die gegen jahrhundertealte Unterdrückung kämpfen, prägen das Engagement der Teilnehmer für die beiden politisch und sozial geschwächten Kontexte, die wir zusammenführen wollen. Das Ziel ist es, die verzerrten Narrativen bezüglich der libanesischen (und arabischen) Diaspora in Brasilien und hinsichtlich der wechselseitigen Beziehungen beider Länder seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zu überwinden.

Das Programm beinhaltet Workshops und Beiträge eingeladener Gäste, darunter Gabriel Bogossian (unabhängiger Kurator), Patrick Pessoa (Theaterkritiker, Dramaturg und Professor für Philosophie an der Bundesuniversität Fluminense, UFF-Rio de Janeiro), Marcos Chaves (Künstler), Hena Lee (unabhängige Kuratorin), Bianca Bernardo (Kuratorin der Residência Kaaysá) und Gui Mohallem (Künstler).

Die Teilnehmer*innen der Residenz wurden aus einer Liste mit 30 Namen ausgewählt, die von Kollegen und Organisationen aus Beirut vorgeschlagen wurden, darunter das Beirut Art Center, die Beirut Art Residency, Ashkal Alwan, Zoukak, die libanesische Akademie der Bildenden Künste, Haven for Artists, Culture Resource und die Galerie Marfa’.

Das Residenzprogramm Make yourself a(t) Home ist Teil eines umfassenderen interkulturellen Forschungsprojekts und einer Wanderausstellung der Kuratorin Amanda Abi Khalil, die 2017 vom Goethe-Institut in Auftrag gegeben wurde und von Patuá produziert wird, um den Süd-Süd-Dialog zwischen dem Libanon und Brasilien zum Thema Migration und Gastfreundschaft zu fördern. Es besteht eine Zusammenarbeit mit dem Postgraduierten-Programm Kulturen des Kuratorischen der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig.

Temporary Art Platform (TAP) ist eine kontextsensible kuratorische Plattform, die sich auf para-institutionelle Verfahrensweisen gründet und die kritisch auf dynamische Situationen und Umbrüche reagiert. Wir sind an der Entwicklung sozialer Praxis im Libanon, der umliegenden Region und im globalen Süden durch partizipative Strategien, interdisziplinäre Formate und dezentralisierte Standorte beteiligt. Wir haben aktiv an kleinen Projekten gearbeitet, die sich durch die Förderung von Wissen in den Bereichen der sozialen Praxis, der Kunst im öffentlichen Raum sowie administrativer und rechtlicher Strukturen für administrative Reformen und die Kulturpolitik im Libanon einsetzen.

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