Im August 2020 riefen wir Videokünstler*innen aus Kanada und Deutschland dazu auf, uns ihre Ideen zu dem Thema „Die Stadt in Zeiten des Virus“ einzureichen: Erobert sich die Natur die Innenstädte zurück? Wie wirken sich soziale Regeln und medizinische Hygienevorgaben auf unsere Körper aus? Wie bewegen wir uns im städtischen Raum? Wie interagieren wir miteinander in Zeiten des social distancing? - Die acht ausgewählten Videos werden nach Einbruch der Dunkelheit auf die Schaufensterleinwände des Goethe-Instituts Montreal am St. Laurent Boulevard bis März 2021 projiziert.
Why or Why Not?
Regie : Kerstin Honeit
Über den Film
Die Arbeit
Why or Why not? wurde von den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen in Auftrag gegeben. Lars Henrik Gass, der Festivaldirektor, bat Filmemacher*innen während des Lockdowns in Deutschland um einen Videobeitrag der die Frage verhandelt: Kann und soll man jetzt Filme machen?
Die Herausforderung, einen Film ohne Crew vor oder hinter der Kamera zu produzieren, war für Honeit weniger interessant als die massive Perspektivverschiebung des eigenen Tuns zu untersuchen, angesichts einer weltweiten Pandemie. Deshalb hat sie die Frage auf
Why or Why not? reduziert, die weniger nach den Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten einer Fortführung (künstlerische) Praxis im Lockdown fragt, als vielmehr generell ein Fortschreiben des Lebens ‚wie gehabt‘ im Zeitalter des Kapitalozäns infrage stellt.
Die Kamera, die während des ersten Lockdowns in den Straßen Berlins im März 2020 aufgestellt wurde, rahmt mehrere Tableaux vivants des neuen Corona-Alltags mit Kommentaren analoger Texttafeln, die in das Bild gehalten werden. Zwei gegenläufige Erzählungen werden in unheimlicher Vertrautheit vorgestellt.
Über Kerstin Honeit
Kerstin Honeit hat an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Bildende Kunst und Bühnenbild studiert. Sie lebt in Berlin und unterrichtet seit diesem Wintersemester Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Zuvor forschte sie neben ihrer Lehrtätigkeit als künstlerische Mitarbeiter*in von Bjørn Melhus an der Kunsthochschule Kassel zur Stimme als queerendes Ereignis innerhalb bewegter Bilder.
In ihrer Praxis als Künstler*in und Filmemacher*in bewegt sie sich an den Schnittstellen unterschiedlicher Formen der Inszenierung. Schwerpunkt ihrer künstlerischen Forschung ist die Untersuchung von Repräsentationsmechanismen in der Produktion von hegemonialen Bilderwelten, speziell in Zusammenhang mit kulturellen wie sprachlichen Übersetzungsmodi im Kontext des bewegten Bildes. Seit 2006 zeigt sie ihre Arbeiten in Ausstellungen und auf Festivals.
JURY STATEMENT
In Zeiten der Pandemie schreit die "neue Normalität" die Gesellschaft geradezu an. Kerstin Honeit analysiert die Imperative der (Post-)Covid-19-Logiken, indem sie diese neue Realität durch ihre (selbst-)reflektierende Arbeit dekonstruiert. Standpunkt einer Filmemacherin, der die Zweideutigkeit alltäglicher Affirmationen zeigt, die das künstlerische Schaffen beeinflussen (oder auch nicht). (Peter Haueis)
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