Programa de Dirección Escénica (PDE)

PDE © PDE 2018

Das Goethe-Institut Chile bietet mit dem „Programa de Dirección Escénica“ (kurz: PDE) ein länderübergreifendes einmaliges Fortbildungsprojekt für junge Theaterregisseur*innen in Chile, Peru und Uruguay. Das Projekt richtet sich an Theaterschaffende, die am Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn stehen und definiert sich als experimenteller Raum für Theaterregie in dessen Rahmen die Teilnehmenden sich für den Zeitraum von einem Jahr ohne Zeit- und Produktionsdruck ausprobieren und weiterbilden können.

Neben der Stärkung des deutsch-südamerikanischen Kulturaustauschs, ist es das primäre Ziel des Projekts, eine qualitativ hochwertige Fortbildungsmöglichkeit für junge Theaterschaffende anzubieten. Sowohl in Chile als auch in Peru und Uruguay gibt es nur sehr begrenzte Möglichkeiten, sich als Theaterabsolvent*in auf akademischem Niveau im Bereich Theaterregie fortzubilden und für die wenigen existierenden Studiengänge werden mitunter horrende Studiengebühren erhoben. Vor diesem Hintergrund erhält im Rahmen des kostenfreien PDE-Projekts jedes Jahr eine neue Gruppe an Teilnehmenden die Möglichkeit, sich bei der Entwicklung und Realisierung eines Bühnenprojektes professionell begleiten zu lassen. Das Projekt segtzt sich zusammen aus zahlreichen Workshops, Masterclasses und Tutorien sowie einem mehrwöchigen Aufenthalt in Deutschland zum Kennenlernen und Etablieren eines fachlichen Austauschs mit der dortigen Theaterszene.

Das PDE-Projekt besteht seit 2017 und wird ermöglicht durch die enge Zusammenarbeit mit lokalen Projektpartnern in Südamerika und Deutschland. In den ersten beiden Jahren war PDE ein rein chilenisches Projekt, das gemeinsam mit der „Fundación Teatro a Mil“ und dem chilenischen Kulturenministerium begonnen wurde. Ab 2019 öffnete sich PDE auch für Teilnehmende aus Peru und Uruguay dank der länderübergreifenden Kooperation der hiesigen Goethe-Institute sowie dem „Teatro La Plaza“ in Lima, Peru und dem „Instituto Nacional de Artes Escénicas“ in Montevideo, Uruguay. 


Das PDE-Projekt setzt sich aus drei Phasen zusammen. Das Programm erstreckt sich über einen Zeitraum von 12 Monaten und hat seinen Beginn wie auch seinen Abschluss traditionell im Rahmen des Theaterfestivals „Santiago a Mil“ im Januar in Santiago de Chile.

Nach dem Auftakt und dem ersten persönlichen Kennenlernen der Organisator*innen und Teilnehmenden untereinander, absolvieren diese an ihrem jeweiligen Goethe-Institut vor Ort mehrere Deutschkurse. Es muss ein Minimum an drei Sprachkursen (Level A1) für die Teilnahme am weiteren Programm erfüllt werden.

In der zweiten Programmphase verbringen die Teilnehmenden aus Chile, Uruguay und Peru einen mehrwöchigen Aufenthalt in Deutschland, der es ihnen ermöglicht, aktuelle Tendenzen und Entwicklungen der deutschen Theaterszene kennenzulernen. Hierfür kollaboriert das Goethe-Institut Chile mit zahlreichen deutschen Stadt- und Staatstheatern (u.a. Theater Heidelberg, Kammerspiele München, Schaubühne, Volksbühne, Maxim Gorki Theater) wie auch mit vielen weiteren Spielstätten, Produktionshäusern und Kulturschaffenden der Freien Szene (u.a. HAU Berlin, Kampnagel, Gob Squad, Rimini Protokoll).

Der Aufenthalt wird ebenso mit der Teilnahme an wichtigen Theaterfestivals wie beispielsweise Theater der Welt, IMPULSE, Performing Arts Festival verknüpft. Somit sehen die Teilnehmenden eine Vielzahl an unterschiedlichsten Produktionen und erhalten die Gelegenheit, sich mit namhaften Regisseur*innen und Dramaturg*innen im Anschluss an die Vorstellungen auszutauschen und im Rahmen von diversen Workshops vertieft miteinander zu arbeiten.

Weiterer wichtiger Bestandteil des Deutschlandaufenthalts ist die Kollaboration mit der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin sowie der Theaterakademie August Everding in München. Die PDE-Teilnehmer*innen nehmen aktiv an den Veranstaltungen der Regiestudiengänge teil wodurch sie in einen intensiven Austausch mit ihren Kolleg*innen treten und erfahren, wie die akademische Lehre in diesem Bereich in Deutschland aufgebaut ist.

PDE Fotos Berlin © Goethe-Institut Chile / FITAM
In der dritten und letzten Phase des PDE-Programms stehen die jeweiligen Bühnenprojekte der Teilnehmenden, mit denen diese sich für das Programm beworben hatten, im Fokus. In Form von zahlreichen Workshops, Masterclasses und Tutorien werden sie von namhaften Regisseur*innen aus Chile, Peru und Uruguay bei der Entwicklung ihres Projekts begleitet. Ebenso wichtig ist in dieser Phase die Zusammenarbeit der Teilnehmenden untereinander, die durch regelmäßige Feedbackrunden und gruppale Instanzen gefördert wird. Die Ergebnisse ihres jeweiligen Schaffensprozesses werden zum Abschluss des Programms in unterschiedlichen offenen Work in progress-Formaten im Rahmen des Festivals „Santiago a Mil“ präsentiert.
 


Catalina Devia Garrido © Catalina Devia Garrido
CATALINA DEVIA GARRIDO

Die an der Universidad de Chile studierte Bühnenbildnerin und aktuelle Präsidentin der Asociación Nacional de Diseñadores Escénicos (Nationale Vereinigung der Bühnenbildner*innen), kooperierte im Rahmen ihres beachtlichen Werdegangs mit einigen der renommiertesten Regisseur*innen und Schauspieler*innen Chiles. Sie ist Teil der freien Theatergruppen Teatro La Provincia und Teatro Niño Proletario. Sie zeichnet sich vor allen Dingen durch ihre umfassende (akademische) Ausbildung in verschiedenen Bereichen auf. Catalina Devia realisierte nicht nur zahlreiche Theaterprojekte, sondern sie arbeitet kontinuierlich gemeinsam mit dem chilenischen Filmemacher José Luis Torres Leiva, realisiert Tanzprojekte und unterrichtet seit über 20 Jahren als Dozentin an diversen Universitäten des Landes. Zu ihren akademischen Forschungsprojekten zählen unter anderem die Co-Editionen Develando el otro habitar: oficios técnicos del Teatro Nacional Chileno, und La escena inquieta: Teatro Político metropolitano en la época del sesenta. Derzeit arbeitet Catalina Devia an einem Archiv über den chilenischen Bühnenbildner Sergio Zapata.


Cristóbal Ramos © Cristóbal Ramos
EVELYN HEVIA JORDÁN

Studierte Sozialpsychologin und Master of Arts in Geschichte. Derzeit schreibt sie am Lateinamerikainstitut der FU Berlin gefördert durch ein dt.-chil. Stipendium ihre Doktorarbeit mit dem Titel Del 'Hospital el Lavadero' al 'Hospital Villa Baviera': reconstrucción historiográfica del Hospital de la ex Colonia Dignidad en Chile. Zwischen 2011 und 2018 war sie Teil des Lehrkörpers der psychologischen Fakultät der Universidad Alberto Hurtado, an der sie aktuell die Zeitschrift Psicología Hoy veröffentlicht. Ihr wissenschaftlicher Werdegang konzentrierte sich primär auf den Bereich Erinnerungskultur und Menschenrechte, wobei sie hierzu zahlreiche Projekte mit Menschenrechtsorganisationen und Erinnerungsstätten durchführte. Seit 2014 arbeitet sie gemeinsam mit der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz an einer zukünftigen Gedenkstätte in der ehemaligen Colonia Dignidad in Chile. Seit 2019 entwickelt sie mit Colonia Dignidad, un archivo de historia oral chileno-alemán ein Archiv zu Oral History in der Colonia Dignidad (www.cdoh). Seit 2018 lebt sie in Berlin, wo sie das Kollektiv Rayuela mitgründete (www.rayuelakollektiv.de). Zu ihren Veröffentlichungen zählen unter anderem die Bücher Espacio y Recuerdo. Archipiélago de memorias en Santiago de Chile (Piper&Hevia, 2012), Colonia Dignidad. Verdad, Justicia y Memoria (Hevia & Stehle, Eds., 2015) und Historias de la Psicología. Contribuciones y Reconstrucciones parciales (Hevia, Reiter & Salas, Eds., 2019).


Evelyn Hevia © Evelyn Hevia
MAITE ALBERDI

Chilenische Regisseurin, die ihr Studium in Filmregie und Ästhetik an der Universidad Católica de Chile absolvierte. Als Regisseurin entwickelte sie einen besonderen Stil, der sich durch die intimen Porträts kleiner eigener Welten auszeichnet. Für ihren ersten Dokumentarfilm El salvavidas (2011) erhielt sie hohe internationale Anerkennung. Mit ihrer eigenen Produktionsfirma, Micromundo, drehte sie ihren zweiten Film La Once, für den sie seit seiner Premiere in 2012 bereits mehr als 12 internationale Auszeichnungen erhielt und der unter anderem im Rahmen der folgenden Festivals präsentiert wurde: Guadalajara, DocsBarcelona, Miami, FICCI, SANFIC, EIDF Corea. Ebenso war La Once 2016 als bester iberoamerikanischer Film bei den Premios Platino und dem spanischen Filmpreis Goya nominiert. 2016 präsentierte sie den Kurzfilm Yo no soy de aquí, der im Rahmen wichtiger Festivals wie Sheffield, DocumentaMadrid, Visions DuReel zum besten Kurzfilm gewählt wurde und unter anderem bei den New York Times Op-Docs gezeigt wurde. Ebenso war er nominiert für die European Film Awards. Im selben Jahr feierte ihr dritter Dokumentarfilm Los Niños Premiere, für den sie mehr als 10 internationale Preise erhielt und der ebenso für die Premios Platino nominiert wurde. Im Januar 2020 präsentierte sie im Rahmen des Sundance Festivals ihr aktuellstes Werk, El Agente Topo, eine Koproduktion zwischen Chile, USA, Deutschland, Holland und Spanien. Maite Alberdi ist weiterhin Co-Autorin des Buches Teorías de cine documental en Chile 1957-1973 und sie arbeitet als Dozentin an verschiedenen Universitäten in Chile. Das Weltwirtschaftsforum ernannte sie zum Global Shaper und sie ist Mitglied der Hollywood Academy.


Maite Alberdi © Maite Alberdi
MANUELA INFANTE GÜELL

Manuela Infante ist eine chilenische Theaterautorin, Regisseurin, Drehbuchautorin und Musikerin. Ihren Masterabschluss in Kulturanalyse erhielt sie an der Universiteit van Amsterdam. Ihre Arbeit zeichnet sich insbesondere durch die szenische Artikulation komplexer theoretischer Fragestellungen aus. Zwischen 2002 und 2016 schrieb und produzierte sie in Zusammenarbeit mit ihrer Theatergruppe Teatro de Chile zahlreiche Projekte, bei denen sie auch Regie führte. Mit ihren Arbeiten tourte Infante bereits durch die USA, Argentinien, Brasilien, Peru, Mexiko, Deutschland, Spanien, Irland, Italien, die Niederlande, die Schweiz, Singapur, Korea und Japan. Im Jahr 2019 war sie die erste chilenische Theaterschaffende, die mit den Stücken Realismo und Estado Vegetal zur Theaterbiennale in Venedig eingeladen wurde. Im selben Jahr erhielt sie für Estado Vegetal den Stückemarkt-Preis des Theatertreffen Berlin. 2014 wurde Manuela Infante als erste Frau zur Direktorin der Muestra Nacional de Dramaturgia (Nationales Dramaturgiefestival) in Chile ernannt. Als Drehbuchautorin hat sie an zahlreichen chilenischen audiovisuellen Produktionen mitgewirkt und arbeitete zusammen mit renommierten Regisseur*innen wie Cristián Jiménez, Alicia Scherson, Sebastian Lelio und Marialy Rivas.


Manuela Infante © Manuela Infante
RODRIGO LEAL

Theatertechniker und Spezialist für Veranstaltungstechnik. Mitbegründer und derzeit Direktor des Kultur- und Kreationszentrums Espacio Checoeslovaquia in Santiago. Seit 2007 ist er Bühnentechniker am Teatro Nacional Chileno (Teil der Universidad de Chile) unter der technischen Leitung von Guillermo Ganga. Rodrigo Lear war an der Gründung diverser Gruppen und Berufsverbände für Theaterschaffende beteiligt, unter anderem ADTRES - Agrupación de Diseñadores, Técnicos y Realizadores Escénicos. Derzeit ist er ebenso Mitglied des Consejo y Comisión de Bienestar 2020. In seiner Rolle als technischer Direktor, Produzent und Bühnenbildner ist seit der Gründung im Jahr 2008 Teil der freien Theatergruppe Teatro La Mala Clase unter der Regie von Aliocha de La Sotta. Seit dem Jahr 20012 ist Rodrigo Leal der technische Koordinator des Theaterfestivals Cielos del Infinito und begleitet als technischer Direktor die Theatergruppe Teatro Amplio auf ihren Tourneen, unter anderem bereits durch Chile, Europa und Mittelamerika. Insgesamt war er bereits an über 80 Theater-, Tanz-, Zirkus-, audiovisuellen und Musikproduktionen beteiligt und übernahm hierbei unter anderem die technische Betreuung, die audiovisuelle Programmierung, allgemeine Produktion, Bühnenbild/Design sowie Regie.


Rodrigo Leal © Rodrigo Leal
KONSTANTIN KÜSPERT

Konstantin Küspert wurde 1982 in Regensburg geboren, er ist Autor (auch in Ko-Autorenschaft mit seiner Frau Annalena), Übersetzer und Dramaturg. Als solcher hat er am Badischen Staatstheater Karlsruhe und am Schauspiel Frankfurt u.a. gemeinsam mit dem Regisseur Jan-Christoph Gockel Stückentwicklungen zu aktuellen Themen wie NSU, NSA oder moderner Sklaverei realisiert. Für sein Stück "europa verteidigen" erhielt Küspert 2017 bei den Mülheimer Theatertagen den Publikumspreis. Während des Lockdowns 2020 hat er zusammen mit fünf weiteren Autor*innen im digitalen Writer´s Room das Theaterstück "Corona-Monologe - oder wie geht man auf Distanz" entwickelt. die von ihm verfassten Theaterstücke sind seit Jahren fester Bestandteil der Spielpläne deutschsprachiger Theater.


Konstantin Küspert © Konstantin Küspert
CRISTÓBAL RAMOS PÉREZ

Bühnenbildner, Art Director in Theater, Film und Fernsehen. Studium im Bereich Bühnenbild an der Universidad de Chile. Gründungsmitglied der freien Straßentheatergruppe La Patriótico Interesante. In seiner Rolle als Bühnenbildner und technischer Direktor war an zahlreichen Theaterprojekten beteiligt, die auf internationalen Festivals auf der ganzen Welt präsentiert wurden. Als Filmemacher war er ebenso an wichtigen nationalen Filmproduktionen und Fernsehsendungen beteiligt. Als Dozent an der Universidad de Chile unterrichtet er Design und audiovisuelles Design und ist darüber hinaus Koordinator des regionalen Weiterbildungsprogramms für Bühnenbild.

teilnehmer*innen pde

In den vergangenen vier Jahren haben insgesamt 25 junge Regisseur*innen das PDE-Projekt durchlaufen. Die ersten beiden Generationen bestanden ausschließlich aus jungen Theaterschaffenden aus Chile, doch mit dem Ziel durch das Projekt nicht nur den deutsch-chilenischen Kulturaustausch zu bestärken, sondern auch die regionale Zusammenarbeit zu fördern, wurde es 2019 auf Peru und Uruguay ausgeweitet. In 2020 und 2021 wurde in Chile besonders auf die Förderung von Künstler*innen geachtet, die nicht in der Hauptstadt Santiago leben.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die bisherigen „PDEler*innen“ und ihr jeweiliges Bühnenprojekt vor, das sie im Rahmen des Programms entwickelten. Manche dieser Projekte wurden in den vergangenen Jahren bereits vielmals dem Publikum präsentiert, andere wiederum befinden sich nach wie vor im Schaffensprozess. Jedes Projekt zeichnet sich durch eine eigene Thematik, Ästhetik und Form aus, was sie letztlich genauso abwechslungsreich und vielfältig macht, wie die vier Generationen an PDE-Teilnehmenden selbst.

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