Neue deutsche Filme bei Ondamedia

Freies Land © Verleih Telepool

Ondamedia.cl | 4.-11. August

Online

Online-Filmreihe

Wir feiern das 70. Jubiläum des Goethe-Instituts weiter: Vom 4. bis zum 11. August wird eine Online-Filmreihe mit 9 deutschen Filmen auf Ondamedia gratis präsentiert. Sie inkludiert mehrere Prämieren, plus ein Stück Filmerbe („La Victoria“, 1973 in Chile gedreht); und auch Edgar Reitz letzter Film („Die andere Heimat“).

Die aktuellen Titel der Reihe stammen von jungen Regisseur*innen, die frische und innovative Sichten der deutschen Geschichte und der aktuellen deutschen Gesellschaft anbieten. Eine gute Chance, die breite Vielfalt des neuen deutschen Kinos kennenzulernen.

DIE ANDERE HEIMAT - CHRONIK EINER SEHNSUCHT  
2011-2013, Edgar Reitz, 230 min 


Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts Hungersnöte, Armut und Willkürherrschaft die Menschen niederdrückten, sind Hunderttausende aus Europa ins ferne Südamerika ausgewandert. „Etwas besseres als den Tod findet man überall”, das war ihre bittere Erkenntnis und ihre Hoffnung. Vor dem Hintergrund dieses unvergessenen Dramas, entfaltet Edgar Reitz in seinem neuen Kinofilm DIE ANDERE HEIMAT die Chronik einer Sehnsucht: Wieder ist das fiktive Dorf „Schabbach” Schauplatz und Universum zugleich. Hier erleben wir die Geschichte zweier Brüder, die in ihrem Dorf erkennen, dass nur ihre Träume sie retten können. 
Der Film erzählt in großen historischen Zeitbildern vom Exodus der deutschen Bauern und Handwerker in die Neue Welt.

In endlosen Kolonnen ziehen die hochbeladenen Pferde-Fuhrwerke über Berge und Täler zum Rhein hinab, um von dort zu den Seehäfen zu gelangen, wo die Auswanderungsschiffe ins Ungewisse starten. Ein Abschied für immer, ein Aufbruch ohne Wiederkehr, Menschen auf der Suche nach dem Glück einer anderen Heimat. Europäische Geschichte, eine vergessene Wahrheit, eine Geschichte von Mut und vom Glauben an die Zukunft. 

Auszeichnungen: Deutscher Filmpreis 2014 
Lola - Filmpreis in Gold, Beste Regie 
Lola - Filmpreis in Gold, Bestes Drehbuch 
Lola - Filmpreis in Gold, Bester Spielfilm 
Verband der deutschen Filmkritik 2014:  
Beste Kamera 
Bester Film des Jahres 2013 
 
THE CASE YOU  
2019/2020, Alison Kuhn, 80 min 

 
Ein dokumentarisches Lehrstück zur „me too“ Bewegung: Auf einer leeren Bühne wird mit Improvisationstheater eine Situation rekonstruiert, die sowohl Regisseurin wie Schauspielerinnen vor einigen Jahren erlebten. Sie alle besuchten damals dasselbe Casting, in dem ihnen mehr abverlangt wurde, als sie freiwillig geben wollten. Jetzt spielen die Frauen nach, woran sie sich erinnern - sexuelle Übergriffe, Einschüchterung, Fassungslosigkeit. Wieviel Wut, Scham oder Selbstvorwürfe das bei ihnen hinterließ, erzählen sie parallel in mal nüchternen, mal hochemotionalen Interviewpassagen. THE CASE YOU demonstriert den Machtmissbrauch im Filmbusiness so eindringlich, wie man es nur selten sieht. 

THE CASE YOU weist über das konkrete Beispiel dieses bestimmten, übrigens durchgehend anonym behandelten Castings sowieso weit hinaus. Alison Kuhn will ein Fallbeispiel zeigen, dass nicht nur die Vergangenheit aufarbeitet, sondern hilft, die Zukunft zu verändern: Die Rekonstruktion jener Ereignisse klärt ganz generell, wie einfach im Filmgeschäft noch immer Macht auszuüben ist, und was für bleibende Schäden der Missbrauch solcher Macht hinterlassen kann. 
 
COUP 
2019, Sven O. Hill, 81 mins 

 
Was macht man als kleiner Bankangestellter, wenn man eine Sicherheitslücke im Finanztransaktionssystem entdeckt? Man schnappt sich zweieinhalb Millionen Mark und setzt sich nach Australien ab. So angeblich geschehen im Sommer 1988 und nun in einem so amüsanten wie wilden Mix aus Dokumentar-, Animations- und Spielfilm auf die Leinwand gebracht. Nicht gerechnet hatte der schlaue Bankräuber allerdings damit, dass seine Freundin ihm nicht nachkommen will und so sitzt er im goldenen Käfig Down Under und die Sehnsucht nach seinem kleinen Sohn wächst und wächst. Was als rückblickende dokumentarische Erzählung eines grauhaarigen Manns am Strand des Hamburger Elbufers und mit direktem Blick in die Kamera beginnt – oder ist es doch nur Seemannsgarn? -, entwickelt sich zu einem in Rückblenden geschilderten, ebenso amüsanten wie wilden Low-Budget-Mix aus Dokumentar-, Animations- und Spielfilm, ausgestattet mit viel Retrocharme. Dieser Debütfilm von Sven O´Hill hatte einen Minimalbudget  und gewann mehrere Preise bei deutschen Festivals. 
 
DEAR FUTURE CHILDREN 
2020 Franz Böhm, 89 min 

 
Während immer mehr Menschen weltweit gegen bestehende Systeme und Normen protestieren, dokumentiert der Film das Aufbegehren dreier junger Aktivistinnen, die im Zentrum dieser politischen Wende stehen. Ihr Kampf findet oftmals an vorderster Front statt und ist verbunden mit einem hohen Risiko. 

Rayen protestiert in Chile für soziale Gerechtigkeit. Pepper setzt sich in Hongkong für den Fortbestand der Demokratie ein. Und Hilda engagiert sich in Uganda gegen die verheerenden Folgen des Klimawandels. Angesichts der teils schieren Aussichtslosigkeit und der fatalen Auswirkungen ihrer politischen Arbeit auf die persönlichen Leben der drei Frauen versucht der Film zu ergründen, warum sie trotz aller Widerstände weiterkämpfen. 

In einer frühen Absichtserklärung zu seinem Vorhaben formulierte Regisseur Franz Böhm: „Mit unserem Film wollen wir die Energie, die Wut und den Einfallsreichtum verschiedener Akteure des internationalen Protests gegen Klimawandel, die Zumutungen sozialer Ungleichheit und Aushöhlungen der Demokratie dokumentieren. Es soll eine Hommage an Menschen werden, die aus einer Position der schieren Aussichtslosigkeit heraus das Wort ergreifen und sich selbst zu Taten ermächtigen. Darüber hinaus werden wir die Wirkungen zeigen, die ihre Aktionen auf der ganzen Welt haben.“

Das Projekt, welches ursprünglich Prayers Do Nothing (Gebete helfen nicht) heißen sollte, entstand über einen Zeitraum von zwei Jahren und wurde im Januar 2021 fertiggestellt. Ermöglicht wurde es hauptsächlich durch eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne, durch die ein Betrag von 22.039 € zustande kam. Zusätzlich wurde die Fertigstellung durch die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) gefördert.

An der Produktion des Films waren neben Franz Böhm als Regisseur, sowie Kameramann Friedemann Leis weitere Filmschaffende, sowie Journalist*innen, Aktivist*innen und ein breitgefächertes Netzwerk von Berater*innen aus über 15 verschiedenen Ländern beteiligt. 

Gewinner des „Audience Award" beim Max Ophüls Preis 2021 und auch mehrere internationale Preise. Gewinner des Deutschen Dokumentarfilmpreises 2022. 
 
EXIL 
2020, Visar Morina, 121 min 

 
Zunächst hängt eine tote Ratte am Gartenzaun. Dann findet das Meeting in einem anderen Raum statt, aber niemand hat Xhafer informiert, den aus dem Kosovo stammenden erfolgreichen Ingenieur mit Reihenhaus, Frau und Kindern, bestens in Deutschland integriert. So scheint es, so sieht er es – aber sehen das auch die anderen so? Zunehmend bekommt Xhafer das Gefühl, bewusst schikaniert und ausgegrenzt zu werden, wirkt immer angespannter, als könne er jeden Moment explodieren. Aber wird Xhafer tatsächlich bewusst gemobbt oder ist er nur hypersensibel? Verhalten sich seine Kollegen abweisend, weil er ein „Ausländer“ ist, oder finden sie ihn nur als Mensch unsympathisch, wie seine Frau ihm einmal entgegenschleudert; denn auch diese Beziehung funktioniert alles andere als reibungslos. Im oft unpersönlich und beinahe trostlos wirkenden Setting einer mittelständisch erfolgreichen deutschen Existenz erzählt Regisseur Visar Morina ein spannendes Psychodrama um Fragen wie Integration, Zugehörigkeit und Entfremdung, aber auch wie ein Identitätskonstrukt in Paranoia umkippen kann. 
 
FREIES LAND 
2018/2019 Christian Alvart, 129 min 


Winter 1992, irgendwo in den maroden Weiten Nordostdeutschlands: Zwei Ermittler – einer aus dem Westen, einer aus dem Osten – sollen den Mord an zwei Mädchen aufklären und landen immer tiefer im Sumpf des einstmals geteilten Deutschlands.  Die zwei Mädchen sind verschwunden und man munkelt, sie hätten sich einfach in den Westen abgesetzt; aber so richtig glaubwürdig klingt das alles nicht. Bald darauf werden zwei übel zugerichtete Leichen gefunden und es stellt sich heraus, dass es nicht die ersten jungen Frauen aus dem Dorf waren, die spurlos verschwunden sind. Immer tiefer dringen die ungleichen Ermittler in das Lügengeflecht der Einheimischen ein: Bach, der schon in der DDR Teil des Exekutivapparats gewesen war und dessen schwierige Vergangenheit nach und nach ans Licht kommt; Stein hingegen, emotional deutlich labiler als sein mit allen Wassern gewaschener Kompagnon, kommt aus der fremd und weit weg erscheinenden Großstadt Hamburg in ein Land mit eigenen Gesetzen. Regisseur Christian Alvart gelingt ein nachdenklich machendes und spannendes Genrekino mit Geschichtsbewusstsein. 

Freies Land ist ein Remake einer spanischen Vorlage: La isla mínima von Alberto Rodriguez, gedreht im Schwemmland an den Ausläufern des Guadalquivir im Südwesten der Iberischen Halbinsel. Ebenso wichtig wie die beeindruckende Location ist auch in diesem Fall die Epoche: die Zeit des Übergangs von der Franco-Diktatur in die Demokratie, eine Zeit der Ungewissheit zwischen alten und neuen Loyalitäten, eine Zeit der Verdrängung und der Angst vor Enthüllung. 
„Aber Alvart blickt genauer hin. Er dringt tiefer in seine Figuren ein. So nimmt die Krankheit, die sich in Markus Bach eingenistet hat, einen größeren Raum ein. Sein körperliches Leiden wird zum Ausdruck der seelischen Verheerungen dieses Mannes, der tief in die Verbrechen des DDR-Systems verstrickt war. Die Vergangenheit ist eine Art Krebsgeschwür, das weiter und weiter wuchert, ohne dass ihm irgendjemand Einhalt gebieten könnte. Und so geht es eben nicht nur Bach. Auch der Hamburger Polizist Patrick Stein, der sich mit seinem unbedingten Glauben an das Recht gegen seine Vorgesetzten gestellt hat, wird von Zweifeln vergiftet. Das, was war, lässt sich auf Dauer weder verdrängen noch übertünchen. Aus Idealisten werden im besten Fall Pragmatiker, im schlimmsten Kollaborateure. Das ist das Leben. Christian Alvarts Sicht auf die deutsch-deutsche Geschichte ist zutiefst fatalistisch. Aber sie hat auch etwas Befreiendes. Er reißt alte Wunden noch einmal auf und hofft, dass sie nun endlich richtig verheilen können. (Sascha Westphal, epd Film, 23.12.2019) 
 
HYPERLAND  
2020/2021 Mario Sixtus, 109 min 


Mario Sixtus erzählt von einer Zukunft, in der die sozialen Medien vollständig die Macht übernommen haben. Das Tun jedes Einzelnen wird von der Öffentlichkeit gesehen und in ein Bewertungssystem eingespeist, wer die Gunst der Masse hat, wird mit Privilegien belohnt. Sixtus allerdings zeigt die spannendere Variante, die Existenz derer, die in diesem System abstürzen und jenseits der Gesellschaft leben. Gleichzeitig behandelt er in HYPERLAND Themen, die mit der digitalisierten Welt einhergehen – Fake News, Fake Facts, Hetzkampagnen im Netz, alles in Gang gebracht durch eine Vergewaltigung, für die der Täter dem Opfer die Verantwortung zuschiebt. Da mündet der Science-Fiction dann in einen Thriller, weil Cee, die Hauptfigur, sich notfalls mit krimineller Energie zur Wehr setzt. 

Mario Sixtus, geboren 1965, lebt und arbeitet als freier Autor und Filmemacher in Berlin. Zunächst schrieb er für Print- und Online-Medien, etwa für ZEIT, FAS und brand eins. Seit vielen Jahren produziert er vor allem für Arte und ZDF Dokumentar- und Fernsehfilme, darunter die mit dem Grimme Online Award ausgezeichnete Reihe „Elektrischer Reporter" und den 2017 für einen Grimme-Preis nominierten Film „Operation Naked". 
 
TRÜMMERMÄDCHEN - DIE GESCHICHTE DER CHARLOTTE SCHUMANN  
2019-2021 Oliver Kracht, 126 min 

 
Deutschland 1946: Fünf Mädchen lernen von einer ehemaligen Filmdiva nicht nur, wie sie zu provokanten Verführerinnen werden, sondern vor allem, wie das sexuelle Machtverhältnis zwischen Mann und Frau funktioniert. Sie dekonstruieren ihre Biographien samt entsprechenden Rollenbildern und werden anschließend radikal zur Emanzipation erzogen. Das zeigt Oliver Kracht visuell teils wild und plakativ, teils erzählt er realistisch von Liebe und von Sehnsucht nach Erfolg, getragen wird das Kammerspiel von fantastischen Schauspielerinnen. 

„Wir vom Team und Cast sind dankbar, dass wir diesen Film weitgehend ohne redaktionelle Einflüsse herstellen konnten. Nur so war in jedem Department freies Arbeiten ohne Rücksicht auf Verluste möglich, wollten wir schließlich einen Kinofilm produzieren, der radikal und kompromisslos hinterfragt, ob wir wirklich so viel weiter sind mit dem Patriarchat und/oder faschistischen Strukturen seit 1946. Dies ist gelungen, denke ich“, meint Regisseur Kracht. 

Oliver Kracht wurde 1981 in La Paz geboren. Nach seinem Abitur studierte er Philosophie an der Universität Potsdam. 2007 zog er nach Madrid für ein Studium im Fachbereich Drehbuch und Dramaturgie an der Filmhochschule ECAM. 2019 vollendete er den Abschluss im Fach szenische Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg. Für das Drehbuch zu „Trümmermädchen – Die Geschichte der Charlotte Schumann“ wurde er 2019 mit dem „Thomas Strittmacher Preis” für das „Beste Drehbuch” ausgezeichnet. 

LA VICTORIA 
1973 Peter Lilienthal, 82 min 

 
Die junge Marcela reist aus einer kleinen chilenischen Stadt nach Santiago, um dort Arbeit als Sekretärin zu finden. Sie möchte in einem Ministerium arbeiten, muss sich aber zunächst mit schlechten, unterbezahlten Jobs über Wasser halten. Angesichts ihrer Erfahrungen politisiert sie sich zusehends, gibt armen Vorstadtkindern Leseunterricht und engagiert sich für die Abgeordnete Carmen Lazo, die in der Volksfront Allendes antritt. Peter Lilienthal, der seine Jugend in Uruguay verbrachte, schrieb den Film mit Antonio Skarmeta ein halbes Jahr vor dem Putsch in Chile, bei dem Allende starb. 
 
Der Film „La Victoria” (1973), vom deutschen Regisseur Peter Lilienthal, hat jetzt ein zweites Leben gefunden, nachdem das Goethe-Institut Chile und das Museum für Vergangenheitsbewältigung und Menschenrechte (Museo de la Memoria y los Derechos Humanos) den Filme aus der Vergessenheit geholt hat. Drehbuch von Antonio Skármeta und Kamera von Silivio Caiozzi. Die Dreharbeiten zum Film haben während der Parlamentswahlen im März 1973 stattgefunden. Als TV-Film für das ZDF entstanden, lief der Film einmal im Forum der Berlinale und dann offiziell am 17.9.1973 im deutschen Fernsehen, wenige Tage nach dem Militärputsch. Da es sich um einen Fernsehfilm handelt und auf Deutsch synchronisiert wurde, galt „La Victoria” als ein praktisch unbekannter Film in Chile. „La Victoria” ermöglicht einen frischen Blick auf die Geschehnisse der Zeit, wie die sozialen Konflikte und die Rolle der Frau, so dass der Film nach fast 50 Jahren noch brennend aktuell wirkt. 

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