Goethe-Institut bei dem SANFIC Filmfestival

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So, 14.08.2022 –
So, 21.08.2022

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Festival de cine híbrido

Das 70. Jubiläum des Goethe-Instituts wurde Anlass zu einer starken deutschen Beteiligung bei dem Internationalen Filmfestival Santiago SANFIC, welches in hybrider Form vom 4.8. bis zum 11.8. stattfindet, und 10 deutsche Uraufführungen für Chile inkludiert.

Besonders relevant ist der neueste Film von Andreas Dresen, „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“, der bei der letzten Berlinale zwei silberne Bären (für die beste Darstellerin und das beste Drehbuch) bekam. „Le Prince“ von Lisa Bierwirth wird Teil des internationalen Wettbewerbs sein.

In der Sparte „Visionen der Welt“ wird „Nahschuss“ von Franziska Stünkel präsentiert, über den letzten Menschen, der in der DDR hingerichtet wurde. Auch in jenen Zeiten spielt „Lieber Thomas“ von Andreas Kleinert, der bei dem Deutschen Filmpreis 2022 neun verschiedene Lolas räumte, für den besten Film in Gold, bestes Drehbuch, beste Regie, beste männliche Hauptrolle, beste weibliche Nebenrolle und beste Montage, unter anderen Auszeichnungen.

Goethe-Institut in Sanfic 2022

Competencia internacional: 

LE PRINCE 
2021, Lisa Bierwirth, 125 min 

 
Eine Liebesgeschichte in Frankfurt, die allerhand kulturelle Abenteuer anbietet: Ein Kongolese und eine Deutsche verlieben sich, sie gehen eine Beziehung ein, wohl wissend, dass die nicht einfach werden könnte. Tatsächlich hat der Mann mehr kriminelle Energie als die Frau sich das wünscht, dafür ist sie lieber seine Samariterin als seine Verbündete. Lisa Bierwirth erzählt in ihrem Debütfilm angenehm nüchtern von dieser schwierigen Verbindung, was nicht zuletzt die tollen Protagonisten ermöglichen. Parallel beobachtet sie die Vorurteile, die rundum emporschießen, so kann man erleben, wie der alltägliche Rassismus funktioniert. 
 
Maestros del cine: 
 
RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH 
2022, Andreas Dresen, 118 min 

 
Im November 2001 wird der in Deutschland geborene und aufgewachsene Türke Murat Kurnaz während eines Aufenthalts in Pakistan bei einer Routinekontrolle festgenommen. Als Terrorist verdächtigt, landet er Anfang 2002 im berüchtigten US-Gefangenenlager von Guantánamo. Doch obwohl sich seine Unschuld bald herausstellt, bleibt er in Haft, weil die türkische Regierung nicht interveniert und die deutsche Regierung ein entsprechendes Angebot der Amerikaner ablehnt.

Unterdessen beginnt Kurnaz' Mutter Rabiye einen schier aussichtslosen Kampf, um die Freilassung ihres Sohnes zu erreichen: Gemeinsam mit dem Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke strengt sie eine Klage gegen die amerikanische Regierung an. Dieser mutige Schritt katapultiert die türkische Hausfrau aus ihrem Bremer Reihenhaus direkt in die Weltpolitik. Der zermürbende juristische Prozess zieht sich über Jahre hin und führt das Duo Kurnaz-Docke bis zum Supreme Court der USA. 
 
Directoras en foco: 
 
COPILOT - DIE WELT WIRD EINE ANDERE SEIN 
2021, Anne Zohra Berrached, 119 min
 
 
Die romantische Liebesgeschichte von Asli und Saeed wird zum die Weltpolitik verändernden Albtraum. Denn es ist die Vorgeschichte der Terroranschläge vom 11. September 2001, erzählt aus der Perspektive der Frau eines der Attentäter; ein Film über Wahrheit und Glauben, Vertrauen und Verdrängung. Nach „Zwei Mütter" und „24 Wochen" beweist die Regisseurin einmal mehr ihren besonderen Blick für das Private im Politischen und eine große Sensibilität im Umgang mit ihren Darsteller*innen. 
 
REPUBLIC OF SILENCE 
2021, Diana El Jeiroudi, 183 min 

 
Virtuos komponiert die gebürtige Syrerin Diana El Jeiroudi eine vielschichtige dokumentarische Erzählung, um 12 Jahre der eigenen Existenz zu erfassen. 
Filmisches Mosaik aus Episoden und Fragmenten, Skizzen und Erzählungen, Emotionen und Informationen – virtuos gefügt zu einer geradezu epischen dokumentarischen Erzählung über den inzwischen weit mehr als ein Jahrzehnt dauernden Bürgerkrieg in Syrien. 
 
Función Especial: 
 
HERR BACHMANN UND SEINE KLASSE 
2021, Maria Speth, 217 min 

 
Wo ist ein Mensch zu Hause? In der wechselvollen Geschichte der hessischen Stadt Stadtallendorf haben Fremde sowohl Ausgrenzung als auch Integration erfahren. Heute hilft dort der engagierte und empathische Lehrer Dieter Bachmann seinen Schüler*innen, sich zumindest so zu fühlen als wären sie zu Hause. Die 12- bis 14-jährigen Schüler*innen kommen aus verschiedenen Ländern und sprechen zum Teil noch kein Deutsch. Bevor er demnächst in Pension geht, möchte der Lehrer bei den angehenden Bürger*innen noch die Neugier auf ganz unterschiedliche Beschäftigungsfelder, Themen, Kulturen und Lebensentwürfe wecken.

Der fesselnde, einfühlsame Dokumentarfilm vermittelt eine zentrale Erkenntnis: Hätten alle Kinder einen Pädagogen mit derartiger Geduld und großer emotionaler Intelligenz, würden Konflikte mit Worten gelöst und könnte John Lennons „Imagine" Wirklichkeit werden. 
 
Regisseurin Maria Speth und Kameramann Reinhold Vorschneider zeigen, dass Bildung nicht nur wichtig ist, sondern ein spektakulärer Vorgang sein kann – und setzen diesen so wunderbar in Szene, dass der Film selbst fast etwas Heldenhaftes bekommt. 

Auszeichnungen: Deutscher Dokumentarfilmpreis 2022 
Deutscher Dokumentarfilmpreis 2022 (ex aequo „Dear Future Children§) 
Bayerischer Filmpreis 2022: Bester Schnitt 
Deutscher Filmpreis 2021: Lola, Bester Dokumentarfilm 
IFF Berlin - Summer Special 2021: Publikumspreis - 1. Platz, Wettbewerb 
IFF Berlin 2021: Silberner Bär, Dokumentarische Form 
 
Visiones del Mundo: 
 
LIEBER THOMAS 
2021, Andreas Kleinert, 156 min 

 
Der Regisseur Andreas Kleinert, 1962 in Ostberlin geboren, beleuchtet das Leben des Schriftstellers, Regisseurs und Provokateurs Thomas Brasch. Schon als Kind erweist er sich als rebellische Natur und fühlt sich in der autoritären DDR sehr schnell fremd. Während sein Vater Horst aktiv am Aufbau des jungen deutschen Staats mitarbeitet, sehnt Thomas sich nach einem erfüllten und freien Leben als Schriftsteller und Filmemacher.

Die Konfrontation ist unausweichlich: Schon sein erstes Stück wird verboten, zudem fliegt Thomas von der Filmhochschule. Er lässt sich nicht unterkriegen, doch eine Protestaktion in Berlin gegen den Einmarsch in der Tschechoslowakei 1968 bringt das Fass zum Überlaufen: Horst verrät seinen Sohn und liefert ihn der Stasi aus. Nach kurzer Zeit im Gefängnis wird Thomas zwar auf Bewährung entlassen, doch seine schriftstellerischen Arbeiten über Liebe, Tod und Revolte finden in der DDR keinen Anklang. Mit seiner großen Liebe verlässt Thomas die Heimat und flieht in den Westen. Trotz überwältigenden künstlerischen Erfolgen bleibt er aber auch dort ruhelos. 
 
NAHSCHUSS 
2021, Franziska Stünkel, 116 min 

 
Einen faustischen Pakt mit der DDR-Staatsmacht schließt der junge Forscher Dr. Franz Walter, für eine Professur und private Privilegien willigt er in eine Tätigkeit für den Auslandsnachrichtendienst ein. Viel zu spät begreift er, mit wem und worauf er sich eingelassen hat; mit tödlichen Folgen.

Der klaustrophobisch inszenierte und packend gespielte Film beruht lose auf der Geschichte von Dr. Werner Teske, dem letzten Menschen, der in der DDR hingerichtet wurde. 
 
IVIE WIE IVIE 
2021, Sarah Blaßkiewitz, 109 min 

 
Ivies Selbstbild kommt ins Wanken, als plötzlich ihre Halbschwester auftaucht und nicht nur von der anstehenden Beerdigung des gemeinsamen Vaters in Senegal erzählt, sondern vor allem ihr Bewusstsein für den Alltagsrassismus schärft, dem sie als Afrodeutsche ausgesetzt ist; ein beeindruckendes Debüt über Selbstfindung und Diversität. 
 
Plötzlich steht ihre Halbschwester Naomi vor der Wohnungstür, von der Ivie bis dahin noch nicht einmal wusste, und berichtet von der anstehenden Beerdigung des gemeinsamen Vaters in Senegal. Für Ivie, die bei ihrer weißen Mutter in Leipzig aufgewachsen ist, gerade ihr Lehramtsstudium beendet hat und auf Jobsuche ist, bedeutet dies eine umso heftigere Konfrontation mit der eigenen „afrikanischen“ Geschichte. Naomi schärft bei den ausgiebigen Gesprächen vor allem Ivies Blick für ihre Identität als Afrodeutsche, für all die alltäglichen Erfahrungen von Rassismus und Diskriminierung, die Ivie trotz ihrer privilegierten Situation als Akademikerin regelmäßig widerfahren und die nur allzu oft nicht einmal böse gemeint sind, sondern aus Unwissen, Gewohnheit oder Unüberlegtheit entstehen.

Regisseurin Sarah Blaßkiewitz lässt sich und ihren Darstellerinnen dabei viel Zeit für die Entwicklung der Figuren und deren Lebenswelten, mal heiter, mal schmerzhaft; ein bewegender Debütfilm über die Selbstfindung einer jungen Frau. 
 
HINTER DEN SCHLAGZEILEN 
2021, Daniel Andreas Sager, 88 min
 
 
Mit ihrer Veröffentlichung der Panama-Papers (2016) zum weltweit organisierten Steuerbetrug war der Investigativ-Redaktion der Süddeutschen Zeitung um Bastian Obermayer und Frederik Obermaier, zusammen mit 376 anderen Journalisten aus 76 Ländern ein Scoop ersten Ranges gelungen. Zwei Jahre danach steht das Team vor neuen Herausforderungen: neben einem konspirativen Treffen mit Edward Snowden geht es um die Aufdeckung der Hintergründe des politischen Mords an der maltesischen Bloggerin Daphne Caruana Galicia, sowie um die Machenschaften eines mysteriösen Waffenhändlers, der mit dem iranischen Atomraketen-Programm in Verbindung gebracht wird. Als ihnen aber im Frühjahr 2019 ein geheim aufgenommenes Video zugespielt wird, das den österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache schwer belastet, konzentrieren sie ihre gesamte Energie auf diesen Fall, der später als Ibiza-Affäre berühmt werden sollte. 

Angelegt als dokumentarische Langzeitbeobachtung begleitet Regisseur Daniel Sager die beiden Protagonisten bei ihren Recherchen zwischen umsichtigem Insistieren und produktiver Skepsis. Der Blick hinter die Kulissen der großen Tageszeitung dokumentiert die umfänglichen Arbeitsprozesse, die seriös betriebene journalistische Arbeit seit jeher prägen. Spannung pur und ein Plädoyer für seriösen Journalismus in Zeiten von Populismus und Fake News. 
 
SANFIC EDUCA:

ALBTRÄUMER 
2020, Philipp Klinger, 93 min 

 
Seit ihr älterer, damals 17-jähriger, Bruder Dennis vor zwei Jahren von einer Brücke in den Tod gesprungen ist, versucht Rebecca seinen Suizid für sich zu verarbeiten. Die Eltern hingegen sind vor allem bemüht, die gutbürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten. Sie geben Dennis’ Freund Vincent, der damals mit ihm unterwegs war, die Schuld, was aber nie geklärt werden konnte. Als der im Dorf wieder auftaucht, sucht Rebecca seine Nähe, will mehr über ihren Bruder von ihm erfahren, fühlt sich aber auch zu ihm hingezogen, sein Verhalten allerdings ist abrupt wechselhaft wie leidenschaftlich.

Nachdem sie durch Vincent immer mehr in Dennis’ verborgene Welt eindringt und erkennt, dass zwischen den beiden Jungen mehr als eine Freundschaft war und während ihre Eltern alles ignorierend eine große Feier zu ihrem 18. Geburtstag vorbereiten, muss Rebecca selbst eine Entscheidung für ihren weiteren Lebensweg treffen. 

Mehr Infos unter www.sanfic.com

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