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Grußwort
GoetheFEST 2022

Liebe Fans des deutschen Films,

es ist wieder soweit – Kinozeit mit deutschen Filmen für das Publikum in Serbien. Das Goethe-Institut präsentiert sieben aktuelle deutsche Spielfilme auf den großen Leinwänden in Belgrad, Novi Sad und Niš. 

Das 11. GoetheFEST 2022 ist die zentrale Veranstaltung für Filme aus Deutschland, und ich bin sehr froh, dass wir diese Tradition auch in finanziell schwierigen Zeiten fortsetzen können. Mein Dank gilt diesmal in erster Linie der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, ohne deren Unterstützung es in diesem Jahr kein GoetheFEST gegeben hätte, sowie unseren Partnern, den Kulturzentren Belgrad, Novi Sad und Niš.

​Filme sind immer wichtig, um lebensverändernde Ereignisse zu verarbeiten oder für zwei Stunden aus der Realität zu entfliehen. Gerade in den schwierigen Zeiten, die wir durchleben, können Filme bedeutender sein denn je, denn sie eröffnen Räume für andere Lebensrealitäten und beleuchten auch kritische Themen. Sie können Menschen, die in unseren Gesellschaften oft überhört werden, eine Stimme geben. Das ist die politische Dimension, die in unserem diesjährigen Programm vielleicht am deutlichsten in Andreas Dresens Meisterwerk „Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush“ hervortritt.

Filme sind aber auch Poesie. Das Kino ist der Ausdruck unserer Träume, sagte Steven Spielberg. Und das stimmt, Sie können es selbst erleben in den nächsten Tagen. Treue und Verrat, Liebe und Tod, Träume, Freundschaft, Heimat. Vergangenheit und Zukunft: die sieben neuen Filme, wie immer ausgewählt und vorgeschlagen von Sunčica Šido, zeigen, was die Menschen überall in Deutschland bewegt.

Ästhetisch, manchmal kritisch, immer spannend: Das 11. GoetheFEST 2022 Kino erzählt Geschichten von Menschen und gibt ihnen eine Stimme. Erleben Sie hier in Serbien die Faszination und Kraft der Filme aus Deutschland.

Herzlich willkommen und viel Vergnügen,

Ihr
Frank Baumann
Leiter/Direktor des Goethe-Instituts Belgrad


Liebes Publikum, 

wir präsentieren euch das Festival des zeitgenössischen deutschen Films GoetheFEST, das zum elften Mal in Organisation des Goethe-Instituts und des Kulturzentrums Belgrads stattfindet, diesmal mit Unterstützung der Deutschen Botschaft. Die sieben Filme werden unter dem Motto „Liebe ist unaufhaltsam“ gezeigt.



Das Festival wird vom Film des Regisseurs Andreas Kleinert „Lieber Thomas“ eröffnet, einer Hommage an Thomas Brasch, an jene herausragende Künstlerpersönlichkeit auf der kreativen Landkarte bestehend aus Ost- und Westdeutschland – einen echten, die Gesellschaft provozierenden Anarchisten. Brasch ist ein Phänomen, weshalb der Regisseur und der Drehbuchautor (Thomas Wendrich) auch kein klassisches Biopic geschaffen haben, sondern versucht haben, die Figuren anhand Braschs Originalwerken zu gestalten. Dadurch ist es ihnen gelungen, eine poetische Stimmung zu schaffen, die jener im Braschs Texten und Filmen ähnelt. Eines der wichtigen Themen dieses Films ist die Kraft des Widerstands. Brasch ist ein kleiner Held, der keinerlei Kompromisse eingeht, er ist ein totaler Antikapitalist, der nie zur Ruhe kommt. Trotz seines umfangreichen Gesamtwerks – wobei er große Erfolge als Dichter, Romanautor, Essayist, Bühnenschriftsteller, Übersetzer von Shakespeare und Tschechow, ja sogar als Filmschaffender feierte, dessen Film auf dem Filmfestival von Cannes in der Kategorie Debütfilm gezeigt wurde – ist er bei unserem Publikum relativ unbekannt geblieben. Dies könnte sich nach Veröffentlichung seines Gedichtbands „Der schöne 27. September“ in serbischer Übersetzung ändern, der bis Jahresende beim Verlag „Radni sto“ erscheinen wird. Albrecht Schuch zeigt uns ein breites Spektrum darstellerischer Fertigkeiten und schauspielerischer Exzellenz. Erwähnt werden sollen auch seine Partnerinnen – Jella Haase als Katharina Thalbach und Paola Hans als Bettina Wegener. Der Schwarzweißfilm umfasst die Zeit von 1956 bis 2001 und dauert 157 Minuten. Er ist ausgesprochen dynamisch und ist schnell geschnitten.

Der Film „Kokon“ von Leonie Knippendorff ist eine gemeinsame Vorführung im Rahmen der diesjährigen Ausgaben des Merlinka-Festivals und des GoetheFESTs, da sich im Dezember diese beiden Partner-Filmfestivals überschneiden. Dieser komplexe lesbische Coming-of-Age-Film über den heißen Sommer 2018, der am Kottbusser Tor in Kreuzberg spielt und von den ersten Liebeserfahrungen der vierzehnjährigen Nora handelt, wurde zum ersten Mal bei der Berlinale 2020 in der Sektion Panorama gezeigt. Diese warme und intime Geschichte über das erstmalige Verliebtsein im multiethnischen bzw. multikulturellen städtischen Milieu bietet uns eine profunde Einsicht in psychische, physische und hormonelle Veränderungen in der Pubertät, die der Metamorphose des Schmetterlings ähneln, mit der sensationellen Lena Urzendowsky in der Hauptrolle. Dieser Film ist visuell ganz besonders, daher fordere ich euch auf, ihn euch mit besonderer Aufmerksamkeit anzuschauen. Andernfalls könnte euch der Formatwechsel entgehen, der das Erwachsenwerden markiert. 

Im Film „Nö“ geht es in den 15 Szenen aus dem Leben eines Ehepaars um nichts anderes als um das, „was das Leben mit oder ohne Kinder, in oder außerhalb einer Beziehung ausmacht“, so der Regisseur Dietrich Brüggemann. Hier geht es nicht um das Thema selbst, sondern darum, auf welche Weise es behandelt wird, und das ist neu in diesem Film. Brüggemanns Ideen sind wie üblich ausgesprochen originell, was sich vor allem auf die treffenden Dialoge bezieht. Anna Brüggemann ist ebenfalls präsent, sowohl vor als auch hinter der Kamera, als Koautorin des Drehbuchs. Der Zeitgeist des Milieus der urbanen, gebildeten, liberalen Linken zeigt sich wieder einmal in den Episoden. Und dennoch ist alles neu und frisch. 

„Alle reden übers Wetter“ ist eine neue und frische deutsche feministische Tragikomödie, das Filmdebut und die Diplomarbeit von Annika Pinske an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Dieses präzise und kluge Gesellschaftsdrama über Identität, Herkunft und Zuhause wird von Frauen verschiedener Generationen, Bildungsgrade und Lebensstile getragen. Die Hauptdarstellerin ist Ende dreißig und reist mit ihrer fünfzehnjährigen Tochter zu den Feierlichkeiten zum 60. Geburtstag ihrer Mutter. Eines der Themen bezieht sich auf die Erfolgswege in dominant weiblichen Berufen und den Kampf um Anerkennung in einer Welt voller Eitelkeit. Im Mittelpunkt steht die Beziehung zwischen der Hauptdarstellerin des Films im Kontrast zur anderen weiblichen Position – ihrer autoritären Doktormutter. Ausgehend von der jeweils eigenen Position befragen, kritisieren, unterstützen und fördern sie sich gegenseitig. Annika Pinske war Regieassistentin von Maren Ade am Film „Toni Erdmann“, und hier könnt haben wir es mit einer Komödie zu tun – im Sinne von Wortspielen, Witzen, kleinen Lügen und Selbstbetrug, in der deutsche Standpunkte in verschiedenen Milieus hinterfragt werden. Dies ist ein Film über deutsche Geschichtsdiskurse der heutigen Zeit, mit allen möglichen Konflikten von Ost bis West, Stadt und Land, der akademischen Elite und des ländlichen Umfelds. 

„AEIOU“ ist der neue Film der Regisseurin Nicolette Krebitz mit der Botschaft, dass Liebe als Naturkraft unaufhaltsam ist. Auch dieser Film war Teil des Wettbewerbsprogramms der Berlinale 2022. Krebitz hat bereits früher das Publikum mit ihrem Film „Wild“ überrascht, der 2016 im Rahmen des Sundance Film Festivals uraufgeführt wurde. Damals die Romanze zwischen einem jungen Mädchen und einem Wolf, diesmal eine Liebesgeschichte zwischen der sechzigjährigen Anne (Sophie Rois) und einem 17-jährigen Jungen (Milan Harms). Ja, das erinnert an Harold und Maude. Der Film ist vielschichtig, voller Andeutungen, Lektionen über das Leben und die Liebe. Im Mittelpunkt befindet sich die weibliche Lust im Kampf gegen gesellschaftliche Normen. Das Objekt ist der Mann. In diesem Film gibt es jedoch keinerlei Gewissheit, ebenso wie mit dem Buchstaben A, der am Anfang von allem steht: Leben, Schmerz, Erkenntnis und Liebe. Die Weiterentwicklung ins Unendliche ist möglich, denn das A hat es immer schon gegeben. Sie kocht für ihn eine Suppe, er klaut für sie eine Designertasche. Diese bekommt sie allerdings nur, wenn sie ihre alte Tasche wegwirft. Die Falle der Machtposition ist also von Anfang an klar. Zum Schluss bleibt die Frage - ist dies eine Beziehung, die frei von jeglichen Normen ist, einschließlich der emotionalen. 

Im Film „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ gelingen dem Regisseur Andreas Dresen und der Drehbuchautorin Laila Stieler ein Politthriller und ein sympathisches Porträt einer temperamentvollen Frau. Auch dieser Film war im Wettbewerbsprogramm der Berlinale zu sehen. Eine wahre Geschichte über Recht und Willkür – denn der Kampf einer Mutter für ihren Sohn, der wegen Terrorismusverdacht in Guantanamo gefoltert wird, ist der Kampf um Demokratie und das Protokoll seines Scheiterns. Als ihr Sohn verhaftet wurde, war er 19 Jahre alt. Der Film beginnt mit seinem Brief an sie. In der Konstellation grundverschiedener Persönlichkeiten, des präzisen und strukturierten Rechtsanwalts (Alexander Scheer) und der türkischstämmigen Hausfrau in Deutschland (Meltem Kaptan) ist es interessant zu verfolgen, wie sie sich einander annähern und wie im gemeinsamen Kampf um den Triumph der Menschlichkeit ihre Freundschaft entsteht. 

Ein weiterer Debütfilm ist Oliver Krachts „Trümmermädchen: Die Geschichte der Charlotte Schumann“, der die Nachkriegsjahre in Deutschland inhaltlich und formal in einem neuen Schlüssel erzählt. Im Vordergrund der Handlung stehen die Emanzipation der Frauen und die sexuelle Revolution. Der Film bemüht sich, die Konventionen der Erzählung und des bereits Gesehenen zu zerschlagen. Auch in diesem Film geht es vor allem um die weibliche Lust. Durch eine Collage von ebenfalls collagehaft zusammengesetzten Episoden, die sowohl narrativ als auch visuell unterschiedlich sind, betrachten und überdenken wir ein geschichtliches Zeitalter mit aktuellem Blick. Die moderne Stärkung der Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft ist ein weiteres zentrales Thema dieses Films, der bei den Internationalen Hofer Filmtagen uraufgeführt und dabei nicht nur mit dem Bild-Kunst Förderpreis für Kostümbild und Szenenbild, sondern auch mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino ausgezeichnet wurde. 

Willkommen.

Filmkuratorin Sunčica Šido
Koordinatorin Kulturprogramm
Goethe-Institut Belgrad
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