„Balkanizer“ Danko Rabrenović auf Balkan-Gastspiel in seiner Ex-Heimat Belgrad
Heimkehr eines kreativen Grenzgängers

Als kreativer Wanderer zwischen den Migrationswelten hat sich „Balkanizer“ Danko Rabrenović in deutschsprachigen Breiten einen Namen gemacht. Nun wagt der Ex-Kriegsflüchtling erstmals in seiner Ex-Heimat Belgrad per Standup den Perspektivwechsel zwischen dem deutschen und dem Balkan-Alltag.

Der „Balkanizer“ ist heimgekehrt. Der Beifall ist Danko Rabrenović bei seinem Balkan-Gastspiel im voll besetzten „Atelier 212“ in Serbiens Hauptstadt Belgrad schon vor seinem Auftritt gewiss. Über 1000 Radio-Shows, Konzerte, „Solo & allein“-Standup-Auftritte und Lesungen hat der 53jährige mittlerweile auf seinem kreativen Entertainer-Buckel. Aber dennoch verspürt der nimmermüde Wanderer zwischen den Balkan- und deutschen Welten vor seiner Standup-Premiere in seiner Ex-Heimat ungewohnte Nervosität. „Ich bin aufgeregt – und berührt“, bekennt der einstige Flüchtling.
 
In Zagreb geboren, in Belgrad aufgewachsen: 22 Jahre jung war der Spross einer kroatisch-serbischen Journalistenfamilie, als er 1991 vor den Schrecken der Jugoslawienkriege und der Einberufung in die Armee „ohne jegliche Deutschkenntnisse“ zu einer Tante in Recklinghausen flüchtete. Dass er drei Jahrzehnte später auf Einladung der deutschen Botschaft mit seinem deutschsprachigen Standup-Programm auf der Bühne des Theaters seiner Jugendidole gastiert, bezeichnet er als „sehr emotionelle Sache“: „Für mich schließt sich der Kreis eines halben Lebens.“

Danko Rabrenović
© Palmpictures
Über die Hälfte seines Lebens ist Rabrenović mittlerweile in Düsseldorf zuhause. Zwei Pässe, der kroatische und der serbische, sind ihm als Dokumenten-Erbe des zerfallenen Jugoslawiens geblieben. Aber dennoch verweigert sich der selbsterklärte „Balkanese“ oder „Deutsch-Jugo“ konsequent einer nationalen Zuordnung: „Nationalitäten sind ersonnene Narrative, mit denen ich nichts anfangen kann. Wir haben tausende kollektive Identitäten, von denen die nationale nur eine und keineswegs die wichtigste ist. Ich identifiziere mich eher als Geschichtenerzähler oder Musiker als mit irgendeiner Nation.“
 
Ob als Moderator der Kultradio-Sendung „Balkanizer“, Sänger der Balkan-Band „Trovaci“, Autor oder Standup-Künstler – „egal auf welchem Vertriebskanal“ setzt er beim Blick auf kulturelle Gegensätze und Gemeinsamkeiten auf den ständigen Perspektivwechsel: „Ich schaue durch meine Balkan-Brille auf Deutschland und durch meine deutsche Brille auf den Balkan – und dabei passieren interessante, lustige und unorthodoxe Sachen. Wenn man in zwei Kulturen und in zwei Sprachen zuhause ist, sieht man Sachen anders, ist der Blick ein anderer. Denn das sind zwei Welten, auch wenn sie nur 1000 Kilometer auseinander liegen.“
Danko Rabrenović
© Palmpictures
„Edutainment“ – edukatives Entertainment – nennt Rabrenović seinen eher spielerischen Blick auf den Migrationssalltag: „Letztendlich bin ich ein Geschichtenerzähler mit einer Gitarre. Die Leute sollen etwas erfahren, aber auch Spaß haben – und sich gut unterhalten.“
 
Die Lacher hat der Balkanizer auch bei seinem Balkan-Gastspiel auf seiner Seite, wenn er im Atelier 212 über die Unterschiede zwischen den analorientierten Flüchen in deutschsprachigen Breiten und den genitalen Kraftausdrücken seiner serbokroatischen Muttersprache philosophiert. Doch abseits der Bühne lässt der selbstironische Selbstdarsteller vor allem andere Immigranten zu Wort kommen - und über ihre Erfahrungen erzählen: „Mich interessiert, wie die Leute leben, wie sie denken, was ihr Leben in zwei Kulturen ausmacht. Ob dieses für sie eine Bereicherung oder auch eine Belastung ist.“
 
Hatte der Balkanizer in den letzten beiden Jahrzehnten ausschließlich auf deutsch mit seinem Publikum kommuniziert, produziert er mit „Dankodan“ (Danko-Tag) für die serbokroatischen Programme der Deutschen Welle seit einigen Monaten erstmals in seiner Muttersprache ebenso einfühlsame wie unterhaltsame Video-Miniaturen über Musiker und Migranten in Deutschland und in den ex-jugoslawischen Staaten. Vor allem Migrantenkinder der zweiten und dritten Generation müssten in ihrer Muttersprache „oft nach den Worten suchen“, berichtet Rabrenović.
 
Allein in Nordrhein-Westfalen habe mittlerweile ein Viertel der Bevölkerung „irgendeinen Migrationshintergrund, aber in den Medien spiegelt sich diese Realität absolut nicht wieder“, klagt der multimediale Streiter für das multikulturelle Miteinander: Selbst bei Massensendungen wie dem WDR-Programm 1Live gebe es „nur deutsche Kartoffeln und kein einziger Moderator, der anders heißt, anders aussieht oder einen anderen Hintergrund hat“: „Sie reden nur immer darüber, ein Spiegel der Gesellschaft sein zu wollen. Aber das passiert nicht – oder es scheint ihnen immer noch schwer zu fallen.“
Danko Rabrenović
© privat
„Solo & allein“ ist der Balkanizer bei seinem Balkangastspiel nur auf der Bühne. Nach seiner Vorstellung herzt er im verrauchten Theater-„Bife“ noch lange die alten Freunde und Angehörige. Heimat sei überall dort, „wo Du auch um drei Uhr nachts mindestens drei Leute anrufen kannst, wenn Du ein Problem hast“, pflegt der Grenzgänger seinen Heimatbegriff zu definieren: Die drei Freunde findet er 31 Jahre nach seiner Flucht in Belgrad immer noch.

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