Ausstellung diSTRUKTURA: Mitteleuropäische Landschaft

Himmel über Belgrad © diSTRUKTURA

Fr, 15.10.2021 –
Sa, 27.11.2021

19:30 Uhr

Goethe-Institut Belgrad, Bibliothek

 
Ausstellungseröffnung: 15.10.2021 um 19:30 Uhr
Die Eröffnung findet vor dem Goethe-Institut statt. In der Galerie sind maximal 5 Besucher gleichzeitig erlaubt. Wir bitten Sie, Abstand zu halten und Ihre Mundmaske zu tragen.

Gute Gewohnheiten: 20.11.2021 von 11:00 bis 14:00 Uhr
Künstlerischer Spaziergang durch Belgrad – Zeitgenössische Kunst
Weitere Informationen

Kunstcafé: 27.11.2021 um 17:00 Uhr
Mit: Saša Janjić (Kunsthistoriker), Dr. Sanja Kojić Mladenov (Kunsthistorikerin), Milica Miličević und Milan Bosnić (diSTRUKTURA)
Online-Streaming über Facebook und YouTube
WICHTIG: Falls Sie persönlich anwesend sein möchten, bitte melden Sie sich über die folgende E-Mail-Adresse an: selman.trtovac@goethe.de .

Zentraleuropa ist neben der Deutung als geographischer Begriff vor allem ein historisches, kulturelles, politisches und ethnografisches Konzept, dass Länder zwischen Ost- und Westeuropa voraussetzt. In besonderem Maße bezieht sich der deutsche Termin, Mitteleuropa, auf den Raum, der vor dem Ersten Weltkrieg unter einem dominierenden Einfluss des österreichischen Kulturklimas stand, was sich größtenteils mit der modernen Beschreibung Zentraleuropas deckt.

Die Überlegungen des künstlerischen Paares diSTRUKTURA bewegen sich in Richtung der Gestaltung von Fragen darüber, wie so eine Landschaft als Mittel des Austauschs, als Ort der visuellen Aneignung und als Fokus für die Formung einer Identität zirkuliert. Dieses Thema haben sie zum ersten Mal berührt, als sie an der Bilderserie „Mitteleuropäische Landschaft“ arbeiteten, die den urbanen Raum von Neubelgrad darstellt bzw. die brutalistische Architektur der Blöcke in Neubelgrad mit ausgesprochen gesenktem Horizont. Die Idee von mitteleuropäischer Landschaft umfasste ebenfalls Arbeiten wie Locus Suspectus, HomeLand und We are living in a beautiful wOURld – Graz.

Himmer über Belgrad © diSTRUKTURA


Wörter der Landschaft

Aleksandra Estela Bjelica Mladenović
 
„Aber, von innen gibt es keine Grenzen mehr ...“
Jean Tardieu

Die neuesten Arbeiten des künstlerischen Paares diSTRUKTURA thematisieren die Landschaft, die urbane Landschaft als konstruiertes Bild, geographischen Begriff, soziale Kategorie. Die Arbeiten sind im Zeitraum von 2013 bis 2015 entstanden und stellen den Teil eines größeren Projektes dar.

Der Begriff der Landschaft ist im geographischen Sinne als mitteleuropäisch bestimmt, kann aber auch in einem breiteren Kontext im Verfahren der Identifizierung der eigenen Vergangenheit und der Antizipierung der kulturellen, sozialen, politischen Zukunft verstanden werden. diSTRUKTURA nutzt die obsessive Erforschung der Möglichkeiten der Landschaft als eines definierten Raumes als Methode für die Erklärung aller Mutmaßungen und Folgen in der Deutung des erwähnten Begriffs „mitteleuropäische Landschaft“. Die Rechtfertigung in ihrem Verfahren befindet sich in der Herkunft des Ortes (geographischer Begriff) und der Anordnung des Raumes, aus dem sie stammen. Auf der Suche nach einer vollendeten, präzisen, definierten Landschaft setzen die Künstler in ihren gemeinsamen Aktionen den Akzent auf die Landschaft als konstruierten Raum.

Wenn wir über die Landschaft in den Arbeiten des künstlerischen Paares diSTRUKTURA sprechen, denken wir nicht an die Darstellung der Landschaft als eines klassichen darstellenden Themas, sondern an konstruierte Räume, die eine definierte Struktur besitzen. Wir sprechen über die Stadt, nicht nur als urbane Masse, sondern auch als Raum des gestalteten sozialen Gewebes. Wir denken ebenfalls an kulturelle, politische, wirtschaftliche Landschaften, an urbane architektonische Ganzheiten, an ökologische Gemeinden, an geographische Karten, an all die (un)begrenzten Strukturen, die mit ihren Dimensionen auf Unmessbarkeit (unbegrenzte Dauer), Unbestimmtheit (unbegrenzte Bewegung), Reproduktivität (unbegrenzte Auswahl) hinweisen.

Die Arbeiten wurden in unterschiedlichen Medien ausgeführt – Bild, Photographie, Video – obwohl die Photographie das meist vertretene Medium ist, das diSTRUKTURA in ihren Projekten anwendet, indem sie mit medialer Vielseitigkeit auch die Mannigfaltigkeit der Landschaft als vorgegebene, aber doch unsichere und veränderliche Struktur potenzieren möchte. Indem wir die Arbeiten betrachten, erleben wir die Landschaft als Bild – Vorstellung, gegliedert, eingeteilt in kleine Miniaturfelder, die uns an ein digitales Bild erinnern. Diese Pixelisierung macht uns darauf aufmerksam, das wir uns tief im 21. Jahrhundert befinden, in dem der Mensch vom Raum entfremdet ist, obwohl er sich im physischen Sinne in ihm befindet, ihm gehört, sich in ihm bewegt und ihn prägt. Wie sollte es auch anders sein, wenn unsere heutige Perzeption durch digitale Medien bedingt ist?

Diese Arbeiten sind ebenfalls Beispiele eines kontinuierten Nachdenkens über den äußeren und inneren Raum, der uns umgibt und schildert, über den Raum als (un)veränderliche Kategorie. Intime Geographie, die wir bewältigen, indem wir uns durch einen ausgesuchten Raum bewegen, leitet uns an, seine Charakteristiken, Gegebenheiten, klare geometrische Aussagen zu identifizieren, zu hinterfragen, zu deuten. Trotz der Entfremdung ist uns der Raum, so wie er ist und in dem wir sind, doch nicht fremd oder unbekannt, so dass wir uns nicht, wie Paul Virilio, fragen müssen – „In welchem Moment zeigt die Stadt ihr Gesicht?“

* Aleksandra Estela Bjelica Mladenović war Kuratorin im Kulturzentrum Belgrad, Serbien, 2015.

 
diSTRUKTURA

Milica Miličević (geb. 1979) und Milan Bosnić (geb. 1969) haben ihre Grund- und Masterstudien an der Abteilung für Malerei der Fakultät der darstellenden Künste der Kunstakademie in Belgrad absolviert und obwohl sich ihre individuellen künstlerischen Unterfangen im Rahmen von selbstständigen und gemeinsamen Ausstellungen unterscheiden, arbeiten sie schon seit 15 Jahren an gemeinsamen Projekten unter dem Namen diSTRUKTURA. Ihre Ideen drücken sie mittels unterschiedlicher Medien aus, wobei es sich größtenteils um Photographie, Malerei, Zeichnung und Video handelt.

diSTRUKTURA nahm an über 30 selbstständigen und mehr als 60 Gruppenaustellungen in Europa und auf der ganzen Welt teil. Selbstständig stellten sie in Serbien, Österreich, Holland, Deutschland, Japan, Tschechien, Slowenien und Finnland aus. Die Aktivitäten von diSTRUKTURA wurden von zahreichen Stiftungen unterstützt, während ihre Arbeiten einen Teil zahlreicher privater, öffentlicher und korporativer Sammlungen darstellen – wie zum Beispiel der Sammlungen des Zentrums für gegenwärtige Kunst H2, des Museums für gegenwärtige Kunst der Wojwodina, des Kulturzentrums Belgrad, der Wiener Städtische, des Museums der Stadt Belgrad, des Unternehmens Telenor sowie der Kunstsammlung Okolje Consulting aus Ljubljana. Während der letzten zehn Jahre nahmen sie an Residentialprogrammen und Workshops in Spanien, Deutschland, der Schweiz, Österreich, Holland, Slowenien, Italien, Finnland, Ägypten und Serbien teil.

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