Kultur

Mit Vollgas über die Rampe

Foto: © UrbiFoto: © mz
Elisabeth Trobisch, Sängerin und Mitbegründerin von „Betty and the Pretty Bitchfuck”, Foto: © mz

Ihr Name ist zwar lang, prägt sich aber sofort ein: „Betty and the Pretty Bitchfuck”. Seit dreieinhalb Jahren bringen die vier Damen mit großem Talent und noch größerer Liebe zum Rock ‘n‘ Roll jedes Publikum zum Schmelzen und Tanzen. Elisabeth Trobisch, Sängerin und Mitbegründerin von „Betty and the Pretty Bitchfuck”, hat mit jádu-Autorin Lara Schech über die Anfänge der Band, den ersten Auftritt und ein unvergessliches Konzert in Tschechien gesprochen – und wie es jetzt weitergeht.

Geboren und aufgewachsen in Sachsen, wohnt die 28-Jährige mittlerweile in Berlin und hat ihr Studium abgeschlossen. Bei Betty and the Pretty Bitchfuck war sie von Anfang an dabei: „Ich war schon länger mit der Schlagzeugerin Patze befreundet, als wir mit unserer damaligen Percussion-Band auf einem Stadtfest spielten”, erzählt sie. „Recht betrunken standen wir damals vor der Bühne und freuten uns wie Kinder über unsere Vorband, Tom Twist, die wunderbaren Rock ‘n‘ Roll spielten. In diesem Moment beschlossen wir, ebenfalls eine Rock ’n Roll Band zu gründen.“

„Fühlt es sich gut an, dann gehört die Musik zu mir – oder ich zu ihr.“

So ging es los, im Herbst 2010. Gitarre und Bass waren schnell besetzt. Obwohl man sich erst einmal kennen lernen musste, fand die Band schnell zusammen, genoss wunderbare Auftritte und hatte ihren Spaß. Das erste Konzert war für Elisabeth auch deshalb besonders, weil es auf ihrer Geburtstagsparty stattfand: „Wir traten in unserem Proberaum auf, vor vielleicht fünfzig Leuten. Wir konnten bereits - oder besser gesagt erst - drei Lieder spielen. Die Leute sind aber förmlich ausgerastet vor Freude! Also wiederholten wir die paar Stücke einfach noch ein zweites Mal. Das fand so guten Anklang, dass wir von da an immer wieder Anfragen bekamen.“ Ein super Start, für eine so frische Band. Nur mit dem eigenen Namen wollte es nicht klappen. Erst nach einem Jahr kam die zündende Idee: „Bei einem Kellerkonzert in Dresden stellten wir zum Konzert eine Kiste auf, in die sich kreative Köpfe hinein ergießen konnten“, erklärt Elisabeth, „die beste Idee gewann: Betty and the Pretty Bitchfuck.”

Foto: © Urbi
„Betty and the Pretty Bitchfuck”, Foto: © Urbi

Selbst hat Elisabeth Rock ‘n‘ Roll, neben der Klassik, seit früher Kindheit durch die Eltern gehört. Erst mit Anfang 20 begeisterte sie sich persönlich für das Genre: „Die Lebensfreude in dieser Musik hat mich angesteckt. Ab da an wurde ich teilweise Elvis genannt, da ich versuchte, mich wie er zu kleiden. Auch mit den riesigen Tollen! Als Frau wird man durchaus erstaunt betrachtet. Die äußere Erscheinung hat sich mittlerweile etwas normalisiert, aber die Musik bleibt.“ Bestimmte Bands oder Musiker des Genres, die sie besonders geprägt haben kann sie nicht benennen. Ihre Vorlieben sind breit gestreut: von Jerry Lee Lewis über June Carter hin zu Kitty Daisy. „Ich höre immer auf das Gefühl, das sich innerlich breit macht. Fühlt es sich gut an, dann gehört die Musik zu mir – oder ich zu ihr.“ Darüber hinaus braucht Elisabeth zwischendurch immer noch eine große Portion Elektro: „Musik ist für mich etwas Übersinnliches und mit den Mädels zusammen wie ein kurzes Aussteigen aus dieser Welt. Seit meiner Kindheit habe ich verschiedene Instrumente gespielt, bei uns wurde damals viel Hausmusik mit der Familie gemacht. Deshalb ist Musik für mich etwas Heimisches und Wohltuendes, und ein Mittel um mich auszudrücken. Abgesehen davon macht es einfach einen Heidenspaß.“ Der Lieblingssong der Band? Solomon Burkes Cry to me - und natürlich Elvis’ Hound Dog. Ihre eigene, umgeschriebene Version von letzterem sei sogar „unerwartet gut“ gelungen, verrät die Sängerin.

Umhüllt von einer freudestrahlenden Wodkaseele

Im Dezember 2012 organisierte ein Freund aus Prag für Betty and the Pretty Bitchfuck ein Konzert in Tschechien. Elisabeth erinnert sich noch lebhaft daran: „Ich hatte einen alten Volvo, in den wir alles hineinstopften, was mit musste. Auf der Reise wurde es also sehr eng. Hinter der Grenze bogen wir hinter einem hell beleuchteten Liebesnest zur Fähre über die Elbe ab. Auf der anderen Seite wurden wir schon im Lokal „Dolní Grund“ erwartet. Allein die Überfahrt war ein Erlebnis für sich, da wir die ganze Zeit fürchteten, mitsamt dem Auto in die Elbe zu fallen. Die Fähre wurde nur von zwei Männern festgehalten und trieb beim Versuch, von ihr aufs Land zu fahren, immer wieder ab. Mit Vollgas und über eine Rampe von circa 20 Zentimetern hinweg, erreichten wir doch noch unser Ziel – das ganze zu einem abenteuerlichen Fährpreis von nur einem Euro.“ Als die Truppe endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, wurde sie von mehreren tschechischen Matrosen und Unmengen Wodka empfangen. „Wir schmissen uns in unser 60er-Jahre-Outfit und da unsere Vorband wegen Krankheit ausfiel, spielten wir auch hier unser Programm zweimal. Das fiel aber nicht weiter auf, da die Kneipe vollständig von einer freudestrahlenden Wodkaseele umhüllt war und die Hälfte der Gäste bereits begonnen hatte, auf den Tischen zu tanzen. Es war ein wunderbarer Abend, wie ich ihn mit der Band kein zweites Mal erlebte.“

Im Sommer 2013 spielten die vier bei der Bunten Republik Neustadt, einem Stadtteilfest in Dresden. Zahlreiche Zuschauer ließen sich von dem authentischen Rock ‘n‘ Roll im Sturm erobern, einige fingen spontan an, auf der Straße zu tanzen. Seit letztem Sommer hängt „Betty and the Pretty Bitchfuck“ in der Schwebe. Mit Elisabeths Umzug nach Berlin fehlt der Band die starke Sängerin in Reichweite. Trotzdem wird ab und zu noch gemeinsam geprobt und „geschaut, was passiert“. Weitere Konzerte werden sich ergeben, da ist man sich sicher - aufgelöst hat sich die Band nämlich nicht. Wer auf dem neuesten Stand bleiben möchte, sollte der Facebook-Seite der vier Musikerinnen folgen und sich ihr nächstes Konzert auf keinen Fall entgehen lassen.


Copyright: jádu / Goethe-Institut Prag
Februar 2014
Links zum Thema

Themen auf jádu

Gemischtes Doppel | V4

Vier Kolumnisten aus der Slowakei, Tschechien, Polen und Ungarn schreiben über die Bedeutung Europas, Rechtspopulismus, nationale Souveränität, gesellschaftlichen Wandel, die Arroganz des westlichen Blicks – und brechen damit staatliche und gedankliche Grenzen auf. Mehr...

Heute ist Morgen
Oder ist es umgekehrt?! Und war nicht auch gestern schon mal Morgen? In was für einer Welt wollen wir gerne leben? Und wie lange wollen wir warten, bis sie Wirklichkeit wird? Mehr...

Im Auge des Betrachters
… liegt die Schönheit. Da liegt aber auch die Hässlichkeit – und alles dazwischen. Als Betrachter sind wir jedoch nur selten allein. Und als Betrachtete sowieso nicht. Mehr...

Dazugehören
Seit gesellschaftliche Akteure jeder Couleur ihre Forderung nach Integration einem Mantra gleich herunterbeten, gerät viel zu oft in Vergessenheit, dass Integration ein individueller Prozess ist, der auch von uns selbst etwas verlangt. Mehr...

Themenarchiv
Ältere jádu-Schwerpunkte findest du im Themenarchiv. Mehr...