50 Jahre Sprache und Begegnung

50 Jahre Goethe-Institut Berlin Goethe-Institut

Seit einem halben Jahrhundert kommen Menschen aus aller Welt an das Goethe-Institut Berlin, um Deutsch zu lernen, Berlin kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Aus einem kleinen Sprachinstitut im Bezirk Grunewald hat sich das Institut zur internationalen Lehr- und Begegnungsstätte in Berlin Mitte entwickelt, an der jährlich 10.000 Gäste weilen.

Angefangen hatte es 1960 in einer Villa, die vom Senat für Bauwesen nach den Wünschen des Goethe-Instituts umgebaut wurde. In dieser Stadt, in der neue dramatische Entwicklungen jederzeit möglich erschienen und sich entsprechend auf den Zustrom ausländischer Studenten auswirken konnten, war es durchaus ein Wagnis, ein Goethe-Institut zu gründen. Noch war das Chrutschow-Ultimatum in Kraft, das eine völlige Trennung Berlins von der Bundesrepublik forderte. Ein Jahr später wurde die Mauer gebaut.

Seit den ersten Schritten bis heute besteht eine enge Verknüpfung mit der Stadt Berlin und ihren bewegten Entwicklungen, weshalb dem Institut im Kreise der weltweit 149 Institute stets eine besondere Rolle zukam und es stets flexibel auf gesellschaftliche und fachinhaltliche Erfordernisse reagierte.

Dies spiegelte sich bereits in den ersten Kursangeboten wider. Erstmals wurden an einem Institut in Deutschland über Sprachunterricht hinaus gleichzeitig auch DeutschlehrerInnen aus- und fortgebildet. Im Grunewald startete man mit 12 SprachkursteilnehmerInnen und 30 angehenden DeutschlehrerInnen aus Ägypten und Syrien (damals noch „Vereinigte Arabische Republik“), heute kommen jährlich 7.000 Sprachlernende und 1.000 Deutschlehrende zu Fortbildungen an das Goethe-Institut Berlin.

Schnell trug dieses Konzept Früchte, die Teilnehmerzahlen stiegen kontinuierlich, und im achten Jahr fand man, wieder mit finanzieller Unterstützung durch den Senat, ein geräumigeres Domizil in direkter Nähe des Kurfürstendamms. Dieser erste Umzug von der Kaspar-Theyß-Straße in die Knesebeckstraße erweiterte nicht nur die räumlichen Möglichkeiten. Er fiel in eine Phase der Liberalisierung der deutschen Gesellschaft und eines wirtschaftlichen Aufschwungs, was sich unmittelbar in der auswärtigen Bildungs- und Kulturpolitik niederschlug. Es expandierte die Förderung von künstlerischen und intellektuellen Experimenten, deutsche Film- und Theaterproduktionen kamen zu einem erheblichen Anteil über die Goethe-Institute ins Ausland. Das kulturelle in Leben in Deutschland weckte weltweit Interesse und Berlin wurde zu einem kosmopolitischen Magneten, der vor allem junge Menschen aus aller Welt anzog.

Bald unterrichtete das Goethe-Institut Berlin jährlich 2.000 KursteilnehmerInnen und empfing Hunderte von DeutschlehrerInnen, Germanisten und Historikern zu Seminaren der „Erlebten Landeskunde“ und Methodik für Deutsch als Fremdsprache. Es erstellte als erstes Inlandsinstitut ein standortspezifisches Angebot, in dem auch Kurse für „Aussiedler und türkische Gastarbeiter“ enthalten waren, wie es in der Begrifflichkeit jener Zeit hieß.

Eine weitere neue Dimension der Aufgaben entwickelte sich zwischen 1970 und 1980 aus dem kulturellen Rahmenprogramm. So entstand zum Beispiel aus einer Reihe kleinerer Ausstellungen im Goethe-Institut Berlin das Konzept einer „Galerie der Dritten Welt“, die als Kooperationsprojekt des Goethe-Instituts mit seinem weltweiten Institutsnetz und mit Berliner Institutionen und der Kulturverwaltung realisiert wurde. Von heutiger Warte aus wissen wir, dass diese und viele andere damals experimentierten Ideen später im Festival „Horizonte“ und nicht zuletzt im „Haus der Kulturen der Welt“ ihre institutionelle Verwirklichung fanden.

Mit den erweiterten Tätigkeitsfeldern stiegen auch die Teilnehmerzahlen. Insbesondere der Bereich der Lehrerfortbildung mit den Seminaren zur aktuellen Landeskunde expandierte und schuf in seiner Fülle fachlicher Kontakte zu Berliner Bildungs- und Kulturinstitutionen ein solides, bis heute währendes Netzwerk. So schlug sich die Rezession der frühen achtziger Jahre zwar durchaus in stagnierenden Teilnehmerzahlen des Goethe-Instituts Berlin nieder, doch schon längst war es in der Knesebeckstraße zu eng geworden.
Im März 1989 fand der zweite Umzug statt, wieder half der Senat (aus Mittel der Stiftung Deutschen Klassenlotterie), diesmal durch die Übernahme der Inneneinrichtung der neuen Adresse in der Hardenbergstraße 7. Hier nun, auf 4000 m², boten sich uneingeschränkte Möglichkeiten für alles, was das Goethe-Institut Berlin und die Stadt erwarteten: ein Veranstaltungssaal, eine moderne Mediothek und ausreichend Unterrichtsräume - der ideale Ort für Begegnung und interkulturellen Dialog, auf lange Zeit angelegt. 1990 kamen 4.000 Deutschlernende, 1.200 TeilnehmerInnen besuchten fachliche Fortbildungen oder die Seminare zur „Erlebten Landeskunde“.

Dennoch kam es anders als geplant. Wieder durchlebte das Goethe-Institut Berlin eng verbunden mit dem Schicksal der Stadt eine neue, die hoffnungsvollste und bewegendste Phase. Mauerfall und politische Öffnung nach Osten bewirkten allerdings sehr schnell eine Verschiebung der Förderschwerpunkte auf Bundes- und Landesebene, Übergriffe auf Ausländer verunsicherten die Gäste des Instituts. 1995 war ein Umzug in kleinere Räumlichkeiten notwendig.

Symbolträchtig war auch diese neue Adresse just gegenüber dem Checkpoint Charlie an der Schnittstelle der Bezirke Kreuzberg und Mitte.

Und mit dem vierten Umzug vor nunmehr zehn Jahren ist das Institut in der Mitte Berlins, in der Neuen Schönhauser Straße 20, angekommen.