Lesung und Gespräch Anke Stelling & Kristine Bilkau

Anke Stelling (links) © Nane Diehl; Kristine Bilkau (rechts) © Thorsten Kirkes Anke Stelling (links) © Nane Diehl; Kristine Bilkau (rechts) © Thorsten Kirkes

Di, 07.06.2022

19:00 Uhr

LiteraturHaus

Literarische Bearbeitung der Gegenwart

Mit Anke Stelling und Kristine Bilkau präsentiert das Goethe-Institut im Juni zwei interessante Stimmen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, die auf ganz unterschiedliche Weise die Existenzbedingungen in der heutigen Gesellschaft thematisieren. Im Austausch mit Sophie Wennerscheid, Kulturwissenschaftlerin, Professorin an der Universität Kopenhagen und Literaturkritikerin, stellen die beiden Schriftstellerinnen ihre Romane Schäfchen im Trockenen und Die Glücklichen vor. Nach einer kurzen Lesung wird es im darauffolgenden Gespräch um die literarischen Verfahrensweisen der beiden Autorinnen gehen, um Literatur und Politik und die Beschreibung der Gegenwart. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im LiteraturHaus, der Eintritt ist frei, kostenlose Eintrittskarten können Sie hier bestellen. Das Gespräch findet auf Deutsch mit dänischen Zusammenfassungen statt.

Anke Stelling © Nane Diehl Anke Stelling ist 1971 geboren, in Stuttgart aufgewachsen und lebt heute in Berlin, genauer gesagt im Prenzlauer Berg. In diesem bürgerlich-kreativen Milieu spielt auch ihr Roman Schäfchen im Trockenen (2018, Verbrecher Verlag), der unter dem Titel Højt på strå soeben in der dänischen Übersetzung von Ann-Claire Olsen im Verlag Klara W. erschienen ist.  

Noch in den 1980er Jahren hieß es, alle Menschen wären gleich und würden durch Tüchtigkeit und Einsicht bald auch gerecht zusammenleben. Das Scheitern der Eltern in dieser Hinsicht musste verschleiert werden, also gab es nur drei Geschichten aus dem Leben ihrer Mutter, steht nicht mehr als ein Satz in deren Tagebuch. Darüber ist Resi reichlich wütend. Und entschlossen, ihre Kinder aufzuklären, ob sie es wollen oder nicht. Sie erzählt von sich, von früher, von der Verheißung eines alternativen Lebens und der Ankunft in Ehe und Mutterschaft. Und auch davon, wie es ist, Erzählerin zu sein, gegen innere Scham und äußere Anklage zur Protagonistin der eigenen Geschichte zu werden.

Der Roman wurde 2019 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. »In Anke Stellings Roman einer Aufsteigerin werden die starken Affekte - Wut, Zorn, Stolz - literarisch produktiv. Im Rückblick auf verlorene Illusionen entsteht eine verstörend uneindeutige, scharf belichtete Momentaufnahme der Gegenwart«, hieß es in der Jurybegründung.

Kristine Bilkau © Thorsten Kirves Auch die Hamburger Autorin Kristine Bilkau (1974 geboren) zeichnet in ihrem Debütroman Die Glücklichen (Luchterhand Literaturverlag, 2015) ein exemplarisches Gesellschaftsbild der Gegenwart.  Einfühlsam und präzise beschreibt sie die existentielle Krise, die mit dem sozio-ökonomischen und kulturellen Abstieg eines Paares aus der Mittelklasse verbunden ist.

Die Cellistin Isabell und der Journalist Georg sind ein glückliches Paar. Doch mit der Geburt ihres Sohnes wächst nicht nur ihr Glück, sondern es entstehen auch Druck und Verunsicherung. Für Isabell erweist sich die Rückkehr in ihren Beruf als schwierig: Während des Solos zittern ihre Hände, nicht nur am ersten Abend, sondern auch an den folgenden. Gleichzeitig verdichten sich in Georgs Redaktion die Gerüchte, der Verlag würde die Zeitung verkaufen. Währenddessen wird ihr Haus saniert. Im Treppenhaus hängt jetzt ein Kronleuchter, im Briefkasten liegt eine Mieterhöhung. Für die jungen Eltern beginnt damit ein leiser sozialer Abstieg. Isabell und Georg beginnen zu zweifeln, zu rechnen, zu vergleichen.

Die Glücklichen erschien 2021 in Dorthe Seiferts dänischer Übersetzung im Verlag Palomar.

Sophie Wennerscheid (geb. 1973) promovierte über Søren Kierkegaard an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2019 ist sie Professorin am Institut für Nordistik und Sprachwissenschaft an der Universität Kopenhagen. Ihr Arbeitsgebiet liegt an der Schnittstelle zwischen Literatur, Subjektphilosophie und Gender Studies. Als Literaturkritikerin für die Süddeutsche Zeitung und Dagbladet Information vermittelt sie literarisches Wissen über die akademische Welt hinaus.
 

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