Nahaufnahme 2016
Journalistenaustausch zwischen dem Baltikum und Deutschland

Nahaufnahme
© Goethe-Institut

Das Goethe-Institut ermöglicht mit seinem Projekt Nahaufnahme Journalisten/-innen aus aller Welt, an einem Austauschprogramm mit deutschen Kollegen/-innen teilzunehmen. Seit 2008, in dem das Projekt das erste Mal durchgeführt wurde, sind Zeitungs-, TV-, Radio- und Onlineredakteure/-innen jeweils für drei bis vier Wochen zu Gast in fremden Redaktionen. In diesem Jahr findet der Austausch mit den baltischen Staaten statt.

Nahaufnahme oder Close-Up – damit wird im Filmbereich eine Kameraeinstellung bezeichnet, bei der besonders Oberkörper und Kopf der handelnden Personen im Bildausschnitt gezeigt werden. So kann der Zuschauer Mimik und Gestik genau beobachten. Beim Austauschprojekt des Goethe-Instituts steht eben dieser Gedanke im Mittelpunkt. Die teilnehmenden Journalisten bekommen die Möglichkeit, Nahaufnahmen aus dem Leben einer anderen Stadt, eines anderen Landes zu recherchieren und medial weiterzugeben. Das Projekt möchte so den Kulturaustausch fördern. Gleichzeitig dient es der professionellen Weiterbildung und Vernetzung.

In diesem Jahr nimmt am Journalistenaustausch auch die Estin Greete Palmiste teil. Eigentlich arbeitet sie in der Onlineredaktion des estnischen Rundfunks (ERR) in Tallinn und ist dort unter anderem mit der Entwicklung neuer Formate im Bereich des Online-Journalismus beauftragt. Für das Projekt des Goethe-Instituts reist Palmiste für knapp vier Wochen nach Deutschland, um dort ihre Kenntnisse und Erfahrungen mit digitalen Medien in die Bremer taz-Redaktion einzubringen.

Nicht nur Greete Palmiste wird den Redaktionsalltag in einem anderen Land kennenlernen: Ebenso wie sie selbst, wechselt auch der in Bremen arbeitende Benno Schirrmeister seinen Arbeitsplatz und wird für vier Wochen beim ERR in Tallinn tätig sein. Als Kulturredakteur interessiert sich Schirrmeister vor allem für Theater- und Performancegruppen und hofft, in Estland über das Theater No99 berichten zu können, dessen Bekanntheitsgrad die estnischen Grenzen inzwischen überschritten und Deutschland erreicht hat.

Die Austauschjournalisten haben sich bereits vor Reiseantritt mit ihrem Gastland auseinandergesetzt. So sind für die beiden Deutschland und Estland aufgrund ihrer gemeinsamen Vergangenheit eng miteinander verbunden. Vor allem die Hanse hat immer wieder Anknüpfungspunkte geschaffen. Greete Palmiste versteht Deutschland noch heute als ein wirtschaftlich aber auch politisch starkes Land: Stichpunkte wie EU und NATO bringt sie mit ihrem Gastland in Verbindung. Doch auch kulturell denkt Palmiste über Deutschland nach: Begriffe wie Christkindlesmarkt und Sauerkraut scheinen fest verankert in der deutschen Kultur zu sein. Bestimmt finden sich noch zahlreiche weitere deutsche Begriffe in ihrem Wortschatz, immerhin hat sie mehrere Jahre lang in der Schule Deutschunterricht gehabt. Da die Sprachkenntnisse aber mit der Zeit etwas eingerostet sind, freut sich Palmiste, sie wieder aktivieren zu können.

Wenn Benno Schirrmeister über sein Gastland Estland nachdenkt, fallen ihm Begriffe wie Seen und Wälder ein sowie eine fortschreitende Digitalisierung. So empfindet er das estnische digitale Wahlsystem und die fahrscheinlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel für Tallinner Bürger/-innen als erwähnenswert. Die Sprache hingegen stellt für Schirrmeister eher ein Problem dar: Zu kompliziert, sodass er ein Erlernen der estnischen Sprache ausschließt. Nur ein paar Grundvokabeln wie Hallo oder Tschüss beherrscht der Journalist aus Bremen.