Neuer Deutscher Film

NDF2017 Foto: Der Mann aus dem Eis © Port au Prince / Amour Fou Luxembourg / Lucky Bird Pictures / Echo Films

Auch wenn man es mittlerweile schon oft gehört hat: entscheidende Impulse des deutschen Kinos kommen erneut überproportional häufig von Frauen. AXOLOTL OVERKILL gehört zu diesen ganz außergewöhnlichen Werken, die weibliche Handschrift zeigen, zugleich ganz den Zeitgeist spiegeln und weit über ihn hinausweisen. Berlin auf der Leinwand, wie es nur in diesen Jahren gezeigt werden kann. Und auch die Weltpremiere im Erstlingswettbewerb hier in Tallinn kommt von einer Frau: der formal äußerst intensive TAUSEND ARTEN DEN REGEN ZU BESCHREIBEN von Isabel Prahl.

Aber ein anderer Trend schält sich in diesem Jahr heraus: Es ist eine neue Lust der Filmemacher am Fantastischen, Expressionistischen spürbar. Der sozialrealistisch grundierte Film, es gibt ihn weiterhin und oft. Aber: Die Lichtsetzung wird expressiver, die Traumsequenzen werden häufiger, die apokalyptischen Themen angegangen, die dunklen Stellen von Helden ausgiebig ausgelotet. Eine neue Lust am Genre ist insgesamt merkbar – dies muss sich natürlich in der Auswahl des Black Nights Film Festivals und des Goethe-Instituts widerspiegeln.

In DETOUR verbindet sich Beides. Mit Nina Vukovic steht eine äußerst talentierte Frau hinter einem exzellenten, kleinen, schnellen Genrefilm: ein Psychoduell an einer Autobahnraststätte. Ein Wrong-Turn-Thriller, eine Frau streitet mit ihrem Liebhaber, lässt sich im Affekt mit dessen Kind von einem anderen Mann mitnehmen. Weitere Beispiele für diese neue Vitalität im deutschen Kino: Oliver Kienle liefert in DIE VIERHÄNDIGE seinen Take zum psychologischen Doppelgänger-Horrorfilm. Und Felix Randau lässt einen ungewöhnlichen Ötzi in DER MANN AUS DEM EIS auf die Zuschauer los. Suspense, Horror, Thriller, High Concept – unvermittelt zeigt das deutsche Kino wieder mehr Vielfalt.

Dazu gesellt sich erstaunliche Reife, Tiefe, Originalität – auch bei den Charakterstücken, die sich äußerst genau entfalten, ob SOMMERHÄUSER und DREI ZINNEN oder historisch grundierter in BEUYS und IN ZEITEN DES ABNEHMENDEN LCHTS.
 
Christoph Gröner
Kurator des deutschen Filmprogramms im Rahmen des PÖFF.
Programmer „Neues Deutsches Kino“ im Rahmen des Filmfests München.


 

Zurück