Mark Terkessidis
Wessen Erinnerung zählt? Koloniale Vergangenheit und Rassismus heute
INHALT
Als das Deutsche Reich am 28. Juni 1919 den Vertrag von Versailles unterzeichnete, gingen die überseeischen Kolonien an die Siegermächte des Ersten Weltkriegs über. Lange vergessen, kehrt die Kolonialperiode in Ländern wie Namibia, Kamerun oder Ruanda in den letzten Jahren in die Erinnerung zurück. Was bedeutet dieses Wiederauftauchen für die Bundesrepublik? Müsste in der »postkolonialen« Sichtweise nicht auch das deutsche Eroberungsstreben in Richtung Osten eine Rolle spielen? Die neue Erinnerungskultur hat gravierende Auswirkungen für das Selbstverständnis eines Landes, dessen Bevölkerung immer diverser wird. Der lange Schatten der deutschen »Kulturmission« findet sich heute etwa im Umgang mit der »Schuldenkrise«, mit Migration und Flucht und im alltäglichen Rassismus. Mark Terkessidis, renommierter Migrations- und Rassismusforscher, macht mit seinem Blick in die Vergangenheit aktuelle Debatten nachvollziehbar und zeigt, an welchen Stellen sie in eine neue Richtung gelenkt werden müssen. Zudem macht er sichtbar, welche Fragen sich ergeben, wenn auch die Erinnerung jener zählt, die eingewandert und damit Teil der Gesellschaft geworden sind.Anmerkungen & Begründungen von deutschen Jury-Mitgliedern
Jutta Person:Mark Terkessidis, Jahrgang 1966, ist Journalist, Autor und Migrationsforscher, sein jüngstes Buch wurde im Rahmen der Kolonialismus- und Aufarbeitungsdebatten breit diskutiert. „Wessen Erinnerung zählt?“ stellt die Frage nach verdrängtem Unrecht viel grundlegender, als derzeit in den gängigen Dekolonisierungs- und Restitutionsdiskussionen üblich: es beginnt „Auf den Spuren von Kolumbus“ bei den Plünderungen der Fugger und führt bis zu den tief sitzenden Rassismen „dem Osten“ gegenüber, ob es um die preußische Kolonisierung im 18. Jahrhundert geht, um die imperialen Bestrebungen des Deutschen Reiches im 19. Jahrhundert – oder um die Gegenwart. Terkessedis’ Anliegen: „ein offener Umgang mit vergangenen und aktuellen Ungerechtigkeiten“.Anmerkungen & Begründungen von ägyptischen Jury-Mitgliedern
Dr. Balsam: Die Frage, die im Titel des Buches gestellt ist, ist ganz wichtig, nicht nur aus der deutschen Sicht, aber auch in vielen verschiedenen Ländern. Über einen Versuch, auf diese Frage zu antworten, soll man auch nachdenken.Dr. Manar Omar: Kolonialismus hat tiefe Spuren in der ägyptischen und arabischen Gesellschaft hinterlassen. Dass Deutschland auch eine Kolonialmacht in einigen Ländern war, wird oft nicht in der arabischen Welt wahrgenommen. Dieses Buch macht auf die koloniale Vergangenheit Deutschlands aufmerksam und zeigt, dass dies auch eine Frage ist, mit der sich Deutschland auch heute beschäftigt.
targmat:na
Das Literaturportal „targmat:na“ präsentiert ausgewählte, deutschsprachige Neuerscheinungen, die von einer Expert*innen-Jury zur Übersetzung ins Arabische empfohlen werden.