Filmvertrieb im Internet
Online-Distribution von Filmen in Deutschland

Video-on-Demand
Video-on-Demand | Foto (Ausschnitt): © lassedesignen - Fotolia.com

Der Filmvertrieb im Internet gewinnt in Deutschland an Relevanz. Während die Umsätze steigen, profitieren jedoch nicht alle Urheber von den neuen Vertriebsmodellen. Vor allem unabhängigen Filmemachern kommen die neuen Möglichkeiten zugute.

Filmfans in Deutschland schauen immer häufiger Filme über Online-Plattformen. Kostenpflichtige Downloads und Streaming-Dienste ersetzen zunehmend den Gang in die Videothek. Dieser bereits länger währende Trend entwickelt sich zum bedeutenden Wirtschaftsfaktor. „Online-Videotheken“, sagt Michael Schidlack vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) „sind in deutschen Wohnzimmern angekommen“. Rund vier Millionen Deutsche liehen oder kauften sich 2012 ihre Filme in digitaler Form, laut einer Studie des Bundesverbands Audiovisuelle Medien. 2013 wurde schon jeder dritte Euro im Verleihgeschäft mit sogenannten Video-on-Demand-Angeboten (VoD) umgesetzt. Für 2014 erwartet Bitkom eine Steigerung des Umsatzes mit Online-Filmen um 20 Prozent – auf dann 134 Millionen Euro.

Das Online-Angebot wächst

Online-Videotheken wie Maxdome bieten die Möglichkeit zum kostenpflichtigen Abruf. Online-Videotheken wie Maxdome bieten die Möglichkeit zum kostenpflichtigen Abruf. | © Maxdome (Screenshot) Der Zuwachs bei Online-Filmen liegt zum einen am Ausbau des Breitbandnetzes. Vor allem in den Metropolen sind Filme schneller in optimaler Qualität abrufbar. Auch nimmt die Verbreitung internetfähiger Fernseher, sogenannter Smart-TVs, stetig zu.

Zum anderen steigt die Zahl der Anbieter. Neben dem iTunes-Store von Apple oder dem von Amazon betriebenen Portal Prime Instant Video bieten Online-Videotheken wie Maxdome die Möglichkeit zum kostenpflichtigen Einzelabruf oder zum Abschluss eines Abonnements. Das Angebot, das sich noch vor wenigen Jahren auf Mainstreamware und Blockbuster konzentrierte, differenziert sich dabei immer mehr aus. Nicht verfügbar sind oft ältere Titel, weil Fragen der Verwertungsrechte, bis hin zur Filmmusik, nicht mehr zu klären sind. Die Online-Nutzung gab es zum Zeitpunkt der Entstehung der Filme noch nicht. Auch die territoriale Beschränkung von Lizenzrechten ist vielfach ein Problem, da Zugangsbeschränkungen umgangen werden können.

Deutsche Nationalvideothek im Netz

Wer vor allem deutsche Filme sucht, wird auf dem 2013 gestarteten Portal Alleskino fündig. Gegründet von den Film- und Fernsehproduzenten Hans W. Geißendörfer und Joachim von Vietinghoff, hat sich Alleskino das ehrgeizige Ziel gesetzt, sämtliche Spiel- und Dokumentarfilme in den Online-Katalog aufzunehmen, die in Deutschland für das Kino produziert wurden. Dies umfasst auch die überwiegend von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung verwalteten Werke der Vorkriegszeit sowie die DDR-Produktionen der DEFA. Ein Angebot von bis zu 12.000 Titeln ist geplant, von Nosferatu bis Fack ju Göhte – eine deutsche Nationalvideothek im Netz. Derzeit sind bei Alleskino 600 Filme kostenpflichtig verfügbar, „pro Woche kommen fünf bis zehn Titel dazu“, so Vietinghoff.

Vermarktung auf allen Kanälen

Ob der Flatscreen auf absehbare Zeit die Leinwand als Uraufführungsort beerben wird, ist fraglich. „Die Online-Auswertung sehe ich nach wie vor in der Zweitverwertungskette“, sagt Jens Steinbrenner, Sprecher der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen. Trotzdem gebe es einzelne Fälle, in denen erst die Verbreitung im Internet den weiteren Erfolg eines Werks befeuerte. Ein Beispiel ist der französische Film Home von Luc Besson und Yann Arthus-Bertrand, der auf Youtube 10 Millionen Zugriffe verzeichnete. Erst danach wurde er höchst profitabel im Fernsehen und auf DVD ausgewertet. Youtube ist für die Produzenten von sogenanntem originärem Content eine relevante Plattform.

Erfolgreich in der Nische

Die unabhängige Berliner Initiative Realyz.tv vertreibt die Werke unabhängiger Filmemacher. Die unabhängige Berliner Initiative Realyz.tv vertreibt die Werke unabhängiger Filmemacher. | © Realyz.tv (Screenshot) Über die großen Anbieter hinaus existieren in Deutschland eine Reihe von Nischen-Plattformen, die Werke unabhängiger Filmemacher vertreiben. Die Berliner Independent-Initiative Realeyz.tv hat seit 2009 ein Sortiment mit aktuell rund 2.300 Autoren-, Avantgarde- und Festival-Filmen aufgebaut, viele davon als Online-Premiere. Interessant ist auch die seit 2007 bestehende Plattform Onlinefilm.org – eine kollektive Aktiengesellschaft von 120 Filmschaffenden, die ihre Werke selbst hochladen und den Preis festlegen können. Vernetzt auch in europäischen Ländern wie Griechenland, Irland oder Lettland, bietet die mit 30 Filmen gestartete Plattform derzeit rund 3.000 Titel an. Der Gewinn wird geteilt, mindestens 51 Prozent verbleiben beim Rechteinhaber. Mit dem Dokumentarfilm Die Mondverschwörung von Thomas Frickel konnten beispielsweise 25.000 Euro umgesetzt werde, so Onlinefilm-Gründer C. Cay Wesnigk. Er sagt aber auch: „Die Hoffnung, dass ein Markt entsteht, der die Produkte refinanziert, hat sich noch nicht erfüllt“. Zu groß sei die Konkurrenz durch Internet-Piraterie.

Wer verdient im Netz?

Wie die Urheber von Filmen von der Online-Distribution finanziell profitieren sollen, ist auch für die Produzentenallianz und den Bundesverband der Film- und Fernsehregisseure (BVR) ein zentrales Streitthema. Verbreitet ist in Deutschland die Regelung, dass Produzenten die Nutzungsrechte an den kofinanzierenden Fernsehsender abtreten. In den USA hingegen vergeben die Produzenten hingegen meist selbst die Lizenzen für die Auswertung. Dass auch Regisseure und Drehbuchautoren an der digitalen Verwertung nicht beteiligt werden, beklagt der BVR in einer Stellungnahme zum „Grünbuch der Europäischen Kommission über den Vertrieb von audiovisuellen Werken in der Europäischen Union“ von 2011.

Derweil steigt überall dort, wo die Breitbandnetze ausgebaut werden, die VoD-Nachfrage rasant: in Polen 2012 um über 40, in Norwegen um über 70 Prozent, laut International Video Federation. Nicht für den Film, wohl aber für das Heimkino gilt: Die Zukunft liegt im Internet.