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„Bettina“, Lutz Pehnert
Deutsche Filme auf der Berlinale (VII)

Filmstill aus „Bettina“ von Lutz Pehnert, 2022
Filmstill aus „Bettina“ von Lutz Pehnert, 2022 | © Lutz Pehnert / solofilm

Dieser Dokumentarfilm über die Karriere der Folksängerin Bettina Wegner feierte in der Sektion Panorama seine Premiere.
 

Von Miguel Muñoz Garnica

„Lernte ich doch in der Schule, niemand solle lügen; Und so war ich völlig sicher, keiner wird betrügen.“ Diese Zeilen von Bettina Wegner sind für jeden Lebensweg bedeutungsvoll, besonders aber für ein Leben in der DDR mit ihrem staatlichen Netz aus Zensur und Falschinformationen. Wie so viele Künstler*innen aus ihrem Land wurde Wegner, die im Osten aufgewachsen ist und von Ende der 1960er Jahre bis zum Fall der Mauer auf eine erfolgreiche Karriere zwischen den beiden deutschen Staaten zurückblicken konnte, politisch verfolgt. Im Jahr 1968 verteilte sie Flugblätter in Ost-Berlin, um gegen die Unterdrückung durch den Prager Frühling zu protestieren. Dies kostete sie den Ausschluss von der Kunsthochschule und 18 Monate Bewährung.

Traditioneller Dokumentarfilm

Dieser Episode widmet Pehnert den auffälligeren Teil seines Dokumentarfilms, der ansonsten eher traditionellen Formen folgt, wie talking heads, Archivbilder und eine biografische Erzählstruktur. Eines der wertvollsten Dokumente, die der Regisseur auftreiben konnte, war ein Mitschnitt von Wegners Verhör nach ihrer Verhaftung, bei dem die Sängerin selbst nicht wusste, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde. Jedes Mal, wenn diese Zeugnis auftaucht, entledigt sich der Film seiner Bilder und setzt uns Wegners Antworten in der Vernehmung aus. Die schüchterne und sanfte Stimme der Künstlerin könnte irreführend sein, aber die Ehrlichkeit und Eindringlichkeit, mit der sie erklärt, warum sie die Flugblätter verteilt hat und warum sie mit der DDR-Politik nicht einverstanden ist, hat eine unbestreitbare Wirkung – umso mehr, wenn man weiß, dass ihr Gesprächspartner niemand anderes als die Stasi ist.
Filmstil aus „Brigitte“ von Lutz Pehnert, 2022 Filmstil aus „Brigitte“ von Lutz Pehnert, 2022 | © Lutz Pehnert / solofilm

Eine unaufhaltsame Stimme

Die eingangs zitierten Verse bzw. eines von Wegners eigenen zehn Geboten, die sie in dem Lied verkündet – „lauter schrein, wenn andre schweigen“ – beweisen die totale Übereinstimmung von Leben und Werk. Der Legende nach beabsichtigte Wegner, die als Kindersängerin ihre ersten Schritte gemacht hatte, Liebeslieder zu schreiben. Doch andere Dinge kamen dazwischen. Ihre Geschichte scheint uns zu sagen, dass ihre Stimme – was auch immer geschehen sollte – dazu bestimmt war, gehört zu werden.

So scheint sich die formale Strenge, für die sich Pehnert entscheidet, aus der Weihe des Dokumentarfilms der Figur Wegner anzunähern, und dies mit dem einzigen Zweck, uns ihre Lieder hören zu lassen – Joan Baez hat eine Coverversion von Kinder (bei weitem ihr populärstes Lied) veröffentlicht – und uns einen Einblick in ein intensives, bittersüßes Leben zwischen künstlerischen Erfolgen und politischen Rückschlägen zu geben. Am Anfang und am Ende wird ein recht auffälliger Kunstgriff wiederholt: Pehnert legt Lieder unserer Protagonistin über die Bilder eines zeitgenössischen Festivals für elektronische Musik, das von vielen jungen Menschen besucht wird. Zweifelsohne ein Bekenntnis dazu, dass ihre Musik auch heute noch viel zu sagen hat.

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