Ausstellung CYCLIC JOURNEY - Die zyklische Reise

Cyclic Journey proxy

Mi, 27.09.2017 –
Fr, 15.12.2017

Goethe-Institut Barcelona

Ausstellung kuratiert von Herman Bashiron Mendolicchio
Mit:
Penelope Umbrico, Anselm Kiefer, Alejandro Cartagena, Fabrizio Contarino, Tom Carr, Clemens Wilhelm, Miguel Azuaga, Rachel Labastie, Waqas Khan, Pietro Ruffo, Simon Faithfull

Alles fließt und alles kehrt wieder.

Die Diskussion über das Wesen und die Definition von Zeit hat im Laufe der Menschheitsgeschichte Philosophen, Wissenschaftlern und alle Arten von Denkern fasziniert. Unter den verschiedenen Konzepten, Messarten und Interpretationen von Zeit, die von verschiedenen religiösen, philosophischen und wissenschaftlichen Schulen angewendet werden, gehören die lineare und zyklische Lesart zu den bekanntesten.
 
Gemäß dem Konzept der „zyklischen Reise", befasst sich diese Ausstellung mit  zirkulären oder elliptischen Bildern und Bewegungen sowie mit jenen un/vorhersehbaren Phänomenen und Erfahrungen, die zur Wiederholung neigen.

Die ständige Rotation der Erde um die Sonne, der unerbittliche Zyklus von Leben und Tod, die Wiederholungen von Geschichte, Migrationsbewegungen, Wanderungen von Völkern und Tieren, der Aufstieg und Niedergang von Zivilisationen,  Konjunkturzyklen, die beständigen Prozesse von Schöpfung und Zerstörung, die sich wiederholende Abfolge von Krieg und Frieden, Kosmologien, Zeitreisen von Menschen über die Epochen hinweg bis hin zu alltäglichen Routinen gehören zu den Realitäten, die das Konzept der "zyklischen Reise" formen und prägen.
 
Zyklische und lineare Bewegungen verflechten sich. Zyklen - ob klein oder groß, persönlich oder kollektiv - ständig und unerbittlich vervielfältigen sie sich. Gibt es überhaupt ein endgültiges Ziel der zyklischen Reise?
 
Alles fließt und alles kehrt wieder.


33,634,297 Suns from Sunsets from Flickr (Partial) 7/24/17 33,634,297 Suns from Sunsets from Flickr (Partial) 7/24/17 | © Penelope Umbrico Mit ihrer glänzenden, warmen und hellen Komposition von Sonnenuntergängen, beschäftigt sich Penelope Umbrico mit der zunehmenden Praxis der Archivierung und dem Austausch im Zeitalter des Internets. 33,634,297 Suns from Sunsets from Flickr (Partial) 7/24/17 - Titel der hier vorgestellten Installation in Barcelona - ist eine Reihe von Fotografien, die die Künstlerin aus dem Internet gesammelt und dann in einem Mosaik von mannigfaltigen Sonnen wieder zusammengesetzt hat.
Das Stück zeigt die kontinuierliche Wiederholung von Sonnenuntergängen, die Tag für Tag um die Welt den Rhythmus des Lebens markieren. Dieses kollektive und vervielfachte Bild erinnert an unsere ständige Bewegung auf der Erde. Der Sonnenuntergang wird zum Symbol dieses Zyklus, in dem der Tag in die Nacht übergeht. Das Thema der Sonne ist definitiv das stärkste Emblem der ewigen Abreise und Wiederkehr.
 

Waqas Khan, Speck of Light III, 2016 | Waqas Khan, Speck of Light III, 2016 | Courtesy Sabrina Amrani Gallery, Madrid In Waqas Khans Polyptychon, Speck of Light III, gestalten wiederholende Elemente in schwankenden linearen Mustern mehrere Richtungen und kreieren einen visuellen Rhythmus. Die elektrische und dynamische Komposition scheint einen Weg der Erleuchtung zu verfolgen. Dünne, aber entschlossene Kurven tanzen auf der Oberfläche des Papiers, die zu einer Bühne wird, aus dem wirbelnde Formen einen tiefen Sinn für eine mystische Musikalität erzeugen. Der Einfluss des Sufismus, die metaphorischen Bilder der wirbelnden Derwische und die Symbolik des Sama-Rituals sind alle in dem Werk verdichtet. Damit verwandelt sich das Polyptychon in eine komplexe Reise, der man zuhören muss.

 
Rachel Labastie, Djelem Djelem, 2015 | Rachel Labastie, Djelem Djelem, 2015 | Courtesy Galerie Analix Forever, Geneva Djelem Djelem, von Rachel Labastie, präsentiert eines der bedeutendsten Zeichen und Werkzeuge der Bewegung: das Rad. Ein Korbrad, das an der Wand befestigt ist und sich langsam dreht, erinnert an die "zyklische Reise". Es evoziert das Nomadentum, die unaufhaltsame Bewegung der Zeit und weckt sofort alle Konnotationen, die mit einem solchen Emblem verbunden sind. Die wandernde Natur des Menschen, die Evolution der mechanischen Entwicklung, sowie spirituelle Symbole - wie das Rad des Dharmas-  kommen einem beim Betrachten der endlos zyklischen Bewegung des Werkes in den Sinn.

Simon Faithfull, Going Nowhere 1.5, 2016 Going Nowhere 1.5, 2016 | © Simon Faithfull Das Video Going Nowhere 1.5, das dritte einer Trilogie von Simon Faithfull, zeigt einen Spaziergang auf einer kleinen Sandinsel in der Nordsee. Der Künstler, eingetaucht in eine verträumte und ungewöhnliche Atmosphäre,  folgt den spiralförmigen Spuren des Meeres, während das Wasser allmählich und unaufhörlich den trockenen Sand der winzigen Insel immer weiter bedeckt. Der Kreis des Lebens wird dadurch immer kleiner, die endgültige Richtung und der Endpunkt unserer Reise scheinen durch äußere Faktoren bestimmt zu sein und der Körper verschwindet zusammen mit der kleinen Insel in den Wellen des Meeres. Die Video-Performance thematisiert die Grenzen des Menschen in der Natur sowie den unvermeidlichen Zyklus des Auftauchens und Verschwindens von Land wie auch des Menschen.


Pietro Ruffo, MIGRAZIONI 23, 2017 | Photo Giorgio Benni | Courtesy Galerie Italienne, Paris. Pietro Ruffo, MIGRAZIONI 23, 2017 | Courtesy Galerie Italienne, Paris. | © Giorgio Benni Die Werke von Pietro Ruffo sind gekennzeichnet durch die Überlappung verschiedener Techniken, Zeichnungsebenen, mappings und Ausschnitten sowie Geschichten und Erzählungen. In seiner Reihe Migrations ließ sich der Künstler von der Arbeit von Geographen, Kartographen und Astronomen und von alten Karten inspirieren, die von Geschichte, Konflikten und menschlichen Beziehungen erzählen. Das Phänomen der Migration wird aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und auf verschiedene Planisphären übertragen, worin Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinander übergehen. Wahrnehmung und Distanz - in Zeit und Raum - verändern sich drastisch, und der Betrachter wird einer dichten Erzählung ausgesetzt, die sich einer vereinfachten Sichtweise verweigert. Migrationen, Reisen und Umsiedlungen sind schon immer Teil des Lebens aller Arten und Spezies gewesen. Diese Arbeit offenbart sowohl die ständige Wiederholung als auch die zunehmende Verflechtung und Verbundenheit der Menschheit.

Miguel Azuaga, Just Wait, 2015 Just Wait, 2015 | © Miguel Azuaga Ausgehend von der eigenen Familiengeschichte beschäftigt sich Miguel Azuaga mit Migration und Identität. In dem Video Just Wait steht der Künstler vor einer schneebedeckten Berglandschaft. Das Video bezieht sich auf Der Wanderer über dem Nebelmeer (1818) - ein Gemälde des deutschen Malers der Romantik Caspar David Friedrich - und verweist auf die Migration des Großvaters des Künstlers aus Spanien in die Schweiz in den 1970er Jahren auf der Suche nach einem besseren Leben. Azuaga verfolgt die Reise seines Großvaters metaphorisch, indem er schweigend den unendlichen Horizont dieser unveränderten Landschaft betrachtet und vielleicht auch an seine eigene Situation denkt, da auch er von Spanien nach Nord Europa ausgewandert ist.

Fabrizio Contarino, Entre Aguas y Muros, 2017 Entre Aguas y Muros, 2017 | © Fabrizio Contarino Das Meer ist der unbestrittene Protagonist von Fabrizio Contarinos Serigraphie: Entre Aguas y Muros bezieht sich auf die zeitlosen mehrdeutigen Konnotationen des Meeres: eine flüssige Passage, die Länder vereint, aber auch eine natürliche und gefährliche Grenze, die Tod und Ablehnung bewirken kann. Ausgangspunkts des Werks ist ein Foto von der Straße von Sizilien - ein 145 km Durchgang zwischen Sizilien und Tunesien; zwischen Europa und Afrika. Dieses Foto wird so lange reproduziert und verändert, bis eine unaufhaltsame Bewegung von entfernten und nahen Wellen entsteht. Es ist zugleich anziehend und bedrohlich; seine Bewegung und die Geschichte der Meerenge an sich stehen für endlose Geschichten von Migration, Begegnungen und Zusammenstößen.

Carpoolers, 2014 Carpoolers, 2014 | © Alejandro Cartagena Alejandro Cartagenas Kamera fängt den täglichen Weg von Arbeitern in Fahrgemeinschaften in Mexiko ein. Die Heim-Arbeit-Heim-Reise steht symbolisch für die Routine, für den täglichen Zyklus und für eine Lebensweise, die zur Wiederholung tendiert. In Carpoolers, sieht man teilweise die gleichen Männer in verschiedenen Lastwagen oder - umgekehrt - die gleichen Lastwagen mit anderen Männern. Rhythmisch zeigt die Sequenz der Fotos die Routine und die täglichen zyklischen Fahrten einer wachsenden Arbeiterklasse, die durch unkontrolliert gewachsene Städte pendelt.



 Tom Carr, Sense títol, 1991 Tom Carr, Sense títol, 1991 | Courtesy Fundació Suñol, Barcelona Der Kreis ist eine der repräsentativsten Formen des künstlerischen Werks von Tom Carr. Die Gemälde, die in dieser Ausstellung vorgestellt werden, beschäftigen sich mit der Symbolik der konzentrischen Kreise, scheinbar darauf verweisend, dass die Realität aus verschiedenen Bedeutungsschichten, Verbindungen und Beziehungen zusammengesetzt ist. Die Kreisscheiben teilen sich das gleiche Zentrum, aber die verschiedenen Farbenlinien, die deutlichen Klangfarben und die Verwendung von Licht, drücken eine Sicht auf Vielfalt und Diversität aus, die in der Perfektion der Form umfasst wird. Diese Arbeit präsentiert Zyklen innerhalb von Zyklen; und die Spuren der Farben, die keine extreme Reinheit oder Vollkommenheit suchen, suggerieren, dass es auch in kreisförmigen Bewegungen Abweichungen, eine geheime Leere und manche Verbindungslinien gibt.

Simulacra Simulacra | © Clemens Wilhelm Im Rahmen dieser Ausstellung zeigt das Video SIMULACRA von Clemens Wilhelm eine weitere Perspektive der zyklischen Reise. Gefilmt im "Window of the World" Entertainment Park in Shenzhen (China), befasst sich das Werk mit Fragen des zeitgenössischen Tourismus: das Begehren zu reisen, die Illusion des Reisens ohne eine Distanz zurück zu legen und die Chimäre den ganzen Globus zu Fuß durchqueren zu können. Das Phänomen des Tourismus wird durch das Objektiv der Wiederholung, Reproduktion und Repräsentation betrachtet. Die Welt wirkt und wird dadurch künstlich. Die Reise verliert ihr Wesen und verwandelt sich in ein reines Spektakel, in ein Simulakrum, ein Bild.

 
Anselm Kiefer, Shevirath Ha Kalim, 2009, PLANTA Fundació Sorigué Anselm Kiefer, Shevirath Ha Kalim, 2009 | Courtesy Fundació Sorigué, Lleida Der Kiefer-Pavillon, der sich inmitten des Industriekomplexes und der Abbaugebiete "La Plana del Corb" der Sorigué-Gruppe (Balaguer-Lleida) befindet, enthält drei unermessliche und beeindruckende Kunstwerke von Anselm Kiefer. Für Velimir Chlebnikov (2005), bezieht sich auf eine der Theorien des russischen, futuristischen Dichters und Denkers, Velimir Chlebnikov, der die These aufstellte, dass alle großen Schlachten zyklisch alle 317 Jahre wiederholt werden; Shevirath Ha Kelim (2009), erinnert an den Prozess der Desintegration und Verbreitung von Gefäßen, die in kabbalistischen Interpretationen der Schöpfung der Welt identifiziert wurden; und durch die Darstellung von Konstellationen, ein wiederkehrendes Thema in Kiefers Werk, spricht Die 7 Himmelspaläste (2005) vom Aufstieg zu Gott. Im Rahmen der Ausstellung wird der Besuch des Kiefer-Pavillons am 7. Oktober 2017 selbst zu einer "zyklischen Reise".

Herman Bashiron Mendolicchio

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