Gespräch Gespräche zur Nachhaltigkeit

Fridays for Future © Eurotopics

Mittwoch, 29.01.2020, 19.30 Uhr

Goethe-Institut Madrid

Stellt die Demokratie eine Gefahr für das Klima dar? Im Gespräch mit Harald Welzer, Stephan Lessenich, Cristina Monge und Cristina Manzano

Im Nachgang zur COP25 im Dezember 2019 und zum Auftakt von PÚBLICA 20 - Internationale Fachtagung für Kulturmanagement in Madrid, widmet sich eine prominente Gesprächsrunde mit deutschen und spanischen Expert*innen am Vorabend dem Themenkomplex Nachhaltigkeit für die heutigen und zukünftigen Generationen mit der Frage: Stellt die Demokratie eine Gefahr für das Klima dar?

Die Soziologen Harald Welzer und Stephan Lessenich werden mit der Politologin Cristina Monge und der Journalistin Cristina Manzano die Vereinbarkeit von demokratischer Teilhabe, Wachstumsdemokratie und einer nachhaltigen Lebensweise erörtern und debattieren.

In der Debatte um Demokratie vertritt Stephan Lessenich die Theorie einer „Dialektik der Demokratie“ und ruft vor dem Hintergrund einer kollektiven Annahme des Untergangs der Demokratie analytisch zu mehr Uneindeutigkeit auf. Seiner These nach ist die Demokratisierung schon immer eine Geschichte von „Teilhabe durch Ausschluss“ gewesen. Er will aber dennoch „gegen eine zunehmend verbreitete  Demokratiemelancholie, in deren schummerigem Licht die euroatlantische Nachkriegszeit als das Höchste der demokratischen Gefühle glänzt“ argumentieren (in: Stephan Lessenich: Grenzen der Demokratie. Teilhabe als Verteilungsproblem).

Auch der Sozialpsychologe Harald Welzer plädiert für mehr Zukunftsoptimismus. Er setzt dabei auf viele kleine Veränderungen, die er als „modulare Revolutionen“ bezeichnet. Insbesondere in Fragen des Klimawandels betont er die Wichtigkeit einer positiven und motivierten Zukunftseinstellung, die nach seiner These die Menschen zum Handeln bewegen wird. In seinem neuesten Werk Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen skizziert er daher realistische und konkrete Szenarien u.a. in den Bereichen Arbeit, Mobilität, Digitalisierung und Wirtschaften, die Mut und Lust auf Zukunft machen sollen.

In ihrem neuen Buch Hackear la política (2019) [Die Politik hacken] erklärt die Politologin Cristina Monge, gemeinsam mit Raúl Oliván, wohin die Wege einer demokratischen Partizipation in der globalisierten Welt führen können und welche neuen Richtungen sich bereits abzeichnen.
Beide analysieren und erkennen die Probleme der Bürgermitbestimmung in Spanien an. Gemäß ihrer Theorie liegt das Problem einerseits im politischen System Spaniens begründet, das Partizipation eher lähmt als fördert, andererseits in der spanischen Gesellschaft selbst, die noch damit kämpft, Netzwerke zu bilden und jenes "soziales Kapital" anzusammeln und zu erhalten, das Forderungen und Protest dauerhaft möglich macht. Monge und Oliván sind davon überzeugt, dass mehr Demokratie nötig ist, um die Denokratie zu retten, und zwar durch eine bessere und differenziertere Partizipation der Bürger, indem ebendiese die neuen Technologien optimieren und gleichzeitig ein forderndes Auftreten auf den Straßen beibehalten.

Cristina Manzano, Moderatorin des Gesprächs, beschäftigt sich als Leiterin der Medienplattform esglobal mit Analysen und Reflexionen zu internationalen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen wie Nachhaltigkeit.

Im Anschluß laden wir zu einem Umtrunk ein.

 

cristina manzano

Cristina Manzano ©Cristina Manzano Leiterin von esglobal.
Nach ihrem Abschluss in Informations-wissenschaften (mit Schwerpunkt Journalismus) an der Universidad Complutense in Madrid, absolvierte sie ein Postgraduiertenstudium an der Universität Maryland (USA), dank eines Fulbright-Stipendiums.
Sie war als Geschäftsführerin von Reporter, das im Bereich der Unternehmenskommunikation und der -publikationen führend ist,  mehr als 10 jahre tätig. Sie war außerdem stellvertretende Geschäftsführerin beim unabhängigen Think Tank FRIDE (span.: Fundación para las Relaciones Internacionales y el Diálogo Exterior) in Madrid.
Cristina Manzano arbeitet als Kolumnistin für die Zeitungen El País und El Periódico de Cataluña und wirkt auch in zahlreichen anderen Medien mit. Zudem ist sie Verlagskoordinatorin bei der Zeitschrift Pensamiento Iberoamericano, das vom Generalsekretariat Iberoamerika herausgegeben wird. Sie ist in zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen aktiv.

Cristina monge

Cristina Monge ©Cristina Monge Politologin und Professorin für Soziologie an der Universität in Zaragoza und leitende Beraterin der Stiftung für Umwelt und Entwicklung (ECODES). Sie absolvierte ein Masterstudium Europäische Union an der Nationalen Fernuniversität Spaniens (UNED) und einen weiteren in Politischer Kommunikation an der Universidad Autónoma in Barcelona. An der Business-Schule ESADE wurde sie außerdem zur Expertin für das Management von NGOs ausgebildet.
Zu ihren Forschungsgebieten zählen Nachhaltigkeit und Demokratiequalität. Sie ist Autorin des Buches 15M: Un movimiento político para democratizar la sociedad (2017) [15M: Eine politische Bewegung zur Demokratisierung der Gesellschaft] und veröffentlichte zusammen mit Raúl Oliván Hackear la política (2019) [Die Politik hacken]. Außerdem arbeitet sie als politische Analystin für die Zeitung El País, Cadena SER und Infolibre.

Stephan lessenich

Stephan Lessenich ©Götz Schleser *1965 in Stuttgart, aufgewachsen in Madrid und Barcelona. Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Soziologie in Marburg. Nach seiner Promotion lehrte er an den Universitäten in Göttingen und Jena. Seit 2014 arbeitet er als Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Sein Forschungsschwerpunkt sind soziale Entwicklungen und Strukturen in der Gesellschaft. Er war Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (2013-2017), und wirkt in vielen wissenschaftlichen Beiräten und Gremien mit. Neben uns die Sintflut. Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis (2016) ist eine seiner bekanntesten Publikationen. Sein neuestes Buch Grenzen der Demokratie. Teilhabe als Verteilungsproblem (2019) entwirft Perspektiven für eine solidarische und nachhaltige Demokratie.

Harald Welzer © Jens Steingässer Harald Welzer

*1958 bei Hannover.
Der Soziologe und Sozialpsychologe ist Mitbegründer und Direktor von Futurzwei - Stiftung Zukunftsfähigkeit, einer digitalen Plattform, die nachhaltige Ideen unterstützt sowie verbreitet und sich nach eigener Definition "für das Projekt einer zukunftsfähigen, enkeltauglichen, offenen Gesellschaft einsetzt".
Welzer ist darüber hinaus Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Beiräte und Akademien. Zudem lehrt er als Professor für Transformationsdesign an der Europa-Universität Flensburg als auch an der Universität St. Gallen. Fragen des Erinnerns und der Gruppengewalt, aber auch eine kulturwissenschaftliche Perspektive des Klimawandels gehören zu seinen Forschungbereichen. Zu seinen wichtigsten Publikationen zählen Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden (2005), Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird (2008) und Selbst denken. Eine Anleitung zum Widerstand (2013). Sein jüngst veröffentlichtes Buch trägt den Titel Alles könnte anders sein. Eine Gesellschaftsutopie für freie Menschen (2019). Es entwickelt ein positives Zukunftsszenario für diese Welt.

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