Einfluss auf junge französische Künstler*innen
„Das Interesse an Joseph Beuys‘ Ideen lebt wieder auf.“

Von links nach rechts: Burkard Blümlein (Professor für Bildhauerei und Installation), Tom Le Pitre (Student), Claire Bouffay (Studentin)
Von links nach rechts: Burkard Blümlein (Professor für Bildhauerei und Installation), Tom Le Pitre (Student), Claire Bouffay (Studentin) | Fotos (Ausschnitt): privat

Die Villa Arson in Nizza im Südosten Frankreichs ist eine sogenannte „Grande École“ - eine renommierte nichtstaatliche Hochschule -, die der zeitgenössischen Kunst gewidmet ist. Sie beherbergt außerdem ein Kunstzentrum, eine Mediathek und bisweilen auch „Artists in Residence“. Ein Professor und zwei Student*innen der Hochschule sprechen über ihre persönliche Beziehung zum Werk Joseph Beuys’.

Von Aurélie Le Floch

Burkard Blümlein ist Professor für Bildhauerei und Installation an der Villa Arson

Burkard Blümlein Foto (Ausschnitt): privat
„Als junger Student der bildenden Kunst im Deutschland der 1980er-Jahre war Joseph Beuys für mich ein überaus einflussreicher Künstler. Er hat meine Lehrjahre geprägt. An seinem Todestag habe ich zu seinen Ehren eine Party geschmissen! In den Disziplinen, die ich unterrichte – Skulptur und Installation – ist Joseph Beuys auch heute noch eine Schlüsselfigur. Ich halte nicht viele Vorlesungen, aber wenn, dann zeige ich den Student*innen stets ein paar Bilder von Beuys' Arbeit.

Die meisten jungen Leute, die ich unterrichte, kennen Beuys' Werke aus dem Centre Pompidou – dort befindet sich auch die berühmte Installation Plight, bestehend aus einem Klavier in einem mit Filz verkleideten Raum. Filz gehörte zu den Lieblingsmaterialien des Künstlers.

Seit den letzten fünf oder sechs Jahren lebt das Interesse an Joseph Beuys‘ Ideen wieder auf. Dieser Trend zeigt sich auch in den Arbeiten einiger Student*innen rund um die Themen Ökologie, traditionelle Techniken und Materialien sowie Handwerkskunst.

Burkard Blümlein


Bei diesen Herangehensweisen steht die Bedeutung der verwendeten Werkzeuge und Methoden für das Werk selbst im Vordergrund. Auch die politische Dimension des Schaffens von Joseph Beuys interessiert die Student*innen. Sein Vermächtnis lässt sich zum Beispiel in den Debatten um den Klimawandel oder den Ökofeminismus wiederfinden. Im Sinne von Beuys und um den Austausch zu diesen Themen zu fördern, hat eine Studentin ein hochschulinternes Intranet eingerichtet.

Zusammengefasst würde ich sagen, dass Joseph Beuys und sein Werk durchaus Einfluss auf die Student*innen haben, zumal sie im Unterschied zur älteren Generation nicht unbedingt eine Karriere auf dem Kunstmarkt anstreben, sondern auch ein politisches oder ökologisches Engagement verfolgen.“ 

Tom Le Pitre, Student im 2. Jahr an der Villa Arson

Tom Le Pitre Foto (Ausschnitt): privat
„Ich bin sehr vielseitig interessiert, meine Kunst umfasst je nach Projekt viele verschiedene Disziplinen: Malerei, Installation, Ready-made, Musik, Siebdruck... Joseph Beuys hat mich schon sehr früh fasziniert, zuerst wegen des politischen Aspekts seiner Arbeit, dann wegen seiner Ausstrahlung und seiner geheimnisvollen Seite. Ich erinnere mich insbesondere an seinen Text Hiermit trete ich aus der Kunst aus, in dem er berichtet, wie er in seinem Leben Kunst und Politik miteinander verband und beides zur selben Bewegung machte, für die er so viele Menschen wie möglich begeistern wollte. Ich weiß nicht, ob ein solches Engagement heutzutage noch möglich wäre, vermutlich zumindest nicht in der gleichen Art und Weise.

Mich reizt ein Leben zwischen der institutionellen Welt und einer alternativen Lebensweise, das weniger eng mit der Konsumgesellschaft verbunden ist.

Tom Le Pitre

Mittelfristig plane ich, mit Freunden einen Ort zu schaffen, an dem alternative Kulturen entstehen können. Aber im Moment widme ich mich der künstlerischen Praxis als Schule der Zeit, dank der ich im Laufe der Jahre mehr über mich selbst lernen kann!“ 

Claire Bouffay, Studentin im 5. Jahr an der Villa Arson

Claire Bouffay Foto (Ausschnitt): privat
„Für meine Arbeit an Skulpturen verwende ich Materialien wie Keramik, Metall und Holz. Für Joseph Beuys interessiere ich mich seit meiner Zeit auf dem Lycée und noch mehr seit meinem dritten Studienjahr, als ich mit den Skulpturen begann. Abgesehen von dem Mythos, der sich um seine Person rankt, inspirieren mich vor allem Joseph Beuys‘ Worte, insbesondere der Text Was ist Kunst?, in dem er auch die soziale Dimension der Skulptur anspricht.

Dieser Text hat mich dazu gebracht, bei meiner Kunst auf verschiedene Materialien und Techniken zurückzugreifen und so Werke an der Schnittstelle mehrerer Disziplinen zu schaffen und sie im politischen, wirtschaftlichen, historischen, ökologischen und sozialen Kontext ihrer Produktion zu betrachten...

Claire Bouffay

Man könnte sagen, dass Beuys eine breitere Vision der Kunst vorschlägt, indem er seine künstlerische Tätigkeit mit seinem politischen Engagement verknüpft.

Besonders fasziniert haben mich einige seiner Arbeiten, die aus in Vitrinen präsentierten Alltagsgegenständen, Werkzeugen und dergleichen bestehen. Ich habe sie in einem wunderschönen Buch aus der Mediathek der Villa Arson entdeckt, das diesen Kunstwerken gewidmet ist. Sie haben mich dazu inspiriert, in meiner Kunst verschiedene Materialien in einen Dialog zu bringen und sie miteinander zu assoziieren.

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